Hagen/Berlin. Bruch der Ampelkoalition sorgt dafür, dass sich Ex-Manager des 1. FC Union Berlin festlegen muss. Das sagt Ruhnert zu seiner Zukunft.

Nach fast zwei Jahrzehnten im Profifußball wechselt der Sauerländer Oliver Ruhnert in die Berufspolitik. Wie der 53-Jährige am Dienstag im Gespräch mit dieser Zeitung bestätigte, kandidiert er bei der für den 23. Februar geplanten Bundestagswahl für das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Mit der Entscheidung ist zunächst Ruhnerts Abschied vom Fußball-Bundesligisten 1. FC Union Berlin verbunden, zudem auch eine zuletzt thematisierte Rückkehr zum Fußball-Zweitligisten Schalke 04 vom Tisch.

„Es gab schwierige Entscheidungen für mich zu treffen, das betrifft insbesondere mein Verhältnis zum 1. FC Union, aber auch andere Möglichkeiten im Profifußball. Ich habe mir aber gesagt, wenn ich den Wechsel in die Bundespolitik jetzt nicht mache, dann brauche ich ihn gar nicht mehr zu machen, weil ich in vier Jahren zu alt bin“, sagte Ruhnert dieser Zeitung.

Sein Arbeitsverhältnis mit dem 1. FC Union sei ruhend gestellt, ab dem 31. Dezember und bis zur Bundestagswahl. „Wir haben das alles sehr vernünftig besprochen. Ein Verein soll überparteilich sein, deswegen finde ich es richtig, ab dem 1. Januar den Fokus auf die Bundestagswahl zu setzen. Nach dem 23. Februar schauen wir dann, was passiert“, so Ruhnert.

Ruhnert tritt in Berlin an - gegen Gysi?

Ruhnert, der aus Hüsten stammt, soll für das BSW allerdings im Bundestagswahlkampf nicht an seinem Wohnort Iserlohn oder in seinem Heimatbundesland Nordrhein-Westfalen antreten, sondern als Spitzenkandidat der Partei in Berlin. In der Hauptstadt kann sich Ruhnert im Wahlkampf als erfolgreicher (Ex-)Manager des im Ostberliner Stadtteil Köpenick ansässigen 1. FC Union Berlin präsentieren.

„Ich bin seit 2017 in Berlin. Es macht in unseren Augen am meisten Sinn, hier zu kandidieren, weil aus NRW drei Bundestagsabgeordnete des BSW kommen, die auch wieder kandidieren werden. Um sich nicht gegenseitig rauszunehmen, ist es wichtig, zu gucken, wer wo kandidiert“, sagte Ruhnert.

In welchem Wahlkreis er in Berlin kandidiere, sei noch offen. Denkbar wäre Treptow-Köpenick, dort würde Ruhnert allerdings gegen Gregor Gysi von der Linkspartei antreten, der wiederholt das Direktmandat geholt hatte. Möglich wäre auch eine Kandidatur in einem anderen Wahlbezirk, etwa Marzahn-Hellersdorf. Die Entscheidung soll am 8. Dezember auf dem Landespartei des BSW fallen, erklärte ein Partei-Sprecher.

Bei der NRW-Kommunalwahl im kommenden Jahr hält Ruhnert im Übrigen eine Kandidatur in Iserlohn für „denkbar. Ich bin Sauerländer durch und durch. Auch die Kommune ist mir sehr wichtig“, sagte Ruhnert.

Kandidat auf Schalke

Ruhnert engagiert sich seit Jahren in der Lokalpolitik. Seit 2007 war er Mitglied der Linkspartei, führte im Iserlohner Stadtrat die Fraktion. Anfang dieses Jahres schloss er sich jedoch dem neu gegründeten BSW an. Ursprünglich hatte er beabsichtigt, die Entscheidung über einen Wechsel in die Politik im Februar 2025 zu treffen, nach dem Ende der Wintertransferperiode im Profifußball, um bei seinem Arbeitgeber 1. FC Union Berlin ein bestelltes Feld für den Rest der Saison zu hinterlassen. Durch das vorzeitige Ende der Ampelkoalition in Berlin sah sich Ruhnert nun gezwungen, früher als geplant Fakten zu schaffen, da die Bundestagswahl nicht im September stattfindet, sondern bereits am 23. Februar abgehalten werden soll.

Ruhnert arbeitete sechs Jahre lang als Geschäftsführer Profifußball des Bundesligisten 1. FC Union Berlin. Mit den „Eisernen“ stieg er im Frühjahr 2019 in die Bundesliga auf, sicherte in den folgenden Spielzeiten nicht nur den Klassenerhalt, sondern erreichte dreimal den Europapokal, darunter einmal die Champions League. Im Sommer wechselte er „auf eigenen Wunsch“ klubintern vom Posten des Managers zurück auf den des Chefscouts, den er bereits in der Saison 2017/2018 bekleidet hatte. Zuvor war Ruhnert fast zehn Jahre als Scout, Nachwuchs-Trainer und Direktor der „Knappenschmiede“ (Nachwuchsabteilung) für den FC Schalke 04 tätig. Nach Informationen dieser Zeitung war Ruhnert zuletzt ein Kandidat beim kriselnden Zweitligisten für den Posten des Sportvorstands. Obwohl Schalke sein Herzensklub ist, entschied sich Ruhnert nun für den Wechsel in die Bundespolitik.

„Ich liebe Fußball. Ich mag aber auch Politik sehr, und ich habe immer mehr das Gefühl, dass es jetzt einfach Leute braucht, die Quereinsteiger sind und die eine lange Historie in der Kommunalpolitik haben. Ich habe den Eindruck, auch politisch etwas bewirken zu können. Das, was wir im Bund beschließen, wirkt sich auf die Kommunen aus. Das aber wird seit Jahren von vielen in Berlin nicht mehr verstanden“, hatte Ruhnert bereits im August im Interview mit dieser Zeitung erklärt.

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