Düsseldorf. Tabellenführung lässt sich nicht allein auf Glück zurückführen - trotzdem ist spielerisch noch einige Luft nach oben vorhanden

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: vier Siege in den vier bisherigen Auswärtsspielen der neuen Saison. Fortuna Düsseldorf ist 21 Spiele in der 2. Fußall-Bundesliga ungeschlagen. In sieben Partien nur vier Gegentreffer zu kassieren, ist ebenfalls bemerkenswert. Dass auch das Spielglück eine Rolle im bisherigen Saisonverlauf durchaus eine Rolle gespielt hat, lässt sich nicht verleugnen. Aber Zufall ist die derzeitige Tabellenführung der Diva vom Rhein sicherlich nicht.

Defensivstärke und Konstanz: Wer seit Februar die letzte Niederlage hingenommen hat, kann keine Probleme mehr mit der Konstanz haben. Seitdem Daniel Thioune nach der desaströsen Abwehrleistung bei der 3:4-Niederlage in Paderborn damals das Konzept verändert hat und auf eine deutlich kompaktere Spielweise seiner Mannschaft setzt, ist die Zahl der Gegentore deutlich zurückgegangen. Seit diesem 20. Spieltag 2023/24 hat die Fortuna in 21 Spielen 15 Gegentore hinnehmen müssen. Das ist im Schnitt weniger als ein Treffer pro Begegnung. Hätte es nicht den totalen psychischen Aussetzer in der Relegation gegeben, wäre der Weg in die Bundesliga nur logisch erschienen.

Psychische Stärke: Falls ein Fußball-Experte unmittelbar nach diesem Aus in der Relegation gefragt worden wäre, welche psychischen und sportlichen Auswirkungen dieses Scheitern im ultimativen Aufstiegskampf für eine Mannschaft haben würde, hätte es wohl kaum eine andere Antwort gegeben: „Davon muss sich eine Mannschaft, die in großen Teilen zusammengeblieben ist, der Verein und die Fans erst einmal erholen und den Rucksack abwerfen.“ Dass es der Fortuna in der spielfreien Zeit gelungen ist, so viele Kräfte zu sammeln, gegen die Enttäuschung anzukämpfen und einen großen Trotz mit dem Gefühl „Jetzt erst recht“ zu entwickeln, war so, wie sich jetzt alles darstellt, nicht zu erwarten.

Zusammenhalt: Der Trainer hat es vorgelebt, hat zwar seiner Enttäuschung nach dem verpassten Aufstieg Luft gemacht, aber auch deutlich gemacht, dass dieses besondere Erlebnis eine Mannschaft ganz eng zusammenwachsen lassen. Das hat sich tatsächlich so gezeigt, als die Mannschaft ohne große Neuverpflichtungen als Einheit die ersten Zähler in der neuen Saison geholt hat. Und der Jubel nach dem späten Ausgleich gegen den 1. FC Köln hat bewiesen, dass das Kollektiv nicht nur bei der Defensivarbeit den großen Trumpf für die Fortuna darstellt.

Die Effektivität: Der 1. FC Köln hat 154 Torschüsse abgegeben und 18 Tore erzielt, die Fortuna traf mit 98 Schüssen elf Mal ins gegnerische Tor. Damit hat Köln mit etwa jedem neunten Schuss in ebenso vielen Versuchen getroffen wie die Fortuna, die dafür allerdings wesentlich weniger Tore kassiert hat und damit deutlich effektiver auftritt, sich also deutlich besser belohnt als der rheinische Rivale. Die höhere Effektivität spiegelt sich auch in den knappen Ergebnissen wider. Fortuna siegte dreimal mit 2:1, einmal mit 1:0 und einmal mit 2:0, wobei das zweite Tor ebenfalls wie gegen Köln (2:2) oder jetzt in Fürth in der Schlussphase gefallen war.

Nur Glück? Wer mit dieser Konstanz punktet, dem kann nicht unterstellt werden, dass er nur vom Glück geküsst ist. In Fürth hätte die Entscheidung bei einer Großchance von Nicolas Gavory auch früher fallen können. Den Elfmeter kann man sogar vertreten, auch wenn ihn vielleicht nur zwei von zehn Unparteiischen gegeben hätten. Doch wer 21 Spiele nicht verliert, kann das nicht nur mit Glück schaffen. Es gab vielleicht glückliche Momente, die hat aber die Fortuna auch meist selbst erzwungen wie das Eigentor beim ersten Saisontreffer in Darmstadt oder das ständige Anrennen auf das Kölner Tor in der letzten Viertelstunde des Derbys. Bayer Leverkusen hat auch immer wieder bewiesen, dass der unerschütterliche Glaube an den Erfolg das Schicksal günstig stimmt, ein allein glücklicher Deutscher Meister war die Werkself sicherlich nicht.

Die Qualität im Team: Fortuna verfügt gerade in der Defensive über Profis, die zumindest in der 2. Liga zu den absolut besten Spielern zählen. Florian Kastenmeier ist im Tor eine Bank, Andre Hoffmann gehört mit seiner Erfahrung zu den absoluten Stützen im Team und hat wohl auch seine Verletzungsanfälligkeit nun besser im Griff. Und Tim Oberdorf scheint in seiner Entwicklung als Innenverteidiger noch immer nicht an seinem Limit angekommen zu sein, auch wenn ihm jetzt in Fürth ein bitterer Fehler unterlaufen ist. Zudem zählt auch Matthias Zimmermann - entweder auf der Sechs oder als Außenverteidiger - zu den Topspielern der Liga. Auch Andere spielen immer wieder abwechselnd eine wichtige Rolle, ohne allerdings so bedeutend für den Erfolg zu sein, wie die vier genannten Kräfte. Mit Tim Rossmann, Jona Niemiec und auch noch Dennis Jastrzembski verfügen die Düsseldorfer außerdem über Spieler, die zu den schnellsten im Ligavergleich zählen. Auch das Tempo ist eine Waffe für den Trainer, die er gerne noch gezielter einsetzen würde.

Die (Ersatz-)Bank: Es ist ein großer Vorteil, in der Crunch-Time eines Spiels neue Kräfte auf den Rasen bringen zu können. Daniel Thioune hat als Trainer den Vorteil, auf der Bank Spieler sitzen zu haben, die ein wesentlicher Faktor sein können, wenn sie ins Spiel kommen. Emma Iyoha und Vincent Vermeij haben das bei der Vorbereitung des Siegtores/Elfmeters in Fürth bewiesen. Aber auch andere Spieler haben immer wieder in den vergangenen Monaten gezeigt, dass die Qualität der eingewechselten Spieler sehr hoch ist. So wird den Fortunen vom Trainer auch immer wieder vermittelt, wie wichtig nicht nur die erste Elf ist, sondern jeder einzelne Spieler im Kader. Der Konkurrenzkampf ist groß, aber aktuell immer fair und zielgerichtet.

Fazit: Irgendwann wird auch bei Fortuna die Serie der Spiele ohne Niederlage reißen. Aber es sollte wohl nicht gänzlich ausgeschlossen sein, dass das Team von Daniel Thioune auch in diesem Jahr ein Wörtchen im Aufstiegskampf mitreden wird - so lange es von größeren Verletzungsproblemen diesmal verschont bleibt.