Essen. Drittligist RWE verliert ein spektakuläres Pokalspiel gegen den Zweitligisten HSV mit 3:4 nach Verlängerung. Ein Lob gab es von Tim Walter.

Rot-Weiss Essen hatte sich für diesen besonderen Tag herausgeputzt. Erstmals seit drei Jahren nahm der Fußball-Drittligist wieder am DFB-Pokal teil. Pünktlich zum traditionsreichen Duell am Sonntag gegen den Zweitligisten Hamburger SV wurde ein neuer Rasenplatz im Stadion an der Hafenstraße eingeweiht. Der Klub hatte das arg strapazierte Geläuf in der Sommerpause mit viel Aufwand ausgetauscht. So erstrahlte der Platz in einem neuen Glanz und auch die Atmosphäre auf den Rängen verlieh dieser Begegnung einen würdigen Rahmen. Schon vor dem Anstoß ließ Vinko Sapina, einer der Neuzugänge im RWE-Team, seinen Blick immer wieder durch das ausverkaufte Stadion schweifen. Wer wollte es ihm verdenken? Zuletzt lief der Mittelfeldspieler für den SC Verl im Schnitt vor weniger als 1000 Zuschauern auf.

Rot-Weiss Essen gleicht gegen den HSV dreimal aus

Und dann gab es schließlich noch ein Spiel, das sämtliche ohnehin schon hohe Erwartungen an ein Aufeinandertreffen zweier ehemaliger Pokalsieger weit übertraf. In einem spektakulären Schlagabtausch musste sich Rot-Weiss Essen dem HSV mit 3:4 (3:3, 1:1) nach Verlängerung geschlagen geben. RWE glich drei Führungen der Norddeutschen aus, auf den Treffer von Laszlo Benes (117.) hatte der Außenseiter aber keine Antwort mehr parat. „Die Mannschaft hat eine gute Mentalität gezeigt, hat das Stadion mitgenommen. Aber es ist klar, dass wir extrem enttäuscht sind“, fasste Essens Trainer Christoph Dabrowski zusammen.

„Das war Harariki“: Abwehrfehler nerven Rot-Weiss Essen

Die drei HSV-Pflichtspiele dieser Saison waren allesamt nicht arm an Höhepunkten. Insgesamt fielen 19 Tore. Fünf Treffer hatte die Mannschaft von Trainer Tim Walter am ersten Spieltag Schalke 04 eingeschenkt. Gegen diese Offensiv-Power setzte Außenseiter RWE defensiv auf eine Fünferkette. Der Plan ging weitestgehend auf, Essen ließ nicht viel zu, kassierte aber dennoch vier Gegentore, weil hinten haarsträubende Fehler begangen wurden.

Bakery Jatta hatte zwei Geschenke der Gastgeber zur zweimaligen Führung genutzt (37., 54. Minute). Beim ersten Treffer nahm er José Rios Alonso den Ball vom Fuß, vor dem zweiten Tor verlor der erfahrene RWE-Kapitän Felix Bastians das Spielgerät. HSV-Torjäger Robert Glatzel erzielte das dritte Tor für die Gäste (66.).

Gute Stimmung, aber viel Pyro im Gästeblock bei den HSV-Fans.
Gute Stimmung, aber viel Pyro im Gästeblock bei den HSV-Fans. © Getty

Doch Essen spielte verrückt und kam in der regulären Spielzeit immer wieder zurück. Torben Müsel (42.), Moussa Doumbouya (56.) und Lucas Brumme (83.) versetzten den Großteil der 18.800 Zuschauer in Ekstase. In der zweiten Halbzeit gab es eine Dauerbeschallung von den Rängen. In ihren weißen Sitzschalen hielt es die meisten Essener Anhänger nicht mehr. Eine Überraschung, die dem finanziell nicht auf Rosen gebetteten Drittligisten eine Prämie in Höhe von rund 430.000 Euro eingebracht hätte, lag in der Luft. Grund dafür war auch, dass sich der dreimalige DFB-Pokalsieger aus Hamburg wie schon in den ersten Meisterschaftsspielen hinten anfällig präsentierte.

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Der Favorit wankte, HSV-Trainer Tim Walter ging nach einem Zusammenstoß an der Außenlinie mit seinem Spieler Miro Muheim kurz vor Ende der regulären Spielzeit sogar zu Boden. Seine Mannschaft fiel jedoch nicht. So konnte Walter Kritik am Defensivverhalten seiner Mannschaft locker weglächeln. „Das ist doch toll. Es ist immer wieder ermutigend, ins Stadion zu gehen, wenn der HSV spielt. Da gibt es immer Spektakel. Wichtig ist, dass wir stets ein Tor mehr erzielen“, sagte der von einer Erkältung angeschlagene Cheftrainer. Sein knappes, aber durchaus treffendes Fazit: „Letztlich war es gegen einen guten Gegner vor tollen Zuschauern etwas glücklich, aber nicht unverdient.“

RWE-Torwart Jakob Golz und Felix Bastians kritisieren den Rasen

Drei Minuten fehlten den tapfer kämpfenden Essenern zum Elfmeterschießen. Dass beim Siegtor von Benes ausgerechnet RWE-Torwart Jakob Golz, Sohn des auf der Tribüne sitzenden HSV-Rekordkeepers Richard Golz, nicht gut aussah, war aus Essener Sicht besonders tragisch. Der 24-Jährige machte den neuen Platz im Stadion an der Hafenstraße für seinen Fehler mitverantwortlich. Er habe nicht richtig abspringen können, da der Rasen an einigen Stellen noch nicht zusammengewachsen sei.

Auch RWE-Kapitän Felix Bastians sprach von Problemen auf dem Geläuf. Der Ball sei schon bei seinem Pass vor dem ersten Gegentor auf Rios Alonso sehr hoch gesprungen. "Das war suboptimal", sagte er. Zumindest auf den Glanz des neuen Platzes hätte RWE für dieses Spiel verzichten können.