Gelsenkirchen. Auf Brandon Soppy ruhen bei Schalke 04 viele Hoffnungen. Die Daten zeigen: Er hat Stärken, aber auch einige eklatante Schwächen.
Die zurückliegende Woche wird Brandon Soppy so schnell nicht vergessen – an Aufregung und neuen Eindrücken mangelte es nicht. Erst am Donnerstagmorgen unterschrieb der 21 Jahre alte Franzose seinen Leih-Vertrag bei Schalke 04, nur wenige Stunden später stand er erstmals mit seinen neuen Kollegen auf dem Trainingsplatz. Am Samstag war er sogar schon Teil des Zweitliga-Kaders. Beim 1:0-Sieg gegen Eintracht Braunschweig im Kellerduell bekam der Rechtsverteidiger dann einen ersten Eindruck von der Schalker Arena – wenn auch nur als Ersatzspieler. Denn eingewechselt wurde Soppy zwei Tage nach seiner Verpflichtung noch nicht.
Nach zwei freien Tagen am Sonntag und Montag geht Brandon Soppy an diesem Dienstag in seine erste komplette Trainingswoche – und die wird er nutzen wollen, um sich zu zeigen. Denn der Franzose ist nicht aus Italien (war zuletzt von Atalanta Bergamo an den FC Turin ausgeliehen) nach Gelsenkirchen gewechselt, um von der Bank die Stimmung in der Arena aufzusaugen. Soppy will bis zum Sommer möglichst viel Spielpraxis sammeln, um sich bei seinem Stammverein Atalanta Bergamo für Höheres zu empfehlen – und Schalke erhofft sich im neuen Rechtsverteidiger eine Soforthilfe im Abstiegskampf. „Ich bin sehr froh, dass Brandon da ist“, sagte Trainer Karel Geraerts am Donnerstag. „Wir haben lange nach einem Spieler für die rechte Seite gesucht, der ein offensives Profil hat – und jetzt haben wir einen, der auch nach vorn attackieren kann.“
Schalke-Neuzugang Brandon Soppy: Aktiv in der Offensive
Ein solcher Spieler fehlte den Königsblauen zuvor im Aufgebot. Rechts verteidigten in der laufenden Saison entweder Cedric Brunner (29) oder Henning Matriciani (23), die jedoch beide eher defensiv ausgerichtet sind. Mutige Flügelläufe, Dribblings oder Flanken in den Strafraum sieht man von Brunner oder Matriciani nur selten.
Betrachtet man all seine Einsätze seit 2021, fällt auf, dass Soppy gern ins Dribbling geht (5,2-mal pro 90 Minuten), viele Offensivzweikämpfe führt (10,5 pro 90 Minuten) und häufig den Weg in die Tiefe sucht (2,1 progressive Läufe pro 90 Minuten). Brunner und Matriciani ist Soppy in diesen Kategorien klar überlegen. Positiv ist auch seine gute Grundgeschwindigkeit, die vergleichbar mit der von Henning Matriciani und Derry John Murkin ist.
Mit diesem offensiven Profil erweitert Soppy die taktischen Möglichkeiten von Schalke 04 – denn vor allem als Schienenspieler in einem System mit Dreier-Abwehrkette fühlt sich der junge Franzose wohl. Eben diese Position in einem 3-4-2-1 spielte Soppy auch in der Hinrunde bei seinen fünf Einsätzen für den FC Turin in der italienischen Serie A. Dazu passt, dass auch S04-Trainer Geraerts mit einer Systemumstellung auf Dreierkette liebäugelt. „Mit Brandon haben wir für die rechte Seite mehr Optionen“, sagte der 42 Jahre alte Belgier. „Er kann als Schienenspieler, aber auch als Rechtsverteidiger spielen.“ Das 3-5-2-System sei auf Schalke deshalb künftig eine Option. „Es ist wichtig, dass wir flexibel sein können, wenn wir es wollen. Das System könnte ein interessantes Mittel werden.“
Schalke-Neuzugang Soppy als Soforthilfe? Was dagegen spricht
Doch ist Brandon Soppy wirklich eine Soforthilfe? Gegen den Franzosen spricht, dass er wegen Verletzungen in den vergangenen eineinhalb Jahren nur wenig Einsatzzeit sammelte. Es fehlt ihm an Spielpraxis, und der 21-Jährige dürfte etwas Zeit brauchen, um sich an Schalke 04 und die 2. Bundesliga zu gewöhnen – doch die hat er eigentlich nicht. Schließlich ist er nur bis Jahresende ausgeliehen und S04 hat im Abstiegskampf kaum Zeit für Experimente.
Auch einige Zahlen sprechen gegen Soppy. Seit 2021 gewinnt er laut CreateFootball nur 57 Prozent seiner Defensivzweikämpfe (Zweitliga-Außenverteidiger gewinnen 2023/24 durchschnittlich 60 Prozent). Generell hat der Neu-Schalker Probleme im Defensivverhalten, wie weitere Zahlen zeigen. In den Kategorien Balleroberungen (5,6 pro 90 Minuten) und abgefangene Pässe (2,9 pro 90 Minuten) ist er im Vergleich zu anderen Zweitliga-Spielern unterdurchschnittlich schwach. Henning Matriciani (6,2 abgefangene Pässe pro 90 Minuten) und Cedric Brunner (11,1 Balleroberungen pro 90 Minuten) sind hier deutlich stärker.
Schalke: Brandon Soppy im Offensivspiel bislang zu ineffektiv
Im Spiel nach vorn traut sich Soppy zwar viel zu und geht ins Dribbling, aber wirklich effektiv spielte der Franzose in seiner bisherigen Laufbahn noch nicht. In 76 Profi-Einsätzen wartet er noch auf sein erstes Tor (vier Vorlagen). Unterdurchschnittlich sind auch seine Passquote von nur 74 Prozent und seine 2,6 Pässe ins letzte Drittel pro 90 Minuten – auch hier sind ihm Brunner und Matriciani überlegen.
Aussichtslos dürften Brunner und Matriciani im Kampf um einen Platz in der ersten Elf trotz der Verpflichtung von Brandon Soppy also nicht sein. Im Spiel nach vorn ist der Neuzugang zwar stärker einzuschätzen, doch in der Rückwärtsbewegung war er in den vergangenen Jahren wacklig – ob das auch auf Schalke so sein wird, wird sich vielleicht schon am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) beim Auswärtsspiel gegen Holstein Kiel zeigen.
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