Hamburg. Die Fan-Proteste gegen die Investorenpläne drohen zu eskalieren. Beim Zweitliga-Spiel HSV - Hannover drohte ein Spielabbruch wegen eines Plakats.
Das Zweitliga-Spiel zwischen dem Hamburger SV und Hannover 96 ist beim Stand von 2:3 in der 53. Minute unterbrochen worden. Im 96-Block war ein Doppelhalter zu sehen, auf dem das Konterfei von 96-Präsident Martin Kind im Fadenkreuz abgebildet waren. Schiedsrichter Sören Storks konnte das Spiel gemäß Stufenplan erst dann wieder freigeben, wenn die 96-Anhänger das Plakat herunternehmen. Das war nach rund 20 Minuten der Fall. Nach einer 30-minütigen Unterbrechung wurde die Partie fortgesetzt. Bei weiteren Aktionen drohte der Abbruch. Dazu kam es nicht mehr. Die Partie wurde beendet. Hannover gewann 4:3 in Hamburg. „Der Schiedsrichter hat gesagt, er geht jetzt raus, und wenn nochmal was passiert, bricht er ab“, berichtete HSV-Klubchef Jonas Boldt bei Sky über die Vorfälle nach der Pause.
Hannovers Trainer Stefan Leitl und die Mannschaft suchten zuvor den Dialog mit den Anhängern. Schon nach der Halbzeit gab es eine längere Unterbrechung, da Fans Fahrradketten aus Protest an ein Tor befestigt hatten. Diese mussten mit einer Flex entfernt werden. Erst danach wurde die zweite Hälfte angepfiffen. Zudem hatten die 96-Anhänger Spruchbänder mit den Aufschriften „CVC & Blackstone Marionetten des Sportwashings Saudi-Arabiens“, „Konsequentes Handeln bei personifizierten Gewaltandrohungen“ und „Spielunterbrechung jetzt“ gezeigt.
Sportchef von Hannover 96: Geht so nicht mehr weiter
Hannovers Sportdirektor Marcus Mann sagte: „Das ist ein Unding, darüber müssen wir nicht reden. Wir freuen uns über den Sieg, aber was zwischendrin passiert ist, ist natürlich unschön.“ Angesichts der deutschlandweit heftigen Proteste mahnte er bei Sky: „So, wie es im Moment ist, kann und darf es natürlich nicht weitergehen. Im Stadion droht dann auch irgendwann die Stimmung zu kippen. Für die Mannschaften ist es eine Katastrophe, sie werden kalt, müsse sich warmmachen und müssen wieder aufs Feld. Wir müssen da eine Lösung finden, das Thema muss man anpacken.“
Sportlich boten beide Mannschaften ein packendes Nordduell. Nicolo Tresoldi (11.), ein Eigentor von Guilherme Ramos (21.) und der Ex-Hamburger Louis Schaub (32.) brachten die Niedersachsen vor der Pause in Front. Laszlo Benes (24.) hatte mit seinem elften Saisontor kurzfristig den Anschlusstreffer erzielt. Der eingewechselte HSV-Verteidiger Dennis Hadzikadunic (47.) verkürzte in Hälfte zwei. Robert Glatzel (86.) schaffte den zwischenzeitlichen Ausgleich.
Hannover 96 schockt den HSV
In den letzten Minuten plus 16-minütiger Nachspielzeit mussten die Hamburger nach der Roten Karte für Benes (88.) in Unterzahl spielen. Das nutzte Sebastian Ernst zum umjubelten Siegtreffer der Gäste. Zu allem Überfluss für den HSV sah später noch Hadzikadunic die Gelb-Rote Karte.
Die Proteste gegen die DFL-Pläne ziehen sich nun schon über Wochen und wurden auch für dieses Wochenende in den deutschen Profiligen angekündigt. Das Fanbündnis „Unsere Kurve“ hatte dies betont. Grund ist der umstrittene Investorendeal der DFL, den die Fans strikt ablehnen. Auch das Bundesligaspiel zwischen dem BVB und dem SC Freiburg wurde am Freitagabend unterbrochen. „Ich bin mir sicher: An diesem Wochenende werden wieder Spiele unterbrochen werden, denn die DFL hat kein Angebot gemacht, das nur ansatzweise verhandlungswert wäre“, sagte Sprecher Thomas Kessen im Interview mit RTL/ntv.
Konflikt zwischen DFL und Fans spitzt sich zu
Es gebe „keinerlei erkennbare Vision, wohin sich der Deutsche Fußball entwickeln soll“, erklärte Kessen: „Nur, dass die DFL mehr Geld will.“ Kessen fordert einen Austausch. „Aber nur um sich zu unterhalten und Kaffee zu trinken, muss niemand nach Frankfurt reisen“, sagte er. Den Fans gehe es vor allem darum, dass die Abstimmung über einen Investoreneinstieg bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) wiederholt wird.
Als „pubertierendes Verhalten einer relativ kleinen Gruppe“, kanzelte Ex-Funktionär Wolfgang Holzhäuser die Fan-Proteste ab. Diese seien zwar legitim, „aber nicht die Art und Weise“, sagte der langjährige Geschäftsführer von Bayer Leverkusen im Gespräch mit dem Kölner Stadtanzeiger. Die „kleine“ Fangruppe versuche, „die schweigende Mehrheit zu majorisieren. Das ist nicht im Sinne der demokratischen Grundordnung, und damit habe ich ein Problem.“