Paris/Lille. Die deutschen Basketballer wollen es nicht unter Platz drei machen. Ihre Aussichten darauf sind deutlich besser als die der Damen.

Am Freitagmittag waren die deutschen Basketballer bereits an ihrem Sehnsuchtsort eingetroffen: dem Olympischen Dorf. Es blieb ein kurzes Vergnügen, schon am frühen Abend ging es mit der Athletendelegation weiter aufs Schiff, das zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris über die Seine fuhr.

Und dann? Nichts wie ab in den Bus, um tief nachts zurück nach Lille zu reisen, wo der Weltmeister an diesem Sonnabend (13.30 Uhr) zum Turnierauftakt gegen Japan keinen Schiffbruch erleiden möchte und im Übrigen auch nicht sollte. Denn es gilt weitere Sehnsüchte zu stillen. Die der Rückkehr ins Olympische Dorf, da erst die Endrunde in Paris ausgetragen wird, vor allem aber die nach der nächsten Medaille.

Basketball: Weltmeister Deutschland startet ins olympische Turnier

Der Hunger danach ist nach EM-Bronze 2022 und der Krönung im vergangenen Spätsommer nicht gestillt. „Wir haben einen Drei-Jahres-Plan, nach dem wir jedes Jahr eine Medaille holen wollen. Wenn ich richtig rechne, befinden wir uns jetzt im letzten und haben erst zwei Plaketten geholt“, sagt Bundestrainer Gordon Herbert, offenbar auch ein talentierter Mathematiker. Die Rechenspielchen und im Basketball stets bemühten Statistiken kommen jedoch zu einem anderen Ergebnis.

Die Zukunft von Bundestrainer Gordon Herbert (65) ist rechtzeitig vor Olympia-Beginn geklärt: Er wird nach den Spielen erwartungsgemäß Coach beim Deutschen Meister FC Bayern München.
Die Zukunft von Bundestrainer Gordon Herbert (65) ist rechtzeitig vor Olympia-Beginn geklärt: Er wird nach den Spielen erwartungsgemäß Coach beim Deutschen Meister FC Bayern München. © Imago | Tilo Wiedensohler

Als Weltmeister nicht erster Anwärter auf Edelmetall zu sein, mag etwas skurril anmuten. Auf dem Papier sind die im Vergleich zur WM definitiv mit einem Dreamteam anstatt einer B-Mannschaft teilnehmenden USA der haushohe Favorit, aber auch Vizeweltmeister Serbien, Gastgeber Frankreich und die hochtalentierten Kanadier werden stärker eingeschätzt als Deutschland.

Fahnenträger Dennis Schröder: Von der Eröffnungsfeier auf den Court

Das alles ist vor allem eines: herzlich egal. Schon die knappe 88:92-Niederlage im Test am Montag gegen die USA zeigt, wie wenig auf die Reißfestigkeit von Papier zu geben ist. Am Freitagabend tauschte Kapitän Dennis Schröder die ihm für Fotozwecke bereits zuvor überreichte Papierfahne dann auch noch gegen die große Deutschland-Flagge, die er gemeinsam mit Judoka Anna-Maria Wagner schwenken durfte.

„Dass Dennis die Fahne tragen darf, ist nochmal was extra Besonderes“, sagte Andreas Obst vom FC Bayern München, der angesichts seiner Treffsicherheit auch beim Sport- und Bogenschießen mühelos olympisch sein könnte. Den Reisestress wollte der gebürtige Hallenser nicht zu hoch hängen: „Das wird nicht ohne sein, aber wir alle sind es irgendwie gewohnt, am Tag vorm Spiel ein bisschen zu reisen.“

Deutsche Basketballerinnen erstmalig für Olympia qualifiziert

Eine Jagdreise dürfte Deutschland auch Außenseiter Japan verpassen. Brasilien (30. Juli) als zweiter Kontrahent hat es mehr in sich, die richtige Herausforderung wartet aber erst zum Gruppenabschluss gegen Frankreich (2. August).

Satou Sabally (26/r.), hier gegen die US-Amerikanerin Alyssa Thomas (32), ist der Superstar der deutschen Basketballerinnen.
Satou Sabally (26/r.), hier gegen die US-Amerikanerin Alyssa Thomas (32), ist der Superstar der deutschen Basketballerinnen. © Getty Images | Paul Harding

Stichwort herausfordernd: Dieses Adjektiv dürfte für das, was die deutschen Damen erwartet, fast noch untertrieben sein. Das Beste daran: Auch ihnen ist das ausgesprochen schnuppe. Dem Team der wie Herbert kanadischen Bundestrainerin Lisa Thomaidis ist erstmals überhaupt die Olympia-Qualifikation gelungen.

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Gegen Europameister Belgien (29. Juli), Tokio-Silbermedaillist Japan (1. August) und Abo-Olympiasieger USA (4. August) sind die Chancen aufs Viertelfinale minimal. Das kitzelt den aus Berlin stammenden WNBA-Star Satou Sabally nur umso mehr. „So klischeehaft das klingt, wir schauen von Spiel zu Spiel. Unser Ziel ist aber ganz klar die Endrunde.“ Und der Einzug ins Olympische Dorf.