Düsseldorf. Spannender und letztlich auch glücklicher konnte es für das Zweitliga-Team aus Düsseldorf im Spiel bei St. Pauli kaum laufen
Was für ein Wechselspiel der Gefühle! Fortuna Düsseldorf steht im Halbfinale des DFB-Pokals - erstmals seit 28 Jahren wieder. Ein Verein schwebt auf Wolke sieben, musste aber vorher mal wieder fast durch die Hölle gehen. Es liefen viele Dinge in diesem lange eher langweiligen Spiel typisch für die Fortuna und andere passten diesmal eher zu einer - fast unerwarteten - positiv endenden Dramaturgie. Wir wollen noch einmal zurückblicken auf die Dinge die schlecht für Fortuna liefen und auf die, die gut liefen. In vielerlei Hinsicht kann das Weiterkommen im Pokal, vor allem die Art und Weise, wie es zustande gekommen ist, ein Fingerzeig für den weiteren Verlauf der Saison sein.
Was lief alles gegen Fortuna? Eigentlich hätten es drei spielentscheidende Fehler sein können, die drei Spielern von Fortuna Düsseldorf in den 120 Minuten passierten. Der erste Patzer war das völlig unnötige Foul von Ao Tanaka, der im Strafraum kurz den Überblick verlor und den Elfmeter zum 1:1 verursachte. Damit kamen die Hamburger zu ihrer ersten wirklich großen Torchance im gesamten Spiel bis dahin. Der zweite dicke Fehler unterlief dem neuen Spieler Joshua Quarshie, indem er bei einem Klärungsversuch spät in der zweiten Spielhälfte beim Stand von 1:1 dem bislang in diesem Spieljahr besten Hamburger den Ball quasi auf den Fuß legte. Marcel Hartel verschoss aber und konnte diese Riesenchance nicht nutzen.
Der dritte Fehler unterlief Florian Kastenmeier in der Nachspielzeit der Verlängerung. „Ich hätte rausgehen müssen, um den Ball nach der Flanke herunter zu pflücken“, sagte Fortunas Torhüter, der auf der Linie kleben blieb und das 2:2 in allerletzter Sekunde passieren lassen musste. Ansonsten spielte die Fortuna zwar nahezu fehlerfrei, aber diese drei Patzer hätten auch das Aus für die Mannschaft von Daniel Thioune bedeuten können.
Das Verletzungspech begleitet die Fortuna bereits durch die gesamte Saison und wirkt fast so wie die Bestrafung dafür, dass der Verein den Kader wegen der wirtschaftlichen Probleme so klein halten musste. Wenn nach 10 Minuten der Ersatz für den Ersatz auf den Platz muss, ist das im Falle der Verletzung von Emmanuel Iyoha schon bitter. Und Taka Uchino war es schon anzumerken, dass er sich am Ende der 120 Minuten auf der letzten Rille über den Platz bewegte. Und dass Matthias Zimmermann doch spielen musste, obwohl er in erste Linie als Motivator mitgenommen worden war, stellte ein Risiko dar, das sich letztlich aber ausgezahlt hat. Auch der Einsatz von Joshua Quarshie mit gerade einer Trainingseinheit war etwas, was auch nach hinten hätte losgehen können.
Das Elfmeterschießen hatte es ebenfalls in sich, was Spannung und Drama anging. Dass Christoph Daferner verschoss, gehörte offensichtlich zur Dramaturgie des Spiels. Doch es wurde erst dann richtig heftig, als der erste verschossene Elfmeter von Marcel Hartel (zurecht) wiederholt werden musste. Auch diese „Feinheit“ war noch typisch für Fortuna. Dass aber Flo Kastenmeier dann diesen Elfmeter hielt, passte nicht mehr in das Leiden der Fortuna-Fans. Denn diesmal lief die ganze Geschichte anders...
Was lief alles für Fortuna? Es war fast schon eine Erleichterung in der Mannschaft und auf der Bank zu spüren, dass diesmal das Team von Daniel Thioune in Führung gehen konnte. Endlich musste die Fortuna der Musik mal nicht hinterherlaufen. Zwar war es die einzige große Chance, die die Gäste lange Zeit am Millerntor hatten. Aber diese wurde konsequent von Vincent Vermeij genutzt. Einerseits hatte der Niederländer den Mut, am Torwart vorbeigehen zu wollen und andererseits scheute er sich auch nicht davor, Verantwortung mit der Ausführung des Elfmeters zu übernehmen.
Die Taktik war zudem eine Meisterleistung des Trainerteams. So wenig Möglichkeiten über 120 Minuten einer Mannschaft zuzubilligen, die eine dominierende Rolle in der Liga spielt, war so nicht zu erwarten. Fortuna spielte nicht nur sehr aufmerksam, verlor zudem auch sehr wenig Bälle in der eigenen Hälfte, so dass man sich immer wieder gut formiert auf die Angriffe der Kiezkicker einstellen konnte. Vor allem die beiden Mittelfeldspieler Ao Tanaka sowie Yannik Engelhardt zeigten eine großartige Leistung und verdienten sich bei der Fortuna sowohl als Abräumer als auch als Aufbauer und Ankurbler des eigenen Spiels Bestnoten.
Der Torwartfehler des Pauli-Keepers vor dem 2:1 für die Fortuna, spielte den Gästen natürlich in die Karten. Das war zwar nicht das erste Mal, dass die Düsseldorfer in dieser Saison ein solches Geschenk auf dem Silbertablett geliefert bekamen, aber es auch so konsequent zu nutzen, war in dieser Phase der Verlängerung schon ideal. In der Folge machte die Fortuna auch nicht den Fehler, sich bis zum Schlusspfiff hinten einigeln zu wollen. Immer wieder wurde versucht, den Ball möglichst lange in der Hälfte der Hamburger zu bewegen, um den Gegner möglichst weit vom eigenen Tor fernzuhalten.
Alle Fortuna-Fans waren sehr gespannt, welche Erfahrungen die Spieler aus dem verlorenen Elfmeterschießen vor einem knappen Jahr in Nürnberg mitgenommen hatten. Damals hatten sich erfahrene Kräfte gedrückt, und die Mannschaft war nach einer ähnlichen Dramaturgie im Frankenland nach der finalen Entscheidung ausgeschieden. Diesmal übernahmen die Leitwölfe im Team die Ausführung und trafen alle bis auf den bereits oben erwähnten Daferner. „Wenn Christos (Tzolis) mit dieser Art den letzten Elfmeter auszuführen, gescheitert wäre, hätte ich ihn mir zur Brust genommen“, sagte Daniel Thioune zu dem entscheidenden Versuch, den der Grieche in Paneka-Art in die Mitte schlenzte und den Triumph für die Fortuna perfekt machte. Die Prophezeiungen leidgeprüfter Fortuna-Fans, dass Tzolis natürlich verschießen würde, erfüllten sich zum Glück nicht - und der Rest ging im Jubel in Rot und Weiß unter.