Gelsenkirchen. Blendi Idrizi war auf Schalke schon abgeschrieben. Nun ist er für das Kellerduell gegen den VfL Osnabrück ein Hoffnungsträger.

Die Karriere von Blendi Idrizi schien Anfang September mal wieder an einem Tiefpunkt angekommen zu sein. Verkaufen wollte ihn der FC Schalke 04 in der Sommer-Transferperiode, aber ein passendes Angebot für den 25-Jährigen war nicht eingetroffen. Ein Halbjahr auf der Tribüne drohte ihm, trotz durchaus ansprechender Leistungen im Sommer-Trainingslager in Mittersill. Drei Monate später ist Idrizi wieder gefragt, könnte im Kellerkrimi gegen den VfL Osnabrück (Freitag, 18.30 Uhr/Sky) sogar starten. Welch eine Wende.

Doch der Reihe nach: Blendi Idrizi, geboren in Bonn, spielte in der Jugend für Blau-Weiß Friesdorf, den Bonner SC und die TSG Euskirchen, bevor er als A-Jugendlicher zum 1. FC Köln wechselte. Im zweiten U19-Jahr war er Stammspieler, erzielte fünf Tore in 26 Spielen. Doch einen höherklassigen Verein fand er nicht, die Kölner verpflichteten ihn nicht weiter, also ging Idrizi zurück zu seinem Heimatverein Friesdorf, spielte nur noch in der fünftklassigen Mittelrheinliga - adé Profifußball? In 25 Spielen gelangen ihm im ersten Seniorenjahr 15 Treffer, weshalb Alemannia Aachen auf ihn aufmerksam wurde - in der Saison 2018/19 gelangen ihm dort in 33 Spielen sechs Tore. Nach einem Jahr am Tivoli zog er weiter zum Liga-Rivalen Fortuna Köln. Richtig gut lief es dort für ihn aber nicht, er bestritt 13 Spiele (ein Tor), keins davon über 90 Minuten, aber dennoch wurde Schalke auf ihn aufmerksam - und damit der damalige U23-Manager Gerald Asamoah. Er holte Idrizi nach Gelsenkirchen zur Schalker Viertliga-Mannschaft.

Idrizi mit Bundesliga-Debüt auf Schalke unter Dimitrios Grammozis

Und nach dem Tal Fortuna Köln begann für den Deutsch-Kosovaren wieder eine Bergfahrt. Zunächst war er anderthalb Jahre lang Stammspieler der U23 (36 Spiele, 8 Tore, 8 Vorlagen) zwischen Januar 2020 und Mai 2021. Als der Abstieg der Bundesliga-Profis feststand, war er einer von mehreren Knappenschmiede-Spielern, die im Frühling 2021 befördert wurden und von Trainer Dimitrios Grammozis eine Chance im Profikader erhielten. Idrizi erzielte beim 4:3 gegen Eintracht Frankfurt sein erstes Bundesligator, rannte danach zu Asamoah: „Damit wollte ich mich bei ihm und dem Rest des Teams bedanken, dass mir die Chance gegeben wurde, in der Bundesliga zu spielen.“ Anderthalb Jahre zuvor war er in der vierten Liga kein unumstrittener Stammspieler gewesen - nun erhielt er einen Profivertrag und feierte am 1. Juni 2021 sogar sein Länderspieldebüt. Beim 4:1 des Kosovo über San Marino stand er in der Startelf.

In der Zweitliga-Aufstiegssaison 2021/2022 gehörte der zentrale Mittelfeldspieler fest zum Kader, bestritt 22 Spiele (ein Tor, vier Vorlagen). Drei Vorlagen gelangen ihm in der wichtigen Endphase, als unter Trainer Mike Büskens in neun Spielen acht Siege gelangen. Unvergessen: In Sandhausen legte Idrizi Simon Terodde das viel umjubelte Siegtor zum 2:1 in der Nachspielzeit auf.

Doch nach dem vollbrachten Aufstieg folgte der Euphorie Ernüchterung. Der neue Trainer Frank Kramer plante nicht mehr mit Idrizi und legte ihm einen Wechsel nahe. Deshalb wechselte Idrizi auf Leihbasis zum Zweitligisten Jahn Regensburg. Er kam lediglich zu 18 Einsätzen, davon nur zehn in der Startelf, Regensburg stieg als Vorletzter ab, Idrizi kehrte ohne große Spielpraxis und als Absteiger zurück nach Schalke. Nur um dann von Schalkes Bossen zu hören, dass er wieder gehen könne.

Ich mag sein Profil. Er will immer den Ball haben.
Karel Geraerts, Schalke-Trainer, über Blendi Idrizi

Zum Profikader gehörte er nur, wenn noch ein Platz zu vergeben war. Im Spiel gegen Kiel (0:2) kam er unter Trainer Thomas Reis zu einem 16-minütigen Kurzeinsatz. Dann übernahm Karel Geraerts im Oktober. „Ich habe von Beginn an gesagt, dass alle Spieler bei Null starten“, erklärte Geraerts am Mittwoch auf Nachfrage dieser Zeitung. „Blendi ist ein Spieler, den ich als Fußballspieler, als Trainer mag. Ich mag sein Profil. Er will immer den Ball haben, ist schnell, beherrscht Richtungswechsel, er kann einer Mannschaft etwas Spezielles geben.“

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Doch erst in seinem sechsten Pflichtspiel als S04-Trainer gab Geraerts Idrizi eine Chance über einen längeren Zeitraum. Als es in Düsseldorf nach 33 Minuten 0:3 stand, kam er für Dominick Drexler ins Spiel. In den verbleibenden 57 Minuten wurde er zum besten Schalker, legte das Tor zum 3:4 durch Bryan Lasme gekonnt vor. Er spielte zweikampfstark, ehrgeizig, mit angemessener Körpersprache - im Gegensatz zu vielen Mitspielern. „Er musste ein bisschen auf seine Chance warten“, gestand Geraerts. „Aber als er sie bekam, hat er mir und allen anderen gezeigt, dass er ein guter Spieler ist.“

Schalke-Trainer Geraerts: „Blendi Idrizi ist eine Option für Freitag“

Was das für Freitag bedeutet? „Er ist eine Option“, sagte Geraerts. Weil es Idrizi verdient hat - und weil fürs Mittelfeld-Zentrum Danny Latza, Dominick Drexler und Assan Ouédraogo wegen Verletzungen ausfallen. Für wahrscheinlich drei Plätze gibt es nur noch fünf Kandidaten: Ron Schallenberg, Lino Tempelmann, Paul Seguin, Niklas Tauer und eben Idrizi. Der ist aus diesem Quintett aktuell der formstärkste.