Duisburg. Die Taktikanalyse zur Niederlage des MSV Duisburg bei Arminia Bielefeld. Rückstände sind derzeit Gift für die Zebras.

Das ist Christoph Gebhard

Trainer Christoph Gebhard ist in der Amateur-Fußball-Szene als Taktikfuchs bekannt. Davon profitieren in erster Linie die A-Jugendfußballer von Viktoria Buchholz, mit denen der 46-Jährige in der vergangenen Saison in der Niederrheinliga an den Start gegangen ist. Gebhard ist zudem Fan des MSV Duisburg. Er verfolgt die Spiele der Zebras nicht nur mit Herzblut, sondern auch als Fachmann mit dem Blick auf das taktische Geschehen auf dem Platz. Für die Sportredaktion analysiert Christoph Gebhard die Spiele der Meidericher.

Seit sechs Partien hat Trainer Boris Schommers eine funktionierende und zum Kader passende Spielidee gefunden. Die zwölf Punkte aus diesem Zeitraum waren kein Zufall. Mittlerweile ist der MSV Duisburg an einem Punkt angelangt, an dem der Respekt der Gegner wieder wächst. Die gegnerischen Trainer machen sich Gedanken, wie sie die Stärken der Zebras möglichst wenig zum Tragen kommen lassen und wie sie die Schwächen für ihre Zwecke ausnutzen können.

Michél Kniat, Trainer von Arminia Bielefeld, war beim 2:0-Sieg über den MSV besonders kreativ und überlegte sich sogar zwei verschiedene Formationen. Im Ballbesitz spielten die Ostwestfalen ihr nominelles 4-2-3-1 stark asymmetrisch und überluden mit dem zur Seite raus kippenden Zehner Marius Wörl den rechten Flügel. Dadurch mussten Jonas Michelbrink, Thomas Pledl und Niklas Kölle viel Defensivarbeit verrichten und verloren an Einfluss im Umschaltspiel. Dieses Umschaltspiel ist aber eines der wichtigsten Aspekte der Duisburger Spielidee.

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Im Duisburger Ballbesitz wandelte sich die Bielefelder Formation in eine enge 4-4-2-Raute. Damit versperrte Michél Kniat vor allem die Wege in die Halbräume, durch die der MSV zuletzt immer wieder erfolgreich hinter die gegnerische Kette gekommen war. Dem MSV blieb damit oft nur der Ausweg über den (rechten) Flügel, wo es in der Umsetzung aber an Variantenreichtum und Durchschlagskraft mangelte.

Zudem konnten die Bielefelder durch ihre starken Standards viel Gefahr erzeugen. Der MSV besetzte den wichtigen Fünfmeterraum, in dem die meisten Tore nach Ecken fallen, vielfach eine Spur zu luftig und hatte gerade bei den zweiten Bällen mehrfach Probleme, auch wenn das 0:1 aus stark abseitsverdächtiger Position fiel.

Ahmet Engin ließ sich beim zweiten Gegentor aus der Abwehrkette des MSV Duisburg rauslocken.
Ahmet Engin ließ sich beim zweiten Gegentor aus der Abwehrkette des MSV Duisburg rauslocken. © Max Ellerbrake / firo Sportphoto | Max Ellerbrake

Beim 0:2 zeigten die Arminen viel Geduld und Qualität im Positionsspiel. Ahmet Engin ließ sich rauslocken und die Schnittstellen der Fünferkette wurden damit aufgerissen. Im Mittelfeld standen die Duisburger nach der Einwechslung von Erik Zenga nicht kompakt genug. Der MSV wurde klassisch auseinander gespielt.

Die Angst vor ähnlichen Gegentoren war vermutlich auch der Grund, dass Schommers die Taktik zur Halbzeit nicht änderte. Der MSV hielt an seinem Umschaltplan und dem eher passiven Pressing fest. Die Bielefelder riskierten mit der Führung im Rücken aber nicht mehr als nötig. Das hohe Zustellen des MSV bei Torabstoß wurde mit langen Abschlägen beantwortet. Situationen, aus denen der MSV Kontermomente hätte kreieren können, wurden gemieden. Die Ostwestfalen gaben den Gästen nicht das, was sie für ihr Spiel brauchten.

Umgekehrt war das Duisburger Ballbesitzspiel im Rückstand wie schon in Unterhaching zu fehlerbehaftet, ungeduldig und einfältig. So ließ sich kein konstanter Druck aufbauen. Die Impulse von der Bank in Form von höheren Außenverteidigern und personellen Wechseln kamen zu spät und blieben fast ohne Effekt.

Der MSV Duisburg darf seine Fehler nicht wiederholen

Schlussendlich ist die Niederlage zu weiten Teilen mit einem starken Matchplan der Bielefelder und ein, zwei entscheidenden Fehlern auf Seiten der Zebras zu erklären. Für die Spielidee des MSV ist es im Moment Gift, in Rückstand zu geraten.

Auch wenn die Fanseele verständlicherweise nach einem aktiveren Spielansatz schreit und die zweite Halbzeit ziemlich hilflos wirkte: Die Zebras sollten an dem festhalten, was sie die letzten Spiele so stark gemacht hat. Nicht jede Mannschaft der letzten sieben Spieltage hat die Möglichkeiten des Zweitligaabsteigers aus Bielefeld. Es geht schlicht und einfach darum, die Fehler der letzten Auswärtsspiele nicht mehr zu wiederholen. Im Ballbesitz ist an Details zu feilen. Dann kann die Elf eine bessere Spielkontrolle erlangen, wenn sie zu mehr Initiative gezwungen ist.