Essen. Die Fußball-WM der Frauen sorgt in Deutschland für Top-TV-Quoten. Auf den Straßen ist vom großen Turnier noch nichts angekommen.

Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland, 32 Mannschaften kämpfen um den Titel, mittendrin das deutsche Team. Doch beim FC Schwarz-Weiß Silschede hat man nur Augen für eine Spielerin: Alexandra Popp. Bei den Toren der 32-Jährigen ist der Jubel groß: „Unsere Poppi!“

Nicht nur im Ennepe-Ruhr-Kreis, beim Heimatverein von DFB-Kapitänin Alexandra Popp, spürt man die Begeisterung, sie spiegelt sich auch in den Einschaltquoten wider: 5,2 Millionen Menschen sahen den Auftaktsieg (6:0) gegen Marokko, mehr als 10 Millionen verfolgten das 1:2 gegen Kolumbien.

Deutschlands Alexandra Popp und Lena Oberdorf (r).
Deutschlands Alexandra Popp und Lena Oberdorf (r). © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Doch auf der Straße bekommt man vom Turnier kaum etwas mit. Fahnen, Wimpel, Autokorsos? Fehlanzeige. Die Euphorie findet noch nicht den Weg aus dem Wohnzimmer hinaus auf die Straße. Mit Public Viewing, wie es auch bei der Männer-WM in Katar im kleineren Umfang stattfand, ist Silschede eher die Ausnahme. Aber da wurden die Partien ja auch nicht nachts oder frühmorgens angepfiffen.

Ein Boom nach der EM

Welchen Boom Erfolge bei großen Turnieren im Nachgang auslösen können, durfte die SGS Essen erleben. Nach dem guten EM-Auftritt der Frauen im vergangenen Jahr stieg der Schnitt bei den Heimspielen des Bundesligisten an: Feuerten zuvor etwas mehr als 1000 Zuschauer die SGS an, kommen nun pro Heimpartie 1900 Besucher ins Stadion an der Hafenstraße, zu den Topspielen gar 3500 Zuschauer.

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„Mit einem großen Turnier steigt das Interesse am Frauenfußball im Allgemeinen, was uns die Chance gibt das Interesse für den Ligaalltag zu wecken“, sagt SGS-Geschäftsführer Florian Zeutschler. „Wir erhoffen uns, dass die deutsche Nationalmannschaft möglichst weit kommt, um die nächste Ebene von einem Boom zu erreichen und weitere Zuschauer ins Stadion zu locken.“

Borussia Dortmund gründet Frauen-Abteilung

Denn die Erfahrung habe gezeigt, „wenn die Leute einmal da waren, kommen sie auch weiterhin“. Vor zwei Jahren gründete Borussia Dortmund eine Abteilung für Mädchen- und Frauenfußball. Nachwuchssorgen macht man sich dort nicht – auch „insgesamt nehmen wir eine positive und dynamische Entwicklung des Mädchen- und Frauenfußballs wahr“, sagt Max Amelung von der Frauen-Abteilung beim BVB.

Eine Einschätzung, die sich in den Zahlen nicht widerspiegelt: Laut Angaben des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) sind 1,05 Millionen Frauen und Mädchen im DFB gemeldet. Laut Statistiken sind von diesen aber nur rund 200.000 aktiv im Vereinsfußball – immerhin ein steigender Trend.

Hohe Nachfrage nach den Trikots

Eine hohe Nachfrage gibt es momentan nach den Trikots der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, wie Sportartikelhersteller Adidas mitteilt: „Ähnlich wie bei vergangenen Turnieren konnten wir zum Vorrundenstart einen Anstieg erkennen“, sagt PR-Manager Roman Möhlinger. Welcher Flock besonders beliebt ist? Lina Magull und Lena Oberdorf zählen zu den Favoriten. Und natürlich: Popp.

Deutschlands Alexandra Popp.
Deutschlands Alexandra Popp. © Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Im Vereinsheim des FC Silschede, wo man so stolz auf die fußballerischen Wurzeln der Stürmerin ist, ist kein Poppi-Trikot zu sehen. So weit ist der Frauenfußball noch nicht. Gegen Südkorea will die National-Elf heute den Einzug ins Achtelfinale perfekt machen. „Das wird ein 4:0-Sieg“, ist sich Michael van Osten, Zweiter Vorsitzender von Silschede, sicher: „Was die Männer bei der WM 2018 nicht geschafft haben, das kriegen die Frauen hin!“