Essen. Rot-Weiss arbeitet an einem Unterbau und will mit der zweiten Mannschaft einige Ligen höher spielen. Das investiert der Drittligist in den Plan.
Die Profis von Rot-Weiss Essen durften an diesem Wochenende ein Liga-Päuschen einlegen, weil in München nach dem Schneechaos noch nicht wieder gespielt werden konnte. Das Traditionsduell an der Grünwalder Straße, auf das sich die Fans so freuten, fiel aus. Die Reise in den Süden wurde storniert, die Enttäuschung ist groß.
Aber es gab für die Rot-Weissen ja trotzdem ein Spitzenspiel, so zumindest steht’s geschrieben. Die zweite Mannschaft, Spitzenreiter der Kreisliga B, empfing den Drittplatzierten SuS Haarzopf III. „Ist ja superspannend“, werden da einige die Augen verdrehen. Zugegeben die 90 Minuten an der Seumannstraße waren es nicht, aber das Projekt „RWE – Zweite Mannschaft“ ist schon bemerkenswert.
Rot-Weiss Essen hat 2014 die zweite Mannschaft abgemeldet
Ursprung ist ein Fehler, wie man an der Hafenstraße einsehen musste. Im Mai 2014, damals unter Sportvorstand Uwe Harttgen, hatte Rot-Weiss die U23 abgemeldet und sich damit als Viertligist dem Trend angeschlossen, dem einige Bundesligisten folgten wie Bayer Leverkusen oder der VfL Bochum. Man wollte die eigenen Talente individueller fördern, hieß es, ihnen den Übergang in die Erste erleichtern, sie auch stärker an den Verein binden - und Geld sparen. Förderspiele, Ausleihe an Kooperationsclubs, all das war angedacht und wurde nie umgesetzt.
RWE hat heute Probleme, den U19-Nachwuchs zu halten. Die allermeisten Jungs haben keine Perspektive im Club. Entweder sie sind nicht gut genug für den Drittligaliga-Kader oder Spätzünder, aber es gibt keinen internen Parkraum. Das Kreisliga-Team ist jedenfalls keine Alternative. Also musste sich was ändern.
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Die Zweite wird Erster sein in der Kreisliga B, das steht praktisch nach dem 14. Spieltag fest. Und klar war auch, wer das Topspiel gegen Haarzopf gewinnen würde: nur der RWE. 6:0 ging’s aus - alles nach Plan. Die Roten wollen mit der Reserve unbedingt wieder nach oben, möglichst auf direktem Weg und ideal wäre die Oberliga. Was allerdings dann doch ein paar Jahre dauern dürfte - so um die fünf vielleicht, aber das ist schon ziemlich optimistisch.
RWE hat nach drei vergeblichen Anläufen nun investiert
Der Plan liegt zwar schon länger in der Schublade, aber nach drei vergeblichen Anläufen ist nun Schluss mit den halbherzigen Versuchen. Diesmal haben die Rot-Weissen investiert und lassen es sich etwas kosten. Die Kalkulation geht bislang auf: 14 Spiele, 14 Siege , 111 Tore geschossen, nur 11 kassiert. Eine Bilanz der Überlegenheit. „Wir wollen ohne Verlustpunkt aufsteigen, das ist schon unser Anspruch“, gibt der Sportliche Leiter Frank Kurth bereitwillig zu.
Was anderes würde ihm angesichts der Qualität seines Kader auch niemand abnehmen. Arroganz aber will der Überflieger vermeiden. „Natürlich respektieren wir immer die Leistung unser Gegner“, sagt Kurth. Aber die können einfach nicht mithalten, Rot-Weiss ist der Konkurrenz weit voraus und bereits auf dem Niveau eines Bezirksligisten unterwegs. Selbst die Kreisliga A soll nur ein Zwischenstopp sein. Der Staff wurde angepasst mit dem Sportlichen Leiter Frank Kurth, eine RWE-Legende, dem Trainer Stefan Lorenz, ehemaliger RWE-Profi, auch einen Assistent, Torwarttrainer und Physio gehört dazu.
Klar ist da Geld im Spiel, das bestreitet niemand. Ob es Vergleichbares in Deutschland gibt? Wahrscheinlich leistet sich RWE die teuerste B-Liga-Mannschaft der Republik. Eine niedrige fünfstellige Summe kommt da im Jahr womöglich zusammen, die Konkurrenz spricht angesichts der hilflosen Unterlegenheit gern mal von „Millionentruppe“. Mitunter ist Antipathie zu spüren. „Gegen RWE legen sich alle ganz besonders ins Zeug und wollen es uns richtig zeigen“, sagt Kurth. Es kann auch unfair werden. Grotesk, findet es Kurth, denn privat halten es die meisten mit Rot-Weiss: „Erst wollen sie uns auf dem Platz umgrätschen und dann ziehen sie sich anschließend das RWE-Trikot über und stehen auf der West.“
Rot-Weiss Essen sieht nicht nur Ergebnis, sondern will auch gut spielen
„Wir haben auch Vertragsamateure im Kader“, erklärt Kurth, aber der Rest erhält ebenfalls Aufwandsentschädigungen bzw. Prämien. Dafür wird entsprechend gearbeitet - mit Disziplin und Struktur. „Da hat manche Einheit manchmal mehr Qualität als das Spiel am Wochenende“, findet Trainer Lorenz. „Ich lege Wert darauf, dass wir gut spielen und nicht nur das Ergebnis zählt.“ Der Schlendrian könnte freilich stören. „Aber das ist ja menschlich, wenn man klar vorn liegt.“ Aber allzu zu lässig wird es nie, da passen sie schon auf.
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RWE hat aufgerüstet unter anderem mit Emre Kilic (29) und den ehemaligen Burgaltendorfer Sam Soltani (31), die Trainer Lorenz aus gemeinsamen Zeiten bei Rhenania Bottrop kennt. Kilic führt mit 36 Treffern die Torjägerliste der Gruppe 1 an, der oberligaerfahrene Dominik Milaszewski (38) kommt gleich dahinter mit 30 Toren. „Wir holen aber nicht irgendwelche Spieler, sondern sie müssen schon Bock haben auf Rot-Weiss Essen und auf dieses Projekt“, sagt Lorenz.
Kein Konkurrent wird künftig den Weg freiwillig räumen. Und je höher es geht, desto schwieriger wird es. „Spätestens in der Bezirksliga wird es spannend“, ahnt Kurth, der die Mannschaft kontinuierlich verjüngen möchte. RWE-Boss Marcus Uhlig und Sportdirektor Christian Flüthmann beobachten die Entwicklung dort unten ganz genau. Man sei im ständigen Austausch, auch mit dem NLZ und den dortigen Trainern, heißt es. Die Zweite muss liefern. „Es ist ja nicht so“, betont Frank Kurth, „als würden die Verantwortlichen sagen, hier habt ihr die Kohle, nun macht mal.“
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