Paris. Wie man in Paris vom unsportlichen Reporter plötzlich zu einem potenziellen Gymnastikakrobaten werden kann. Eine Olympia-Kolumne.
Olympia ist in Paris überall, man entdeckt die fünf Ringe an jeder Straßenecke. Ich trage sie zudem mit mir herum. Zwei um die Augen und – sagen wir es wohlwollend – zweieinhalb in der Mitte des Körpers. Allerdings stehen die Chancen gut, dass sie dort bis zum Ende der Spiele nicht mehr sein werden. Dazu später mehr.
Der unruhige Schlaf treibt mich morgens früh ans Texten. Man will tagsüber ja noch etwas vom olympischen Flair erleben. Manchmal jedoch fallen einem die richtigen Worte ebenso wenig ein wie die Augen vorher zu. Wieso denke ich gerade an Thermoskanne und Fußcreme? Der Blick wandert hilfesuchend durchs Appartment-Wohnzimmer. Hing das Bild gestern schon an der Wand?
Olympia 2024: Testeschreiben als Frühsport
Als die Löschtaste schon arge Gebrauchsspuren aufweist, kommt endlich eine Idee. Im Nu aber trägt der Schall sie fort. Die Wände und Böden im Hotel sind dünn. Die Türen müssen aus Eiffelturm-Stahl gemacht sein, so einen infernalischen Lärm machen sie, wenn sie ins Schloss fallen. Kaum leiser sind die ständigen Hustattacken eine Etage tiefer. Hat sich der Bölker unter meinem Tisch versteckt? Mein Gegenangriff: Im Fernsehen läuft die Wiederholung eines Fußballspiels. Für jedes Husten drehe ich den Lautstärkeregler höher. Nimm das! Eine Stunde später geht’s runter zum Frühstück. Der Fahrstuhl hält nach einer Etage, herein tritt ein Kollege. „Auch gehört? Welcher Idiot hat den Fernseher so laut gestellt? Ich wollte schon schreiben.“ Als ich mir Worte der Entschuldigung einfallen lasse, fängt der Kollege stark an zu husten…
Aber so schnell laufen wir uns wohl nicht wieder über den Weg. Der Fahrstuhl hat den Dienst quittiert, jeder Gang will nun durchdacht sein. Denn mein Appartement liegt 149 Stufen hoch in der neunten Etage. Immerhin schrumpft der zweieinhalbte Ring schon zart vor sich hin. Ich schätze, am Ende der Spiele gehe ich mal zur Rhythmischen Sportgymnastik.