San Diego. Borussia Dortmund beendet das Rätselraten über die Nachfolge von Marco Reus. Die Wahl fällt auf Emre Can - für ihn ist es “eine extreme Ehre“.

Nicht nur zur US-amerikanischen Kultur gehört es, ziemlich stolz auf die Gegend zu sein, in der man lebt. Und da bot es sich für den heimischen Reporter doch an, Emre Can zu fragen, ob er denn schon Zeit gehabt hätte, San Diego zu erkunden. Mehrere herrliche Strände gibt es hier schließlich, und einen weltberühmten Zoo.

Aber natürlich ist der 29-Jährige nicht zum Vergnügen an die Westküste der USA gereist, sondern um mit Borussia Dortmund an der Form für die neue Saison zu basteln. Der Mittelfeldspieler versuchte allerdings, die Frage höflich zu beantworten. „Wir hatten noch nicht die Zeit dafür, aber vielleicht ja morgen“, sagte Can – sehr zur Verwunderung seines neben ihm sitzenden Trainer Edin Terzic. „Da haben wir ein Spiel“, bemerkte der 40-Jährige und lachte.

BVB: So erklärt Edin Terzic die Entscheidung

Die Partie gegen den Zweitligisten San Diego Loyal in der Nacht zu Freitag deutscher Zeit war für den BVB Anlass, um die Medienschaffenden aus Deutschland und den USA im „The Grand Golf Club“ vor den Toren San Diegos zu versammeln. Doch die Partie, als Testspiel ohnehin nicht von höchster Bedeutung, rückte noch ein wenig mehr in den Hintergrund. Auf der Pressekonferenz im kräftig heruntergekühlten Café hatten die Dortmunder nämlich etwas zu verkünden: dass Emre Can der neue Mannschaftskapitän des Vize-Meisters und damit Nachfolger von Vereinsidol Marco Reus (34) wird, der sein Amt jüngst niedergelegt hat.

Gab seine Kapitänsbinde ab: BVB-Idol Marco Reus.
Gab seine Kapitänsbinde ab: BVB-Idol Marco Reus. © BVB

„Es macht mich unheimlich stolz, Kapitän von so einem großen Klub zu sein“, gestand Can. Für Trainer Terzic ist der Mittelfeldspieler „ein geborener Siegertyp, der gerne Verantwortung übernimmt und spürt und mit dieser Situation vertraut ist“, und daher „hatte ich in jedem Gespräch, das ich mit ihm geführt habe, das Gefühl, dass er der Richtige ist“, begründete Terzic die Wahl Cans, die er gemeinsam mit Sportdirektor Sebastian Kehl und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gefällt hatte.

BVB setzt auf eine neue Hierarchie

Die Dortmunder beendeten damit ein Thema, dass den Verein nicht erst seit Reus‘ Rückzug beschäftigt hat. Dem Team sollte eine neue Hierarchie verpasst werden. Dies hat der BVB nun auch offiziell in die Tat umgesetzt. Can trägt ab sofort die Binde, Torwart Gregor Kobel (25), der sich ebenfalls Hoffnungen auf den Job gemacht hatte, ist dessen Stellvertreter. Dritter Kapitän wird Innenverteidiger Niklas Süle (27). Reus aber bleibt dem Mannschaftsrat erhalten, den Stürmer Sebastien Haller (29) und Mittelfeldspieler Julian Brandt (27) komplettieren. Die Last der Verantwortung soll auf mehrere Schultern verteilt werden, betonte Terzic, „aber es ist auch wichtig, dass es ein paar Jungs gibt, die die Mannschaft, die manchmal sehr schwierig sein kann, in die richtige Richtung schieben“.

Gregor Kobel sucht die Nähe zu den BVB-Fans.
Gregor Kobel sucht die Nähe zu den BVB-Fans. © firo

Das hat Emre Can ja auch schon in der vergangenen Saison getan, auch ohne bedeutendes Stück Stoff am Oberarm. Der 29-Jährige stellte sich auch nach Niederlagen in Interviews, seine Worte haben Gewicht, inzwischen auch in der Nationalmannschaft – das imponierte seinen Chefs.

BVB sah schon immer Führungsspieler in Emre Can

Einen Führungsspieler haben sie schon immer im gebürtigen Frankfurter gesehen, doch nur selten konnte Can das in seinen dreieinhalb Jahren im Ruhrgebiet auch zeigen – bis zur Rückrunde der vergangenen Saison. Er habe dann viel an seiner Denkweise verändert, berichtete Can, der inzwischen auch in der Nationalmannschaft zu den Führungskräften gehört. „Ich habe zu viel gemeckert. Über die Mannschaft und den Trainer gemeckert und es auf andere geschoben, wenn ich nicht gut gespielt habe. Doch ich habe dann viele Gespräche mit meiner Familie und Freunden geführt und wollte allen beweisen, dass ich noch ein guter Spieler bin.“

Voller Einsatz im BVB-Training: Emre Can.
Voller Einsatz im BVB-Training: Emre Can. © BVB

Das hat er geschafft, vor Kurzem sogar seinen Vertrag bis 2026 verlängert. Jetzt führt er den Klub als Kapitän an, steht in einer Linie mit Vereinslegenden wie Michael Zorc. Fühlt sich das Trikot mit mehr Verantwortung gleich schwerer an? „Mein Ziel ist, dass es gleich wiegt“, kündigte Can. „Es ist eine extrem große Ehre, aber ich werde versuchen, der Emre zu bleiben, der ich immer war.“

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