Duisburg. Caspar Jander hat sich beim MSV in die Herzen des Anhangs gespielt. Nun wird er Geduld brauchen. Wie kann Trainer Ziegner ihn ersetzen?

Hagen Schmidt? Es gibt vermutlich viele Fans des MSV Duisburg, die diesen Namen schon wieder vergessen haben. Die Spuren, die der nur knapp sieben Monate amtierende Kurzzeittrainer des Fußball-Drittligisten hinterlassen hat, sind in der Tat überschaubar. Eine Idee, die sich letztlich als eine richtig gute erwiesen hat, kam ihm aber: In der Winterpause der Vorsaison nominierte er einen bis dahin nur Insidern bekannten jungen Mann namens Caspar Jander aus der eigenen U 19 für den Profikader und verschaffte dem damals 18-Jährigen am 23. Januar in der Partie gegen den 1. FC Saarbrücken mit der späten Einwechslung für Kolja Pusch seinen ersten Pflichtspieleinsatz.

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Sieben Monate später endete dieses Kapitel in der jungen Karriere des Caspar Jander mit der Auswechslung gegen Kolja Pusch. Am Montag im Spiel gegen den VfB Oldenburg hatte er einen Gästekicker mit einem Griff ans Trikot auf dem Weg zum MSV-Tor ausbremsen wollen, woraufhin er selbst ins Stolpern geriet und sich sein rechter Fuß in einer Weise in den Rasen knickte, dass vor allem jene, die der Live-übertragung bei Magenta-Sport in der zweiten und dritten Wiederholung folgten, den Schmerz dabei richtig mitfühlen konnten. Das über den Kopf gezogene Trikot signalisierte auch dem Publikum in der Arena: Hier ist gerade etwas Schlimmes passiert.

MSV Duisburg: Ein bisschen Glück im Unglück für Jander

Am Ende war es sogar ein bisschen Glück im Unglück. Keine knöcherne Verletzung, lautete die Diagnose nach dem Röntgen. Die MRT-Untersuchung ergab dann aber den zu befürchtenden doppelten Bänderriss im Sprunggelenk. Der MSV wollte keine Prognose zur Dauer der Rekonvaleszenz abgeben, doch allgemein ist klar: Ein Bänderriss dauert. Es braucht Geduld und Zeit, bis die Bänder wieder fest miteinander verwachsen sind. Caspar Jander wird eine Schiene tragen müssen, danach erfolgt langsam wieder die Heranführung an die vollständige Belastung, die notwendig ist, um Leistungssport treiben zu können. Ob er in diesem Jahr noch einmal in den Punktekampf eingreifen kann, ist fraglich. Wegen der Weltmeisterschaft in Katar bestreitet der MSV das letzte Meisterschaftsspiel gegen den FC Ingolstadt 04 bereits um den 12. November herum; die genaue Terminierung steht noch aus.

Gut vorbereitet: Marlon Frey (links) empfahl sich mit seinem Assist für Benjamin Girth als möglicher Jander-Ersatz.
Gut vorbereitet: Marlon Frey (links) empfahl sich mit seinem Assist für Benjamin Girth als möglicher Jander-Ersatz. © firo Sportphoto | Jürgen Fromme

Das Bedauern bei vielen Fans über den Ausfall ist groß. Der Münsteraner, der im Sommer 2021 vom FC Schalke 04 zu den Zebras gewechselt war, ist bei ihnen in kürzester Zeit zum Liebling avanciert. Eine MSV-Anhängerin hatte noch kürzlich im Netz darüber berichtet, wie Jander nach dem Spiel in Meppen ihrem Vater sein Trikot geschenkt hatte, nachdem dieser zuvor beim Aufwärmen von einem verunglückten Schuss am Kopf getroffen worden war.

MSV-Fans wurden Jander-Fans

Der Ausspruch „Ich bin Jander-Fan“ machte die Runde – eher unüblich bei einer Mannschaft, mit der sich zu identifizieren dem Großteil des Anhangs zuletzt eher schwer fiel. Mit seiner auf dem Platz an den Tag gelegten Einsatzbereitschaft stand er zudem sinnbildlich für die positive Entwicklung, die das MSV-Team zu Beginn dieser Saison hingelegt hatte. Beim 3:1 gegen den SC Freiburg II rückte er in die Startelf, leistete die Vorarbeit zum dritten Tor durch Kapitän Moritz Stoppelkamp. Nach guter Leistung auch in Meppen schien er auf dem besten Weg zu sein, einen festen Platz in der Stammformation zu erobern – ehe ihn nun die ärgerliche Verletzung bis auf weiteres ausbremste.

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Auch Torsten Ziegner wird das wurmen. Schließlich hatte er gegen Oldenburg auf dieselbe Startelf wie in Meppen gesetzt; nun muss er wieder umbauen und andere Abläufe eintrainieren – so wie es schon nach dem Ausfall von Alaa Bakir notwendig geworden war, der nach seiner Meniskusverletzung frühestens zur Rückrunde auf dem Platz stehen wird. Wie stehen für die Ersatzkandidaten die Chancen? Am besten womöglich für Marlon Frey. Er ist von den zur Auswahl stehenden Akteuren derjenige, der in dieser Saison schon die meiste Spielzeit erhalten hat. Nach mäßigem Auftritt vor der Pause in Zwickau war er dann aber außen vor, kam zuletzt nur als Joker. Gegen Oldenburg bereitete er aber umsichtig den Ausgleichstreffer durch Benjamin Girth vor.

Jonas Michelbrink schaute gegen Oldenburg noch zu, könnte aber bei 1860 schon eine Alternative sein.
Jonas Michelbrink schaute gegen Oldenburg noch zu, könnte aber bei 1860 schon eine Alternative sein. © Nico Herbertz / MSV Duisburg

Kolja Pusch und Niclas Stierlin kennen das Gefühl eines Startelfeinsatzes in dieser Saison dagegen noch gar nicht. Beide kamen nur viermal von der Bank, Stierlin am längsten, als er Marlon Frey nach der Pause in Zwickau ersetzte. Sie von Beginn an zu sehen, würde zumindest erstaunen.

MSV Duisburg: Jonas Michelbrink benötigt Zeit

Und dann ist da ja noch der Neue. Jonas Michelbrink, vergangene Woche aus Berlin geholt, gegen Oldenburg noch Tribünenzuschauer. „Er braucht sicher noch ein bisschen“, erklärte Torsten Ziegner das im Fernsehinterview, sagte aber im nächsten Satz etwas, das angesichts der späteren Ereignisse aufmerken lässt: „Er ist ein bisschen vergleichbar mit Caspar Jander, spielt vielleicht einen etwas offensiveren Part.“ Wenn man den Spitzenreiter 1860 München am Samstag überraschen will, wäre das womöglich gar nicht die schlechteste Wahl.