Düsseldorf. Belgien hat eine enttäuschende EM erlebt. Die Medien zweifeln an der Taktik von Domenico Tedesco. De Bruyne macht wohl weiter.

Domenico Tedesco trug ein Sakko, darunter ein schlichtes Shirt, weiße Turnschuhe wärmten seine Füße. Und auf den ersten Blick wirkte er nicht wie einer, der gerade eine große Enttäuschung erlebt hatte. Man musste dafür schon in die Augen des 38-Jährigen schauen, müde wirkten diese Augen, abgekämpft, als er im Düsseldorfer Stadion das Achtelfinal-Aus seiner Belgier gegen Frankreich erklären sollte. „Wir sind zu enttäuscht, um in Details zu gehen“, sagte der Deutsch-Italiener. „Wir werden es analysieren, dann werden wir in ein paar Wochen weitersehen.“

Die Kritik an Tedesco wird lauter, weil seine Auswahl bei der 0:1-Niederlage gegen einen der Titelfavoriten seltsam gehemmt wirkte, sich weit zurückzog. So sollte die begnadete französische Offensive gestoppt werden, aber es schien auch so, als würden sich die Belgier durch diese Spielweise selbst Ketten anlegen. Eigentlich verfügt Tedescos Kader über herausragende Persönlichkeiten, allen voran Kevin De Bruyne, einen der besten Fußballer der Welt. Da sie alle aber vor allem mit dem Verteidigen beschäftigt waren, schafften sie es zu selten, selbst nach vorne zu rennen.

Kevin De Bruyne bleibt wohl ein Teil von Tedescos Kader

„Natürlich verstehe ich, dass die Leute uns mit Volldampf nach vorne stürmen sehen wollen. Aber okay, das war der Plan des Trainers und des Teams. Und ich denke, wir haben den Plan ziemlich gut befolgt“, meinte De Bruyne, 33. Der Mittelfeldstratege von Manchester City ließ offen, ob er ein Teil der belgischen Elf bleiben wolle, sagte: „Ich muss das erst einmal verarbeiten.“ Ergänzte aber: „Ich möchte einfach so weitermachen wie bisher. Ich bin sehr zufrieden damit, wie ich mich nach dem verletzungsbedingten Jahr körperlich und geistig fühle.“

Dies klang nicht nach Rücktritt. Auch Domenico Tedesco betonte, wie wichtig De Bruyne für ihn sei. Erst im März hatte Tedesco seinen Vertrag als Nationaltrainer bis zum Jahr 2026 verlängert, dann findet die Weltmeisterschaft in Kanada, Mexiko und den USA statt. Bis dahin muss die belgische Elf mehr Ideen entwickeln, wie sie ihre eigentliche Offensivkraft nachhaltiger auf den Platz bringen kann. Stürmer Romelu Lukaku verhakte sich in der französischen Defensive. Jeremy Doku setzte sich bei seinen Dribblings zu selten durch. De Bruyne leitete zwei Chancen ein, hätte kurz vor Schluss selbst treffen können, aber auch ihm liegt viel mehr, im Ballbesitz zu sein, so wie er es von Manchester City kennt.

Domenico Tedesco: „Wenn wir gewinnen, ist alles top“

Fünf Torschüsse hatte Belgien am Ende. Nur. Aber man müsse auch auf die Qualität dieser Chancen schauen, entgegnete Tedesco. Es habe geklappt, das gefährliche Flügelspiel der französischen Auswahl zu hemmen. „Da kam nicht so viel, da haben wir schon andere Spiele gesehen. Es ist mühsam. Wenn wir gewinnen, ist alles top. Und die Chancen waren da.“

Ähnliche Diskussionen über seine Arbeit hat Domenico Tedesco schon auf Schalke und bei RB Leipzig erlebt. Auch dort glückte der Start, auch dort fehlte es an der spielerischen Weiterentwicklung. In den belgischen Medien wird an den taktischen Überlegungen des Trainers gezweifelt, die Spieler hielten sich mit Kritik zurück. Es wird aber schwierig, nach dieser Enttäuschung wieder Aufbruchstimmung zu erzeugen.

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