Dortmund. Der Innenverteidiger geht in Dortmund auf und neben dem Platz voran. Reicht das für das Ticket für die Europameisterschaft?
Über Nico Schlotterbeck wurde vor zwei Wochen bundesweit und insbesondere auf den einschlägigen Portalen ausführlich berichtet. Der Innenverteidiger von Borussia Dortmund hatte nach dem Spiel gegen den VfB Stuttgart (0:1) gereizt in einem Interview reagiert, den TV-Reporter wegen einer „blöden Frage“ angepampt. Es ging um Schlotterbecks kuriose Fehlschuss in der Schlussphase, als er nah vor der Torlinie stand, aber weit drüber schoss.
Das ist schon etwas typisch für Schlotterbecks Zeit bei Borussia Dortmund, in der er so häufig auf Aktionen reduziert wird, in denen ihm nicht alles gelungen ist. Da war natürlich das verlorene Laufduell mit Takuma Asano beim WM-Gruppenspiel gegen Japan im November 2022. Da war Anfang des Jahres mal ein Eigentor gegen den VfL Bochum. Da war grober Aussetzer gegen Eintracht Frankfurt, als Schlotterbeck in Höhe der Mittellinie einfach am Ball vorbeigesprungen ist.
BVB-Trainer Edin Terzic lobt Nico Schlotterbeck
Dabei hat sich Schlotterbeck, 24, in den vergangenen Wochen und Monaten zu einem der wichtigsten Spieler beim BVB gemausert, der auch im Bundesliga-Heimspiel gegen den Deutschen Meister Bayer Leverkusen am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) nicht aus der Startelf wegzudenken ist. „Wir sind sehr zufrieden mit Nico und seiner Entwicklung“, lobte Trainer Edin Terzic.
Man konnte das etwa am Dienstagabend im Champions-League-Fest gegen Atlético Madrid beobachten. Da hatte es Schlotterbeck mit Alvaro Morata zu tun, und hatte sich schon nach wenigen Minuten so sehr in den Kopf des spanischen Angreifers verteidigt, dass dieser früh und ohne einen Eindruck im Spiel hinterlassen zu haben, ausgewechselt worden ist. Oder am Samstag in Gladbach. Da spielten die Dortmunder ja fast eine Halbzeit lang in Unterzahl. Schlotterbeck hielt die Verteidigung zusammen, war stets präsent, setzte entscheidende Grätschen und verhinderte in der Nachspielzeit noch im letzten Moment den Ausgleich durch Alassane Plea. Nur zwei Beispiele für die starken Auftritte in diesem Frühjahr.
BVB: Nico Schlotterbeck geht häufig ins Risiko
Denn seit Wochen zählt Schlotterbeck, der die meisten Einsatzminuten aller Dortmunder Profis gesammelt hat, neben Marcel Sabitzer, Mats Hummels und Donyell Malen zu den besten Spielern beim BVB. „Er ist einer der zweikampfstärksten Spieler der Bundesliga, aber hat für uns auch extrem viel eingeleitet“, sagte Terzic. „Die ganzen Bälle hinter die Abwehr, die einleitenden Pässe ins Zentrum, da hat Nico mit seinem linken Fuß eine absolute Waffe für unseren Spielaufbau.“ Zur ganzen Wahrheit aber gehört auch, dass Schlotterbecks Spiel an guten Tagen brillant und spektakulär ist, doch das Risiko, dass er dafür eingehen muss, hat seinen Preis. Derzeit überwiegt allerdings das Positive.
Auch neben Platz ist Schlotterbeck in dieser Saison zum absoluten Führungsspieler geworden. Er soll der Verteidiger werden, der den Klub in den kommenden Jahren prägt. „Sein Stimme wird immer wichtiger in der Kabine“, sagte Terzic. „Das ist genau das, was wir wollten. Man darf nicht vergessen, dass er schon lange dabei ist, aber noch kein erfahrener Spieler ist. Mit jeder Saison sammelt er mehr Erfahrung. Er hat dieses Leader-Gen in sich und das wollen wir natürlich auch nutzen.“ Im Sommer 2022 wechselte Schlotterbeck vom SC Freiburg ins Ruhrgebiet.
BVB: EM-Tür für Nico Schlotterbeck ist noch nicht zu
Für Schlotterbeck geht es noch um eine Menge in dieser Saison. Mit dem Klub soll möglichst schnell die Champions-League-Teilnahme gesichert werden, er selbst will zur Europameisterschaft. Von Bundestrainer Julian Nagelsmann, seit September im Job, ist er noch nicht berücksichtigt worden. Im Gespräch mit dieser Redaktion sagte Schlotterbeck im Januar: „Ich weiß, was ihm wichtig ist und dass die Tür zum EM-Kader für mich keineswegs zu ist, nur weil ich zuletzt nicht dabei war.“
In der letzten Länderspielperiode im März, in der Antonio Rüdiger, Jonathan Tah, Waldemar Anton und Robin Koch den Vorzug in der Innenverteidigung erhielten, hatte BVB-Trainer Terzic mit Schlotterbeck über die DFB-Elf gesprochen. „Seitdem ist das kein Thema mehr für uns“, meinte Terzic. „Danach haben wir gesagt, dass wir als Mannschaft unsere Ziele erreichen wollen und dabei natürlich die individuellen Ziele eines einzelnen nicht aus dem Auge verlieren. Er weiß, dass er sich nur durch gute Leistungen ins Umfeld der Nationalmannschaft spielen kann und ich finde, da hat er seitdem eine richtig gute Reaktion gezeigt.“ Gegen den Meister kann er das am Sonntag unter Beweis stellen.