Dortmund. Vom Dortmunder Innenverteidiger wird eine deutliche Steigerung erwartet. Wie reagiert Süle auf die Kritik von Sebastian Kehl?
Über Niklas Süle wird oft in Extremen gesprochen und geschrieben. Auch jetzt wieder.
Vor vier Wochen noch war der 28-Jährige Borussia Dortmunds großer Held, als er seinen eigenen Fehler im Stellungsspiel mit einer Wahnsinnsgrätsche gegen Paris Saint-Germains Kylian Mbappé in der Champions League reparierte. Vor dem Bundesliga-Spiel am kommenden Samstag beim 1. FC Köln (15.30 Uhr/Sky) muss sich der Abwehrspieler wieder einer leidigen Debatte stellen, die mit seiner Fitness zu tun hat.
Sportdirektor Sebastian Kehl hatte am Sonntagabend ausführlich über Süle gesprochen. Anlass war, dass Süle beim Gastspiel des BVB am Samstagabend bei Darmstadt 98 (3:0) fast das gesamte Spiel auf der Bank saß, obwohl Innenverteidiger Mats Hummels (35) erkrankt fehlte. Dieser wurde durch den gelernten Mittelfeldspieler Emre Can (30) vertreten.
BVB: Kehl kritisiert Süle und erwartet Steigerung
„Edin war nicht 100 Prozent zufrieden, auch nicht im Trainingslager“, erklärte Kehl. Mit seinem körperlichen Zustand sei Süle „in der Vergangenheit immer wieder konfrontiert. Natürlich belastet ihn das, aber ich merke auch, dass er gewillt ist, daran zu arbeiten“.
Der 43-Jährige lobte Süles Fähigkeiten, nannte dessen großes Ziel, die Europameisterschaft im Sommer. Aber Kehl stellte auch klar: „Wir hatten uns in den letzten Monaten mehr erhofft. Wir haben ihn ablösefrei verpflichtet, das war für uns ein guter Deal. Er war Nationalspieler und in einem sehr guten Alter. Niklas kann mehr. Er muss jetzt Gas geben – und das erwarte ich von ihm in den nächsten Monaten.“ Er glaube, dass es bei Süle nun „Klick“ gemacht habe.
In regelmäßigen Abständen muss sich Süle ob vermeintlich mangelnder Professionalität rechtfertigen, nicht erst seit seinem Tranfer nach Dortmund. Zuletzt im Sommer. Der damalige Bundestrainer Hansi Flick hatte ihn im Juni er nicht für die Länderspiele nominiert und ihn dann auch noch in einem Interview angezählt. Die deutsche Abwehr wackelte damals bedenklich, Süles Nichtnominierung war ein weiteres Eigentor, das Flick auf dem Weg zu seiner Entlassung drei Monate später schoss.
BVB: An Niklas Süle zeigen sich viele Widersprüche
Beim BVB hatte man diese Debatte nicht weiter kommentiert, um zusätzliches Öl ins Feuer zu gießen. Zum Trainingsaufakt aber stärkte Kehl damals seinem Führungsspieler den Rücken: „Er hat im Urlaub deutlich mehr gemacht als alle anderen.“
Süle wehrt sich nicht öffentlich, aus den sozialen Netzwerken hat er sich zurückgezogen. Nach den Spielen ist der gebürtige Frankfurter für die Journalisten kaum zu sprechen. In der Kabine gehört er trotzdem zu den am meisten geschätzen Profis.
An Süle lassen sich viele dieser Widersprüche des modernen Fußball nachweisen. Einerseits lechzen Fans nach Typen mit Ecken und Kanten, die etwa wie Süle damit kokettieren, ein Faible für Fast Food zu haben. Andererseits werden dann solche Klischees immer wieder negativ ausgelegt, wenn es dafür einen Anlass gibt. Zur ganzen Wahrheit gehört auch, dass er sich beim BVB sportlich nicht viel zu Schulden kommen lassen hat.
BVB: Keine Wachablösung in der Innenverteidigung
Süle wechselte im Sommer 2022 von Bayern München zu Borussia Dortmund. Er spielte eine grundsolide erste Saison beim BVB, gehörte auch in der Hinrunde neben Hummels und dem in Darmstadt starken Nico Schlotterbeck (24) zum Stammpersonal in der Innenverteidigung, das sich die Spielminuten untereinander aufteilt.
Herausstechen aber, wie man es sich von einem der Top-Verdiener und dritten Kapitän des Teams erhofft hatte, konnte Süle dabei nicht. Eine Wachablösung in der zentralen Abwehr, die durch die Transfers von Süle und Schlotterbeck vollzogen werden sollte, fand nicht statt – was freilich auch an Hummels liegt, der im späten Karrierealter seine Form noch einmal auf ein absolutes Top-Niveau hieven konnte.
BVB: Süle nach Appell von Nagelsmann verbessert
Auch Süle weiß, dass in seinem Körper mehr Potenzial steckt. Nach Informationen dieser Redaktion hat der Nationalspieler den sachlichen Appell seines Chefs sportlich genommen und ist gewillt, sich zu verbessern. Als Quertreiber ist er ohnehin nicht bekannt. Sorgen um die EM-Teilnahme macht sich Süle nicht, nur weil er gegen Darmstadt mal auf der Bank gesessen hat.
BVB: Tendenz sprach für Niklas Süle
Die Tendenz spricht für den Dortmunder: Nach vom Bundestrainer Julian Nagelsmann im Oktober geäußerten Auftrag, „in Dortmund absoluter Stammspieler“ zu sein („Ob rechts oder innen, ist zweitrangig. Nicht nur mitzulaufen, sondern eine tragende Rolle zu spielen“), hat sich Süle durchaus gesteigert und kam länger zum Einsatz.
Sein großes Ziel bleibt, mit Borussia Dortmund Titel zu gewinnen, sein Vertrag gilt noch bis 2026. Ein „Klick“ bei ihm würde dabei sicher helfen.