Düsseldorf. Von Defensivstärke war zuletzt beim Team von Daniel Thioune nur wenig zu sehen - besonders in der Schlussphase der Spiele haperte es

Dem Gesichtsausdruck von Daniel Thioune war es kurz vor Ende der Begegnung mit dem 1. FC Magdeburg deutlich anzumerken, dass der 50-Jährige über das dritte, vierte und schließlich auch fünfte Gegentor alles andere als amüsiert war. Die 2:5-Schlappe konnte der Trainer von Fortuna Düsseldorf eindeutig an der Abwehrschwäche seiner Mannschaft festmachen. Thioune sprach im Nachgang aber nicht von einem kollektiven Versagen seiner Abwehr. Er hatte drei individuelle Fehler gesehen, die dem Gegner das Erzielen der Tore sehr leicht gemacht hatten. Steht Fortunas Coach mit dieser Meinung alleine? Warum passieren diese Fehler in einer Mannschaft, die gerade im defensiven Bereich kaum verändert worden ist? Was passt im Abwehrverhalten nicht?

Die Zahlen sprechen im Vergleich zur vergangenen Saison und zum Saisonstart eine deutliche Sprache. Nur noch neun Tore darf die Fortuna kassieren, um mindestens die gleiche Zahl an Gegentoren zu notieren, wie sie die Düsseldorfer mit 32 Einschlägen im vergangenen Spieljahr zugelassen hatten. Nach ersten neun Partien in dieser Saison hatte Florian Kastenmeier nur sieben Mal hinter sich greifen müssen und konnte vier Mal ohne Gegentor bleiben. In den den darauffolgenden acht Spielen kassierte Fortunas Keeper dann 16 Treffer und konnte sich nur in zwei Spielen (0:3 in Regensburg und 5:0 gegen Braunschweig) über eine weiße Weste freuen.

Daniel Thioune will mehr Balance und größere Konstanz von seinem Team sehen

So war es keine Überraschung, dass sich Daniel Thioune in der Wintervorbereitung neben größerer Konstanz während der Spiele und der gesamten Runde sowie mehr offensive Durchschlagskraft auch um eine bessere defensive Abstimmung kümmern will. Eine gute Gelegenheit dazu bot das Testspiel gegen Feyenoord Rotterdam am Montag in Marbella. Die Abwehr hielt in diesem Spiel mit der zuvor geplanten 30 minütigen Verlängerung 108 Minuten die Null gegen den offensivstarken Teilnehmer der Champions League. Kastenmeier, der wieder eine sehr gute Leistung zeigte, musste nur einen gut geschossenen Strafstoß der Niederländer nach einem Foul von Fortunas Kapitän Andre Hoffmann zur 0:1-Niederlage passieren lassen.

In diesem Spiel hatte sich der Trainer erneut für eine Taktik mit einer Dreierkette entschieden. Das funktionierte mit den guten Paraden des eigenen Torhüters auch ganz gut. Allerdings litt unter der stark auf die Defensive konzentrierten Spielweise die Performance in der Offensive, wo die Fortuna gegen den niederländischen Erstligisten kaum etwas zustande brachte. Diese vom Trainer geforderte Balance war bei Fortuna auch zuletzt nicht mehr zu erkennen gewesen. Und genau da liegt das Problem des Zweitligisten. Setzt die Mannschaft auf ein kontrolliertes Spiel in der eigenen Hälfte mit wenig Risiko im Spielaufbau, funktioniert das System. Agiert das Team allerdings dann mehr (und teilweise undisziplinierter) nach vorne, ist die Stabilität in der eigenen Abwehr gefährdet. Und wenn dann mit noch mehr Risiko der Weg nach vorne gesucht wird, kommt es vermehrt zu torgefährlichen Kontern, die wie gegen Magdeburg heftig ins Auge gehen können.

Die Restverteidigung oder besser gesagt, die Konterabsicherung ist das große Thema, das neben der eigenen Offensivschwäche im Trainingslager im Mittelpunkt stehen muss. Dass Gegner so einfach zu Toren kommen können, darf nicht mehr möglich sein. Dazu muss vor allem das Verhalten der Sechser in Verbindung mit der Abwehrkette deutlich besser abgestimmt sein. Oft genug war plötzlich Giovanni Haag der letzte Mann und wusste sich aufgrund seiner Geschwindigkeits-Nachteile gegenüber den Stürmern des jeweiligen Gegners nicht mehr zu helfen, um ein Tor zu verhindern. Dass zudem beispielsweise dann die Magdeburger in Überzahl kontern konnten und keine Probleme hatten, diese Umschaltsituationen zu ihren Gunsten zu nutzen, kam auch nicht mehr überraschend.

Fortuna hat genügend Erfahrung, um besser auf Stresssituationen reagieren zu können

Eine möglichst klare Festlegung auf ein Abwehrsystem, damit sich in der Defensive die Automatismen einspielen, wäre für die Fortuna sehr hilfreich. Und nicht nur das: Daniel Thioune muss möglichst schnell eine erste Elf finden, die die Abläufe ganz automatisch aus dem Training im Spiel reproduzieren kann. Die ständigen Personalwechsel auf den Positionen im defensiven Bereich (Sechser und Außenverteidiger) haben der Mannschaft nicht gutgetan. Allerdings müssen auch alle anderen Spieler so funktionieren, dass sie nicht nur offensiv denken, sondern ihre Abwehrspieler - auch schon in der ersten Pressing-Linie - entsprechend unterstützen.

Sehr hilfreich wäre zudem, wenn das Thioune-Team endlich die überraschend großen Probleme bei eigenem Ballbesitz abstellen könnte. Immer wieder kam es im Verlauf der Hinrunde vor, dass der Gegner nach Fortuna-Fehlpässen oder Ballverlusten auf eine ungeordnete Abwehr traf und dann diese vor große Probleme stellte. Fall der eigene Abschluss vorne nicht funktioniert hat, muss klar sein, dass die Fortuna schnell wieder genügend Spieler hinter dem Ball hat. Das geht dann leichter, wenn es in der Offensive dann auch zu einem Torschuss gekommen ist und der Ball nicht schon im Mittelfeld verloren geht.

Daniel Thioune hat seine Mannschaft vielfach für Resilienz und Moral in der Schlussphase der Spiele gelobt. Doch oft genug gab es auch die Gefahr, dass dem Trainer in den letzten Minuten neue graue Haare sprießen, weil seine Spieler die Konzentration komplett verloren und dann noch mehr als ein Gegentor kassierten hatten, wie zum Beispiel gegen den HSV beim 0:3. Will die Fortuna noch ein ernsthafter Aufstiegsanwärter werden, muss die Mannschaft reifer auftreten und darf sich nicht mehr so anfällig zeigen. Im Team steckt genügend Erfahrung, dass sich diese Forderung auch erfüllen ließe.