Essen. Felix Herzenbruch, Ex-Abwehrspieler von Rot-Weiss Essen, hat noch keinen neuen Verein gefunden. Die freie Zeit nutzte er für ein anderes Projekt.
Die Fußballer von Rot-Weiss Essen stehen wieder im Training. Alle. Bis auf einen: Felix Herzenbruch fehlt. Zum ersten Mal, solange er denken kann, ist er nicht dabei. „Das habe ich ja noch nie erlebt, aber ganz ehrlich, es ist gar nicht sooo schlimm“, lautet die Antwort, die doch überrascht. „Herze“ ohne Fußball? Irgendwie unvorstellbar.
Aber der 30-Jährige genießt gerade die Zeit mit der Familie, der kleinen Tochter, den Freunden. „Endlich kann man sich am Wochenende mal verabreden und hat nicht immer ,du musst, du musst,’ im Nacken“, bekennt er freimütig. Das heißt nicht, dass er untätig auf dem Sofa liegt. Als wir uns telefonisch verabreden, kommt er gerade vom Training. In einer Duisburger Reha-Einrichtung, zu der auch viele verletzte Spieler von RWE und RWO gehen, macht er regelmäßig seine Übungen, auch mit Ball. Herze ist „voll im Saft“, auf Abruf bereit.
Der Abwehrspieler mit „Klett-Verschluss“
Auf den ersten Blick eigentlich unvorstellbar, dass einer mit seinen Tugenden nicht gleich wieder unterkommt. Ein Abwehrspieler mit eingebautem „Klett-Verschluss“, der die gegnerischen Stürmer an die Kette legt - und auch noch im besten Fußballalter.
Herzenbruch macht gerade andere Erfahrungen: „Wenn du 30 bist, ist es nicht mehr so einfach, die Vereine wollen alle Jüngere“, hat er erkannt. Klar, Angebote aus der Regionalliga, dem südlichen Raum, waren da. Auch Vincent Wagner, die alte RWE-Ikone, jetzt Trainer bei Hoffenheims U23, hatte nachgefragt. „Aber sie brauchten was für die linke Abwehrseite, und ich sehe mich eher auf dem Innenverteidiger-Posten“, so der Abwehrspieler.
Und da ist noch ein Problem: die Entfernung. Herzenbruch möchte schon in der Nähe bleiben: Die Familie, die Kita-Stelle, die Uni - das gibt man nicht einfach auf. Schließlich hat er klare Vorstellungen von der Zukunft. So ist er beim Jobcenter arbeitslos gemeldet, kassiert für ein Jahr Arbeitslosengeld, kann in Ruhe weiter studieren, seinen Bachelor machen. „Dann werde ich Lehrer, Beamter, und kann auch weiterhin meine Familie ernähren“, so sein Plan.
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Natürlich würde ihn manch Regionalligist oder gar Oberligist mit Kusshand nehmen, aber zu welchem Preis? Und es spielt auch eine Rolle, dass Herzenbruch den Profifußball kennen gelernt hat, da möchte man nicht mehr ganz tief hinab. Herzenbruch war bei RWE der Mann für die wichtigen Tore: Der Last-Minute-Treffer gegen Aachen mit der Gefühlsexplosion vor der Westkurve, das 2:1-Siegtor in der Regenschlacht gegen Düsseldorfs U23. Und auch in der Dritten Liga erzielte er daheim das wichtige Führungstor gegen die Spvg Bayreuth (2:0). „Ja, in den letzten beiden Jahren stand ich nach dem Spiel des öfteren auf dem Zaun“, erinnert er sich gern.
Vielleicht wechselt Herze zum Handball
Nun wartet er geduldig ab, was sich so tut, ob irgendwie eine „Planstelle“ bei einem Klub seiner Wahl frei wird, vielleicht in der Winterpause, „und wenn nicht, dann schauen wir halt im Sommer, wie es weitergeht“, behält er die Ruhe. Sportlich aktiv bleiben, das will er auf jeden Fall, aber es muss nicht der Fußball sein. „Ich habe ein paar Kumpels in Haan beim Handball, da wollte ich immer schon mal mitmachen. Da könnte ich mir ein Mitwirken in der zweiten Mannschaft vorstellen“, so Herze, der auf jeden Fall dem Teamsport treu bleiben will.
Das Erstlingswerk heißt: „50 Gründe, Fußballprofi zu werden“
Der Familienvater, der sich von den sozialen Medien fern hält, der lieber nicht die Sportseiten liest, ist unter die Literaten gegangen. Gerade an diesem Wochenende ist sein Erstlingswerk fertig geworden und wird momentan Korrektur gelesen: „50 Gründe, Fußballprofi zu werden“, so der Titel. Auf 150 Seiten gibt Herzenbruch dabei Einblicke ins Innenleben eines Fußballprofis. Garniert nach jedem Abschnitt mit Anekdoten aus seinem reichen Fußballerleben. „Natürlich anonym gehalten“, meint der Hobby-Schriftsteller grinsend.
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