Essen/Duisburg. Das 1:4 im Revierduell bei Rot-Weiss Essen sorgt dafür, dass die Hoffnung der Zebras auf den Klassenerhalt immer mehr schwindet.

Die Fans des MSV Duisburg tragen nach dem Derby an der Hafenstraße Trauer. Der Abstieg des Fußball-Drittligisten in die Regionalliga nimmt immer deutlichere Konturen an. Die Zebras verloren das mit 19.200 Zuschauern ausverkaufte Spiel bei Rot-Weiss Essen am Sonntag mit 1:4 (1:1) und damit den Anschluss an die Nichtabstiegsplätzte. Acht Punkte beträgt nun der Rückstand zum rettenden Ufer. Die RWE-Fans verhöhnten ihre Gäste. Sie sangen: „Ihr fahrt nach Wuppertal.“

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Ursel Preuß, Ehefrau von Günter Preuß, dem Kapitän der Meidericher Vizemeistermannschaft von 1964, verschickte vor dem Anstoß des Derbys über die sozialen Medien ein Zitat ihres Mannes. „Wenn eine Mannschaft gewillt ist, alles zu geben, dann hat sie letztendlich auch Erfolg“, ließ der 87-Jährige ausrichten. Das Ehepaar leidet seit Monaten unter der Situation der Zebras, immer wieder kommen Ursel und Günter Preuß zum Training an die Westender Straße, um ihre Unterstützung zu dokumentieren. Nicht nur ihre Herzen bluten weiter.

Konkurrent SV Waldhof Mannheim hatte den Duisburgern bereits am Samstag mit dem 6:1-Sieg über die SpVgg Unterhaching einen Nadelstich verpasst, der sich nun wie ein Dolchstoß anfühlt. Die Kurpfälzer kommen am Freitag nach Duisburg. Wenn der MSV dann gewinnen sollte, beträgt der Rückstand fünf Punkte.

MSV-Trainer Boris Schommers nahm personelle und taktische Veränderungen vor. Joshua Bitter kam erwartungsgemäß für Marvin Senger in der Fünferkette zum Einsatz. Als Schienenspieler auf der linken Seite kam Tim Köther neu in die Startelf. Vor dem defensiven Mittelfeldspieler Santiago Castaneda bildeten Thomas Pledl, Alexander Esswein und Niklas Kölle eine offensive Dreierkette.

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Die taktische Ausrichtung dokumentierte: Der MSV wollte von Beginn an Druck machen, um seine Chance im Abstiegskampf zu wahren. Die Zebras gingen aggressiv zu Werke und pressten hoch. RWE verbuchte dennoch die erste Torchance. Cedric Harenbrock traf in der 13. Minute aus 17 Metern knapp neben das Duisburger Tor. In der 23. Minute kam Stürmer Moussa Doumbouya per Kopf nur ungenau zum Abschluss. Drei Minuten später parierte MSV-Torwart Vincent Müller einen Drehschuss von Torben Müsel. In der 27. Minute war Müller gegen Vinko Sapina zur Stelle.

Bei allem Bemühungen: Die Zebras hatten zunächst große Probleme, Torchancen zu kreieren. Daniel Ginczek, diesmal als einzige Spitze im Einsatz, erhielt nicht die Bälle, die er brauchte. Die Zuspiele von den Außenbahnen waren oft zu unpräzise. Essen setzte vor allem auf der rechten Seite Akzente, wo Tim Köther große Probleme hatte.

Da bestand noch Hoffnung: Alexander Esswein (rechts) feierte mit Daniel Ginczek seinen Führungstreffer.
Da bestand noch Hoffnung: Alexander Esswein (rechts) feierte mit Daniel Ginczek seinen Führungstreffer. © firo Sportphoto | Jürgen Fromme

In der 37. Minute passte dann aus Duisburger Sicht aber doch alles. Mit der ersten Torchance gingen die Zebras in Führung. Ahmet Engin setzte sich nach einem Pledl-Zuspiel auf der rechten Seite durch, flankte ins Zentrum, wo Niklas Kölle abgeblockt wurde. Alexander Esswein war aber zur Stelle und traf aus acht Metern zur Duisburger Führung. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit kam aber der Dämpfer. Vinko Sapina traf aus 23 Metern in den Winkel zum Ausgleich. Für den RWE-Kapitän fühlte sich kein Duisburger verantwortlich. Vincent Müller war mit beiden Fäusten am Ball – das Ding schien haltbar.

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Drei Minuten nach dem Wiederanpfiff bewahrte Müller den MSV vor einem Rückstand: Er parierte einen Schuss von Torben Müsel. In der 49. Minute setzte sich erstmals Daniel Ginczek gefährlich in Szene, scheiterte aus kurzer Distanz aber an RWE-Keeper Jakob Golz. Thomas Pledl kam 60 Sekunden später zum Abschluss, setzte den Ball jedoch über das Tor.

Santiago Castaneda (links), hier im Duell mit Cedric Harenbrock, hatte keinen guten Tag erwischt.
Santiago Castaneda (links), hier im Duell mit Cedric Harenbrock, hatte keinen guten Tag erwischt. © firo Sportphoto | Jürgen Fromme

Der MSV verpasste die frühe Führung und lag in der 57. Minute hinten. Nach einem Eckstoß traf Lucas Brumme aus 16 Metern zum 2:1. Ahmet Engin ließ den Essener gewähren, und Vincent Müller hätte auch hier rettend zur Tat schreiten können. In der 66. Minute setzte Thomas Pledl einen Freistoß, nahezu genau an der Stelle, von der aus Moritz Stoppelkamp in der letzten Saison das 1: 1 erzielt hatte, über das Essener Tor. Vier Minuten später scheiterte Daniel Ginczek zum zweiten Mal an RWE-Schlussmann Jakob Golz. Im Gegenzug war es um den MSV geschehen. Vincent Müller holte bei einem Essener Konter Marvin Obuz von den Beinen. Moussa Doumbouya verwandelte den Elfmeter zum 3:1 (72.). Müller kassierte überdies seine fünfte gelbe Karte und ist nun gesperrt.

Beim MSV kamen noch Kolja Pusch, Benjamin Girth und Marvin Senger ins Spiel. Es half nicht mehr. Stattdessen traf Lucas Brumme in der Nachspielzeit zum 4:1 für RWE. Mit versteinerten Mienen verließen die Meidericher den Rasen und entschwanden in den Katakomben. In der Kabine wurde es laut, der Frust brach aus. Marvin Bakalorz, am Sonntag noch nicht fit für einen Einsatz, kam heraus und schloss die Verbindungstüre. Es wurde nicht still, es war aber nichts mehr zu hören.

„Blauäugig und dumm“ habe seine Mannschaft in den entscheidenden Situationen agiert, stellte Boris Schommers derweil am Mikrofon von Magenta-Sport fest. Dabei ärgerte ihn speziell die Entstehungsgeschichte des Essener Ausgleichs unmittelbar vor der Halbzeitpause: „Es wird eine Minute Nachspielzeit angezeigt, wir haben den Ball und schenken ihn ohne Gegendruck her.“ In der Tat ermöglichte erst dieser Umstand Vinko Sapina seinen Sonntagsschuss zum 1:1. Über die weiteren Aussichten im Abstiegskampf und das bevorstehende Duell mit dem SV Waldhof wollte der MSV-Coach öffentlich nicht sinnieren: „Über die Partie denke ich nicht nach, sondern nur darüber, dass wir hier heute völlig unnötig verloren haben.“