Gelsenkirchen. Steven Skrzybski trifft am Sonntag mit Holstein Kiel auf seinen Ex-Klub Schalke 04. Im Interview verrät er, wie nah er S04 immer noch steht.
Als Steven Skrzybski im Sommer 2021 den FC Schalke 04 verlassen musste, weil sein Vertrag auslief, war sein Herzensverein S04 gerade in die Zweite Liga abgestiegen. Im Alter von fast 29 Jahren wechselte er zu Holstein Kiel – und so ein Schritt klingt erst einmal danach, als würde er locker seine Karriere ausklingen lassen. Doch vor dem direkten Duell beider Klubs in Kiel (Sonntag, 13.30 Uhr/Sky) ist klar: Schalke kämpft gegen den Abstieg in die Dritte Liga, Kiel klopft an die Tür zur Bundesliga. Auch dank toller Leistungen von Steven Skrzybski, der sogar ein ganz besonderes Tor erzielte.
Ein Tor aus 58,5 Metern – für eine ähnliche Weite hat Moritz Stoppelkamp in Paderborn eine eigene Straße bekommen. Haben Sie schon ein Angebot der Stadt Kiel?
Ich weiß von nichts, das müssen andere entscheiden. (lacht) Aber bei ihm war es doch noch weiter.
Ein bisschen weiter… 82,5 Meter.
Wahnsinn. Und ich habe schon alles, was ich habe, in diesen Schuss reingelegt.
Sie sind gebürtiger Berliner, haben dort lange gespielt, dann im Ruhrgebiet und in Düsseldorf gewohnt – alles Metropolen. Wie lebt es sich in Kiel?
Anders. Es ist etwas anderes, als Single in Berlin zu wohnen oder jetzt Familienvater zu sein (lächelt). Ich wohne mit meiner Familie nicht im Zentrum von Kiel, sondern etwas außerhalb, direkt am Wasser, ganz ruhig. Ich habe hier mit voller Überzeugung meinen Vertrag um zwei Jahre verlängert.
Wasser gibt es auch im Ruhrgebiet.
Das weiß ich, wir waren auch oft dort spazieren. Zu Schalker Zeiten habe ich in Herne gewohnt, als ich nach Düsseldorf ging, in Kaiserswerth. Über die vollen Autobahnen zu pendeln, hat mich genervt. Das gibt es hier auch nicht.
Sie spielen seit zweieinhalb Jahren für Holstein Kiel. Es gab in den vergangenen Jahren verschiedene Trainer, verschiedene Spieler. Holstein blieb erfolgreich, klopfte immer wieder an die Bundesliga-Tür, auch jetzt. Warum ist das so?
Das hat mehrere Gründe. Unser Anspruch ist natürlich immer hoch. Aber hier bricht keine Panik aus, wenn wir mal nicht gewinnen. Jeder kann sich hier in Ruhe auf seine Arbeit konzentrieren, junge Spieler dürfen auch mal Fehler machen. Wir haben aktuell eine ordentliche Mischung zwischen jungen und erfahrenen Profis. Außerdem haben wir ein kleines, uriges Stadion. Keiner spielt gern gegen Holstein Kiel, das haben wir uns über Jahre aufgebaut.
Taugt Kiel zur Bundesliga-Stadt?
Das Potenzial ist definitiv da. Aber eins ist auch klar: Wenn die großen Vereine der Liga wie Schalke 04, der HSV, Hertha BSC, Hannover 96 oder Fortuna Düsseldorf alles richtig machen, wird es für Holstein Kiel schwer. Wenn die großen Klubs das aber nicht schaffen, kann auch mal ein großer Wurf gelingen.
Aber gibt es nicht so etwas wie einen Aufstiegsschwur der Mannschaft? Sie sind Herbstmeister der Zweiten Liga geworden.
Wir sind nicht vermessen, um zu sagen, dass wir aufsteigen müssen, nur weil wir Herbstmeister geworden sind. Unsere Spiele waren fast alle sehr eng, enden mit ein oder zwei Toren Differenz. Aber jeder Fußballer, der Herbstmeister geworden ist, will natürlich so lange wie möglich oben mitspielen.
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Der Start ins Jahr 2024 ist misslungen, aus drei Spielen gab es noch keinen Sieg. Warum?
Es gibt solche Phasen. Wie ich es gerade angedeutet habe: Fast alle Spiele enden Spitz auf Knopf. Außerdem ist der Anspruch ein anderer geworden – unsere Gegner begegnen dem Herbstmeister ganz anders als zu Beginn der Saison, als Holstein Kiel einen Riesenumbruch meistern musste und einige gute Spieler gegangen sind.
Nun kommt es zum Aufeinandertreffen mit Ihrem Ex-Klub Schalke. Als Sie im Sommer 2021 nach Kiel gewechselt sind: Hätten Sie da gedacht, mit Holstein Favorit gegen S04 zu sein?
Es wird extrem schwierig für uns. Ich verstehe, wenn man angesichts der Tabellensituation von der Favoritenrolle für uns spricht. Aber Schalke hat von der individuellen Qualität eine Top-Mannschaft der Liga, die das Konzept des neuen Trainers immer mehr verinnerlicht. Ich finde es falsch zu sagen, wir seien haushoher Favorit. Das Hinspiel haben wir beispielsweise zwar mit 2:0 gewonnen, waren aber lange in Überzahl nach einer Roten Karte für Ron Schallenberg. Hätte Schalke in Unterzahl den Anschlusstreffer erzielt, wäre der Verlauf vielleicht anders gewesen. Ich kenne ja die Stimmung in der Veltins-Arena.
Nicht nur Sie, auch Timo Becker und Timon Weiner stehen Schalke weiterhin nah – auch als Holstein-Spieler. Leiden Sie ein wenig mit?
Ich bin nach wie vor Fan von Schalke 04 und selbstverständlich schmerzt es, Schalke so weit unten in der Tabelle zu sehen. Ich wünsche den Schalkern natürlich, dass sie sich fangen und die Saison ruhig zu Ende spielen können. Am Sonntag kann ich aber natürlich keine Rücksicht darauf nehmen.
Ein weiterer Ex-Schalker im Team ist Lewis Holtby, der aber wegen einer Gelb-Sperre ausfällt.
Lewis ist eminent wichtig für uns. Er ist Führungsspieler, gibt den Takt an, jeder, der die Freude hatte, mit ihm zusammenzuspielen, hat von ihm eine hohe Meinung. Aber wir dürfen nicht jammern. Jetzt kommt eben ein anderer rein.
Sie haben bisher drei Spiele gegen Schalke bestritten, aber noch nie getroffen.
Jaja, da hat das Herz ein wenig mitgespielt. (lächelt)
Sie waren ein paar Mal verdammt nah dran, auch im Hinspiel…
Da war es ein Pfostenschuss, ich weiß es noch. Ich will einfach meinen Beitrag dazu leisten, dass wir das Spiel gewinnen. Ich habe mir auch keine Gedanken gemacht, ob ich juble oder nicht.
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