Frankfurt. Die Proteste gegen den Investoreneinstieg reißen nicht ab. Der deutsche Profifußball hat offenbar ein Kommunikationsproblem.
Noch immer spannt sich der Frust der Fans durchs ganze Land. Die Sonntagsspiele der Fußball-Bundesliga in München und Mönchengladbach verband über 500 Kilometer Luftlinie dasselbe Spruchband: „Der deutsche Fußball bleibt Risikokapital“. Nach zwölfminütigem Protest verschwand zwar die Warnung in Großbuchstaben hinter den Toren, aber das Thema schwelt weiter. Teils flogen am Samstag in Stadien wie in Köln so viele Schokotaler auf den Rasen, dass sich die Profis am Aufsammeln beteiligten.
Eintracht-Boss zu Sorgen der Fans von Investoren: Gründet nicht auf Fakten
Axel Hellmann, Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt und Mitglied im DFL-Präsidium, sprach am Sonntagabend in der Sendung Sky90 von einer „großen Sorge, weil ich glaube, dass große Teile der zum Ausdruck kommenden Besorgnis der Fans sich nicht auf die Fakten gründen“. Er habe im eigenen Klub früh versucht „zu kommunizieren. Eigentlich reden wir nicht wirklich über den Investoreneinstieg.“ Sondern im Grunde würde nur ein Darlehen aufgenommen. Der Jurist gab zu, dass es an der Kommunikation hapert: „Das ist so schwer zu vermitteln, weil es in eine allgemeine Diskussion zum Thema Kommerzialisierung des Fußballs passt. Man kann nicht mehr sortieren, was ist gutes Geld und was ist böses Geld, das wir in den Fußball holen.“
Derzeit läuft vieles auf eine Konfrontation hinaus, der Hellmann mit einer „tieferen Diskussion“ begegnen möchte, denn: „Wie lange soll sich das noch fortsetzen? Das kann ja nicht die nächsten Jahre gehen. Das wäre für den Fußball fatal.“ Da fürchtet einer, dass sich der Protest wie Kaugummi durch die nächsten Spieltage zieht. Gerade der Frankfurter Funktionär weiß, wie wichtig eine lebendige Fankultur ist. Aus seiner Sicht hätte die Eintracht den DFB-Pokalsieg 2018 und den Europa-League-Triumph 2022 niemals ohne den Support der Fans errungen.
DFL vor Investorendeal: Zwei Interessenten bleiben
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Die neue DFL-Geschäftsführung mit Steffen Merkel und Marc Lenz ist bislang mit ihren Argumenten kaum an die Basis vorgedrungen, warum die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells einen erhöhten Kapitalbedarf erfordert. Auf dem Neujahrsempfang gaben beide wegen des Todes von Kay Bernstein aus nachvollziehbaren Gründen zwar keine öffentlichen Erklärungen ab, aber nur einen Tag später vermeldete die Liga, dass der Prozess mit zwei möglichen strategischen Vermarktungspartnern – Blackstone und CVC – auf die Zielgeraden gehe.
Eine Abfolge, die Misstrauen nährte. Zumal: Blackstone ist mit seinem Topmanager David Blitzer bereits beim FC Augsburg, CVC an den Ligen in Spanien und Frankreich beteiligt. Interessenskollisionen liegen auf der Hand, auch wenn die DFL erneut betonte, dass „weder neue Anstoßzeiten noch eine Ausweitung der Liga oder die Austragung von Pflichtspielen im Ausland“ angedacht seien.
Merkel und Lenz wollen die nächsten Wochen die Private-Equity-Partner durchleuchten, die für eine prozentuale Beteiligung an den TV-Erlösen für die nächsten 20 Jahre rund eine Milliarde Euro bieten. Vor dem endgültigen Abschluss braucht es noch eine Satzungsänderung auf einer noch nicht terminierten Mitgliederversammlung, für die ebenfalls eine Zweidrittelmehrheit der 36 Profivereine notwendig ist. Die DFL geht nach eigenem Bekunden davon aus, „dass Satzungsregeln eingehalten werden“ – und damit erneut 24 Klubs für die externe Finanzspritze stimmen.
Zoff zwischen DFL und Fans: Dialog gefordert
Hellmann hatte in seiner Zeit als Interims-Geschäftsführer im ersten Anlauf einen weitaus größeren Deal geplant, was bekanntlich nicht klappte. Kurios: Sein damals mit an die DFL-Spitze gerückter Kollege Oliver Leki (SC Freiburg) gehört inzwischen zu den Gegnern. Weil er spürt, was sich an Unmut zusammenbraut? Die Weigerung der Ultras des VfB Stuttgart, in Bochum eine die Fluchtwege blockierende Zaunfahne abzuhängen, könnte im Zusammenhang mit dem Fanprotest stehen. Es wäre nicht die erste Kraftprobe aus den Kurven.
Die überflüssige Überstunde im Revier hat offenbart, wie weit einige Anhänger gehen, wenn ihnen nicht weitreichende Zugeständnisse gemacht werden. Dass bei solchem Vorgehen viele Verlierer zurückbleiben, scheint ihnen egal. „Gegenwärtig kocht es extrem hoch“, hat Fanforscher Harald Lange beobachtet. Ihn irritiert „das Vorgehen der Klubbosse, denn sie zeigen deutlich, dass es kein gemeinschaftliches Verständnis von kultureller Verantwortung zur Zukunft des Fußballs gibt“. Hellmann empfahl, den Dialog mit der organsierten Fanszene unter einer Prämisse zu suchen: „Die Sorge über die Entwicklung des Fußballs berührt viele, aber es gibt natürlich Grenzen: Alles, was Richtung Gewalt geht, ist überhaupt nicht zu tolerieren.“