Gelsenkirchen. Das 4:0 über VfL Osnabrück sorgte beim FC Schalke 04 für Erleichterung. Im Hintergrund gehen die Planungen für die Zukunft weiter.
Die Erleichterung war beim FC Schalke 04 überall zu spüren - bei den Spielern auf dem Platz, beim Trainerteam auf der Bank, den Fans in der Arena und auch beim Vorstand auf der Tribüne. Durch das 4:0 (1:0) über das Schlusslicht VfL Osnabrück am Freitagabend gehen die Schalker nach einigen turbulenten Tagen in eine ruhige Trainingswoche. Die Planungen im Hintergrund gehen aber weiter - Sportdirektor André Hechelmann kümmert sich federführend um die Winter-Transferperiode, Aufsichtsrat Axel Hefer um die Nachfolge von Sportvorstand Peter Knäbel, der spätestens am 30. Juni 2024 ausscheidet, wenn sein Vertrag endet, möglicherweise schon früher.
Auf Schalke muss es mindestens zwei Vorstände geben
Doch gibt es überhaupt einen direkten Nachfolger für Knäbel? Hefer selbst hatte das in einem Kicker-Interview so umschrieben: „Es gibt viele verschiedene Strukturen, man braucht nur einmal die einzelnen Profifußballvereine durchzugehen. In der Wirtschaft gibt es Konzerne mit breiten Vorständen, dann gibt es noch die andere Philosophie mit einer sehr dünnen Spitze und einer breiten Ebene darunter.“ Ein Sportvorstand ist in der Schalker Satzung nicht festgeschrieben, nur, dass es mindestens zwei Vorstände geben muss, genaue Zuständigkeitsbereiche sind nicht definiert.
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Vor allem zwei Möglichkeiten diskutiert der engste Schalker Kreis nach Informationen dieser Zeitung. Die erste: Knäbels Posten wird normal nachbesetzt, auch künftig gibt es einen Sportvorstand. Die zweite, überraschendere Lösung, die intern diskutiert wird: Hefer teilt das Sport-Ressort dem neuen Vorstandsvorsitzenden Matthias Tillmann zu, der am 1. Januar 2024 beginnt und dann der ganz starke Mann auf Schalke wäre. Der Sportdirektor würde dann eine viel bedeutendere Rolle bekommen - aber eben nicht mehr auf der ersten Führungsebene sein. Eben eine sehr dünne Spitze, wie Hefer das im Interview formulierte.
Es wäre das Modell, das zum Beispiel Borussia Dortmund und Hannover 96 bevorzugen. Beim BVB ist in der dreiköpfigen Geschäftsführung Hans-Joachim Watzke formal für den Sport zuständig, auch wenn die Spielersuche und das Scouting der mächtige Sportdirektor Sebastian Kehl übernimmt. Watzke ist es, der noch ein Vetorecht hat. Bei Hannover 96 liegt die Zuständigkeit auf der obersten Ebene bei Martin Kind, Sportdirektor ist Marcus Mann.
Ex-Schalke-Vorstand Heldt würde helfen
Was wäre ein Vorteil dieses Modells? Nach zwei völlig verpatzten Sommer-Transferperioden gäbe es noch eine Zwischenstufe auf dem Weg zu Zu- oder Abgängen. Gut möglich, dass dies das Ergebnis der Analyse ist, die Hefer von Hechelmann und Knäbel angefordert hat. Die Beiden konnten in diesem Sommer weitgehend allein entscheiden, mussten sich lediglich die Zustimmung vom Aufsichtsrat holen, wenn es um ein Geschäft mit einem Volumen von mehr als 500.000 Euro ging. In einem solchen Modell würde der Sportdirektor zwar Spieler suchen und Verträge aushandeln können, aber nur Tillmann könnte sie dem Aufsichtsrat vorlegen.
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Das ist auch ein Schwachpunkt dieses Modells: Welche ambitionierte Sportchef, ob erfahren oder nicht, macht so etwas mit? Es ist schwer vorstellbar, dass sich zum Beispiel Horst Heldt, der in einem Sky-Interview sagte, er wäre bereit zu helfen, darauf einlassen würde. Gerade aufgrund seiner negativen Erfahrungen in Hannover mit Martin Kind. Auf dem Weg zu einem Transfer wären für den Sportdirektor zwei Hürden zu überspringen: Der Vorstandschef und der Aufsichtsrat müssten zustimmen. Und der Vorstandschef könnte ihn auch jederzeit feuern, er würde nicht direkt vom Aufsichtsrat eingesetzt.
Eine weitere Gefahr: Tillmann ist im Profifußball unerfahren, muss sich an der Spitze des Vorstands erst einmal zurechtfinden. Er wird auch zuständig für Sponsoring und Marketing sein, die Suche nach einem Hauptsponsor ab 1. Juli sollte Priorität haben. In der Öffentlichkeit soll Tillmann „visibler“ sein, sagte Hefer. Doch auch diese Rolle muss er noch lernen. Bekommt er jetzt noch das Sportressort, wäre er das mächtigste Vorstandsmitglied der Schalker Vereinsgeschichte. Tillmann und Hefer kennen sich seit Jahren, arbeiteten bei Trivago Seite an Seite. Liefert Tillmann nicht sofort Ergebnisse, wäre eine Führungskrise die Folge, eine Art Schalker Amigo-Affäre.
Tillmann in alle Entscheidungen auf Schalke eingebunden
Noch sind das alles Gedankenspiele. Klar ist aber auch: Tillmann mag zwar aktuell noch als Finanzchef bei Trivago unter Vertrag stehen, er ist aber in alle Entscheidungen bei den Königsblauen schon jetzt eingebunden. Sein Büro hat er schon eingerichtet, an vielen Projektgesprächen nimmt er teil, besucht alle Spiele. Der künftige Vorstandschef hat die Arbeit inoffiziell schon aufgenommen.