Gelsenkirchen. Die World Team Challenge begeistert zum 20. Mal die Biathlon-Fans auf Schalke. Das französisches Duo sorgt für ein Novum in der Arena.

Bei jedem Schuss vor der Südkurve brandet in der Arena auf Schalke lauter Jubel auf. „Hey, hey, hey“, schallte es durch das Stadion des FC Schalke 04. Allerdings begeisterten nicht die Stürmer des Zweitligisten das Publikum an diesem Donnerstagabend. Es waren die Biathletinnen und Biathleten, die zum 20. Mal zur World Team Challenge in und rund um die Arena antraten. Erstmals in der Geschichte verteidigte dabei ein Duo den Titel: Julia Simon und ihr Partner Fabien Claude waren wie im vergangenen Jahr treffsicher und laufstark wie kein anderes Team, eiskalt wie die Temperaturen in der Arena. „Das ist wahnsinn, das ist sensationell“, rief Stadionsprecher und Mitinitiator Herbert Fritzenwenger ins Mikrofon. Das Sieger-Duo freute sich über ein Preisgeld von 28.000 Euro. Für die Zweitplatzierten gab es 22.000 Euro, Rang drei brachte 20.000 Euro.

Den emotionalen Höhepunkt lieferte sich Roman Rees mit dem Slowenen Jakov Fak im Schlussspurt um Platz drei. Der deutsche hatte aber das Nachsehen und belegte mit Partnerin Janina Hettich-Walz Rang vier. Hanna Kebinger/Benedikt Doll (6.) hatten genauso das Nachsehen wie das zweitplatzierte Spitzenduo Ingrid Landmark Tandrevold/Sturla Holm Laegreid aus Norwegen.

Fabien Claude (l.) und Julia Simon aus Frankreich feiern ihren zweiten Sieg auf Schalke.
Fabien Claude (l.) und Julia Simon aus Frankreich feiern ihren zweiten Sieg auf Schalke. © dpa | David Inderlied

Gänzlich dem Wintersport überlassen wollten einige Fans des FC Schalke 04 „ihre“ Arena aber nicht. Unter die vielen Fans mit Deutschland-Fähnchen und Mützen, die nach Gelsenkirchen gekommen waren, mischten sich auch immer wieder Anhänger des S04 mit Schals und sogar Trikots. Und weil es auf Schalke ohnehin nicht gänzlich ohne Fußball geht, schossen vor der Osttribüne die besonders Sehnsüchtigen auf die aufgebaute Torwand. Zugegeben, viel erinnert auf dem Arena-Ring an diesem 28. Dezember nicht an Winter.

Zum 20. Mal Biathlon auf Schalke

Über das Berger-Feld in Gelsenkirchen peitschte bei elf Grad der Wind in Böen, es roch nach Glühwein. Im Hintergrund wummerten die Bässe, bekannte Aprés-Ski-Liedzeilen drangen ins Ohr. Olaf Henning sang seine größten Hits live in der Arena und wer im Hüttendorf unterwegs war, fühlte sich an ein Alpen-Dorf zur Winter-Zeit erinnert, wenn die Ski-Touristen nach einem Tag auf den Bergen zum Einkehrschwung in die Schirmbars pilgern. Und dann sah man ihn doch: den „Ruhrpott-Gletscher“, jene Erhebung auf Schalke, über die sich ein gut fünf Meter breites weißes Band zieht. Schnee.

Massenstart auf Schalke: die Biathletinnen und Biathleten.
Massenstart auf Schalke: die Biathletinnen und Biathleten. © Jürgen Fromme/firo Sportphoto | Jürgen Fromme

Zum 20. Mal fand die World-Team-Challenge im Biathlon in und rund um die Arena statt. Was vor 21 Jahren als „verrückte Idee“ des ehemaligen Schalke-Managers Rudi Assauer daherkam, ist inzwischen Tradition. Im Weltcup-Kalender ist das Rennen gesetzt. „Es ist einfach Gänsehaut pur. Die Lautstärke, dieser Hexenkessel – in so einer Intensität kennt man das aus dem Weltcup einfach nicht“, sagte die ehemalige deutsche Biathletin Vanessa Hinz kürzlich im Interview mit unserer Redaktion. Zur Wahrheit gehöre zwar auch, dass die Veranstalter ein gutes Startgeld zahlen, doch die Begeisterung der Aktiven war auch an diesem Donnerstagabend spürbar. Wenngleich die ganz große Spannung zumindest im Kampf um den Sieg nicht aufkam.

„Das ist kein Kirmes-Rennen, sondern richtig fordernd“, sagt Fritzenwenger während des Talente-Rennens am Nachmittag. Schon da war die Arena gut gefüllt und die Fans fieberten mit dem Nachwuchs mit. Wenn die Aktiven die Arena auf der 1,3 Kilometer langen Loipe verließen und ein paar Minuten später wieder über den kompakten weißen Untergrund hineinglitten, ertönte lauter Jubel. Bei den Profis war er ohrenbetäubend.

100 LKW-Ladungen Kunstschnee für die Loipe

In der Arena auf Schalke hatten die Helfer und Helferinnen in den vergangenen Tagen eine echte Winterlandschaft hingezaubert. Mehr als 100 LKW-Ladungen Kunstschnee, etwa 3000 bis 3500 Kubikmeter, wurden aus dem Alpenpark Neuss nach Gelsenkirchen gefahren, damit eine Langlauf-Loipe in und rund um das Stadion geschaffen werden konnte. Das warme Wetter und der Regen rund um die Weihnachtstage machte das Vorhaben zwar wieder einmal kompliziert, doch die Veranstalter haben es erneut geschafft, eine durchaus weltcup-taugliche Bahn hinzuzaubern. Einzig die geringe Breite führte an den beiden Anstiegen auf dem Bergerfeld zum Stop-an-Go, viel mehr Schnee war nicht da, viel mehr Platz allerdings auch nicht.

Der „Ruhrpott-Gletscher“ auf dem Bergerfeld vor der Schalker-Arena.
Der „Ruhrpott-Gletscher“ auf dem Bergerfeld vor der Schalker-Arena. © dpa | David Inderlied

In Zeiten des Klimawandels kritisierte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland daher die Veranstaltung. „Die Frage, ob man sich ein solches Spaßevent angesichts der Klimakrise leisten will, muss gestellt werden“, sagte Dirk Jansen, Geschäftsleiter des Bund in Nordrhein-Westfalen. Dem hält der FC Schalke 04 als Mitorganisator entgegen, dass man mit dem Alpenpark ein Nachhaltigkeitsprojekt habe. Der Schnee für das Event sei komplett ökologisch hergestellt worden, der Strom selbst erzeugt.

Den Fans auf Schalke war es an diesem Tag ohnehin weitgehend egal. Und die Sportler freuten sich über eine weitere Ausgabe, die Rees als gelungene Generalprobe für die kommenden Rennen in Oberhof bezeichnete.