Düsseldorf. Verletzungen sind nicht immer zu vermeiden, selbst geschaffene Probleme sollten sich jedoch beim Zweitligisten nicht wiederholen
Fortuna Düsseldorf ist in der Relegation gescheitert und hat den Aufstieg in die Bundesliga äußerst knapp verpasst. Um es in diesem Jahr besser zu machen, muss zunächst einmal die Erinnerung an Scheitern und Enttäuschung aus den Köpfen der Spieler und des Trainerteams. Doch andere Probleme, die sich im Laufe der vergangenen Saison ergeben haben, leisteten auch einen Beitrag dazu, dass sich der Traditionsverein nicht schon vorzeitig einen der beiden ersten Plätze und damit den Aufstieg sichern konnte. Die Dinge sollten sich in diesem Jahr nicht wiederholen, um die Chancen zu wahren, bis zum Ende oben dran zu bleiben und das zu schaffen, was in der vergangenen Saison nicht funktioniert hat.
Kaderzusammenstellung: Im Nachhinein loben sich die Verantwortlichen der Fortuna dafür, dass ein kleiner Kader dafür gesorgt hat, dass die Spieler ein so großartiges Teamgefühl entwickeln konnten. Doch durch die späte Vervollständigung des Kaders mit drei Leihspielern zu Beginn der Rückrunde mussten Schwächen überdeckt werden, die sich durch den (zu) kleinen Kader zuvor immer wieder ergeben hatten. Viel zu spät hatte Fortunas Trainer eine ausreichende Basis an Spielern, um Ausfälle zu kompensieren. Allerdings gelang es nicht, einen treffsicheren Stürmer zu verpflichten. Und das muss auch die Priorität für die kommende Saison sein, mindestens einen Innenstürmer zu holen, der nicht nur einen Konkurrenzkampf mit Vincent Vermeij auslöst, sondern auch durch seine Qualität eine gewisse Torzahl garantiert. Es ist nicht leicht, solche Spieler zu finden, aber in diesem Bereich kann mehr Geld ausgegeben werden, weil Abwehr und Mittelfeld gut besetzt erscheinen. Gleich in der ersten Trainingswoche hat sich Vermeij verletzt, muss aufs Trainingslager verzichten, und ihm wird ein Teil der wichtigen Vorbereitung fehlen.
Torwart-Problematik: Paradoxerweise ist es bei Fortuna so, dass sich Spieler verletzen, auf deren Positionen gerade Mangel herrscht. So war es bei den Innenverteidigern im vergangenen Jahr, so ist es nun bei den Innenstürmern und die Gefahr besteht, dass sich auch Florian Kastenmeier als einziger Keeper im Profikader verletzten könnte. Doch der sportlichen Leistung ist es bisher nicht gelungen, einen zweiten oder dritten Torhüter zu verpflichten. Das ist ein Spiel mit dem Feuer angesichts der insgesamt kurzen Vorbereitungszeit. Klaus Allofs verwies auf den späteren Trainingsstart der Erstligisten. Doch eigentlich kann der Sportvorstand nicht ernsthaft glauben, dass man zumindest einen dritten Torhüter auch dann kurz vor Transferschluss noch verpflichten sollte. Während man sich bei der Nummer 2 ruhig Zeit lassen kann, sollte doch ein (jüngerer oder erfahrener) Keeper gefunden werden können, der im Notfall und für die Vorbereitung zur Verfügung steht.
Kaufoptionen: Fortuna fehlt ein gut gefüllter Geldspeicher. Spieler werden daher meist ablösefrei verpflichtet und auf deren weitere Entwicklungen gesetzt. Das hat sich in vielen Fällen bewährt. Spieler konnten mit Gewinn weiterverkauft werden. Das geht nicht bei Ausleihen ohne Kaufoptionen. Fortuna benötigt Werte, um nicht im nächsten Jahr dazustehen und viele Abgänge hinnehmen zu müssen, ohne dafür Ablösen zu erzielen. Zum einen sollten wichtige Spieler längerfristige Verträge erhalten, falls das finanziell darstellbar ist. Zum anderen ist es elementar wichtig, Spieler mit Kaufoptionen auszuleihen. Damit hat der Verein bei Christos Tzolis und Isak Johannesson zuletzt sehr gute Erfahrungen gemacht. Dass dies bei einem Spieler wie Noah Mbamba nicht möglich war, ist angesichts der Hoffnungen, die die Leverkusener in ihn für die Zukunft setzen, allerdings verständlich.
Verletzungsprobleme: Natürlich hingen die großen Verletzungsprobleme auch mit der geringen Kadertiefe zusammen. Wichtige Kräfte konnten nicht adäquat ersetzt werden und Spieler mussten wieder spielen, ohne dass sie vollständig fit waren. Mit einem größeren Kader wäre das wohl zu vermeiden. Allerdings muss auch bei der Prävention von Verletzungen das Fitness-Konzept unter die Lupe genommen und gegebenenfalls überarbeitet werden. Die Vielzahl an Muskelverletzungen und muskulären Problemen sollte Fitnesstrainer Andreas Groß ebenso zum Nachdenken bringen wie die medizinische Abteilung und die Physiotherapeuten. Dass bis zu sieben Spieler gleichzeitig das Lazarett füllten, sollte sich nicht wiederholen.
Transfergerüchte und Finanzprobleme: Trainer Daniel Thioune erklärte, dass alles von außen kommende die Mannschaft kalt lässt. Doch immer wieder aufkommende Transfergerüchte und -meldungen sorgten für eine gewisse Unruhe. Allein das Wechsel-Theater um Ao Tanaka begleitete die Mannschaft durch die komplette Saison. In diesen Fällen muss sich die sportliche Leitung noch klarer äußern, als sie es bisher getan hat, um solche Themen tatsächlich von der Mannschaft fernzuhalten. Das gilt ebenso für die Finanzprobleme des Vereins, die ständig auch in Verbindung mit „Fortuna für alle“ ein immer wieder heiß diskutiertes Thema waren. Auch hier wünscht man sich im Umfeld eine klarere Kommunikation, um die Gerüchte- und Legendenbildung zu unterbinden und die Mannschaft damit nicht negativ zu beeinflussen.
Taktikveränderungen: Die taktische Ausrichtung hängt natürlich von den Spielern ab, die dem Trainer zur Verfügung stehen. Es wäre also auch in dieser Hinsicht sehr hilfreich, dass Daniel Thioune durch einen entsprechend großen Kader die Möglichkeit hat, mehrere taktische System einüben und spielen zu lassen. Erst in der Rückrunde, als ihm in der Defensive alle Spieler verletzungsfrei zur Verfügung standen, funktionierte es so gut, dass Fortuna das taktische System anpassen und in sechs Spielen fünfmal zu Null spielen konnte. Es wäre also hilfreich, bei diesem Konzept zu bleiben, um weiterhin diese Stabilität zu bewahren. Dabei könnte dem Trainer die eingespielte Mannschaft zudem sehr helfen.
Heimschwäche: Für eine Mannschaft, die aufsteigen möchte, sind drei Unentschieden und vier Niederlagen vor eigenem Publikum eine Hypothek, die auswärts dann nur schwer wieder ausgeglichen werden kann. Das ist Fortuna allerdings mit drei Remis und acht (!) Auswärtssiegen im vergangenen Spieljahr eigentlich sehr gut gelungen. Doch die Spieler wollen selbst die Arena wieder zu einer Festung machen und möglichst weniger Punkte im eigenen Wohnzimmer abgeben. Auch die Erinnerung an die Niederlage im Relegations-Rückspiel ist etwas, das sich die Mannschaft mit überzeugenden Leistungen in den Heimspielen unbedingt aus den Klamotten spielen möchte.