Mittersill. Schalkes Trainer Thomas Reis hält ganz viel von Innenverteidiger Ibrahima Cissé. Doch könnte er wirklich das Abwehrproblem lösen?

Wenn da nicht immer diese Wackler wären... Ibrahima Cissé war nur an zweieinhalb von acht Tagen im Trainingslager des FC Schalke 04 in Mittersill anwesend - und doch ständiger Bestandteil vieler Diskussionen. Einen Abwehrchef suchen die Königsblauen noch, weshalb rund zwei Wochen vor dem Saisonstart eine Position in der Innenverteidigung vakant ist.

Eine für Cissé?

Im Testspiel gegen Gornik Zabrze zum Abschluss des Camps in Österreich bekam er eine Chance in der A-Elf - ein interessantes Statement von Trainer Thomas Reis, der ihn unbedingt sehen wollte. Leo Greiml und Henning Matriciani, die früher ins Training eingestiegen waren, blieb nur die B-Elf.

Zweikampf mit einem Weltmeister: Schalkes Ibrahima Cissé wird von Lukas Podolski gestört.
Zweikampf mit einem Weltmeister: Schalkes Ibrahima Cissé wird von Lukas Podolski gestört. © Tim Rehbein / RHR-Foto / FUNKE Foto Services

Immer wieder sagte Reis in den vergangenen Tagen, Wochen, Monaten einen Satz über den 1,96 Meter großen Cissé: "Er hat eine große Qualität." Der schnelle Abwehrspieler kann, wenn er topfit ist, viele Bälle über sein Stellungsspiel abfangen und mit seiner grandiosen Geschwindigkeit ablaufen. Er passt perfekt zu Reis' Spielsystem, der seine Abwehrkette gern hoch postiert. Cissé ist wegen seiner Körpergröße defensiv und offensiv kopfballstark. Aber diese Wackler...

Zum Beispiel nach 95 Sekunden im Zabrze-Spiel. Cissé führte im Spielaufbau den Ball am Fuß, unbedrängt, spielte ihn aber in die Füße eines gegnerischen Spielers. Ganz ohne Not. Zum Beispiel in der 41. Minute: Ein langer Ball aus der gegnerischen Hälfte, Cissé wollte ihn zu Torwart Marius Müller köpfen. Der Kopfball geriet zu kurz, Zabrze konnte die Chance aber wieder nicht nutzen.

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"Man hat schon gemerkt, dass Ibra ein bisschen müde ist. Die Dinge, die heute passiert sind, die muss er ablegen", sagte Reis dazu. Er rechnete dem 22-Jährigen hoch an, dass er überhaupt ins Trainingslager nachreiste. Denn mit Mali hatte Cissé noch Anfang Juli an der U23-Afrika-Meisterschaft in Marokko teilgenommen und dort so gut gespielt, dass er in die "Elf des Turniers" gewählt wurde. Schalkes Sportvorstand Peter Knäbel machte sich persönlich ein Bild von Cissés Stärke.

Nach wenigen Tagen Urlaub war es Cissés Wunsch, noch nach Mittersill zu fliegen, wenn auch nur für kurze Zeit. "Wichtig war für mich, dass er gezeigt hat, dass er die Chance ergreifen möchte, indem er ins Trainingslager gereist ist. Das rechne ich ihm hoch an", sagte Reis.

Schalke-Trainer Reis: Cissé erinnert an Bella-Kotchap

Der Trainer hat eine besondere Beziehung zu Cissé, weil er ihn sehr an einen ehemaligen Schützling beim VfL Bochum erinnert. Armel Bella-Kotchap war auch ein junger, sehr begabter Innenverteidiger, über den er einmal sagte: "Armel soll nicht meinen, er sei schon Champions-League-Spieler. Wenn er klar bleibt, kann ihn in seiner Karriere keiner aufhalten." Er warf Bella-Kotchap nicht nur einmal lasches Training vor, setzte ihn auf die Bank. Inzwischen aber ist Bella-Kotchap Nationalspieler - Reis hat ihn hinbekommen.

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Genauso hat er es auch mit Cissé, der im Sommer 2022 aus der U23 von KAA Gent kam, vor. Auch in der langen Winter-Vorbereitung 2022/23 hatte Reis den Innenverteidiger bei den Profis getestet. Im Trainingslager in Belek aber lief Cissé bei den Pyramidenläufen sogar Co-Trainer Matthias Kreutzer hinterher, verschuldete im Test gegen Nürnberg den Elfmeter, der zur 0:1-Niederlage führte, mit einem dummen Foul. Wieder so ein Wackler. Er fiel durch, spielte fortan nur in der U23, kam dort auf zehn Regionalligaspiele (drei Tore, eine Vorlage). Schalke holte Moritz Jenz für Cissés Position. Jenz und Maya Yoshida, sowie später Sepp van den Berg und Marcin Kaminski, spielten sich fest. Nicht Cissé.

Kaminski ist nun auch in der Zweiten Liga gesetzt. Die Schalker suggerieren, dass niemand an Cissé vorbeikommen würde, wenn dieser in Topform wäre. "Man hat das Gefühl: Jetzt zeigt Ibra das, was er im ersten Jahr nicht so zeigen konnte", sagte Schalkes Sportdirektor André Hechelmann, der Cissé in seiner Rolle als Chefscout in Belgien entdeckt hatte. "Mit dem Rückenwind erhoffen wir uns, dass er es weiter fortsetzt. Wir sind überzeugt von seinen Qualitäten."

Doch wie weit geht diese Überzeugung?

Nach wie vor steht ein Innenverteidiger ganz oben auf dem Einkaufszettel, nach der Absage von Sepp van den Berg (wechselt zu Mainz 05) und weil sich ein Wechsel von Maxim Leitsch (Mainz 05) aktuell als "schwer machbar" (Hechelmann) erweist, wenden sich die Schalker anderen Kandidaten zu. Sollte ein renommierter Abwehrchef kommen, bliebe für Cissé erst einmal nur die Bank. Sein Durchbruch wäre weiter auf unbestimmte Zeit verschoben.