Budapest. Die deutschen Diskuswerferinnen und Hochspringer Tobias Potye verpassen bei der WM die erhofften Medaillen. WM-Fluch setzt sich fort.

Die Luft in Budapest brannte, die Stimmung im Stadion Nemzeti Atlétikai Központ kochte. Es sollte der erste glänzende Abend für die deutsche Leichtathletik bei der Weltmeisterschaft werden, doch die Erwartungen verpufften wie ein Schluck Wasser auf den heißen Steinen der Stadt, die unter einer Hitzewelle leidet. Erst ging das Diskus-Trio um Kristin Pudenz leer aus, dann verpasste auch Hochspringer Tobias Potye (München) die Überraschung.

Nach den Absagen von Medaillenanwärterinnen wie Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo gehörten die deutschen Diskuswerferinnen zu den wenigen Hoffnungsträgerinnen. Doch obwohl alle drei deutschen Starterinnen – Pudenz, Shanice Craft und Claudine Vita – ins Finale eingezogen waren, schaffte es keine aufs Podium. Gold gewann überraschend die US-Amerikanerin Laulauga Tausaga, die mit ihrer Siegweite von 69,49 Meter ihre persönliche Bestleistung um rund vier Metern überbot. Damit verwies sie ihre Landsfrau und Topfavoritin Valarie Allman (69,23) auf Rang zwei. Bronze ging an die chinesische Titelverteidigerin Bin Feng (68,20). Kristin Pudenz wurde Sechste (65,96), über zwei Meter fehlten ihr zu Bronze. Damit geht der WM-Fluch der 30-Jährigen weiter.

Erfolge gerieten in den Hintergrund

Dass sie auf höchstem Niveau Medaillen gewinnen kann, hat Kristin Pudenz bereits bewiesen. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio holte sie Silber, ein Jahr später wurde sie in München Vizeeuropameisterin. Ihre Erfolge gerieten zuweilen etwas in den Hintergrund – überstrahlt von Gold-Gewinnerinnen wie Mihambo oder Sprint-Europameisterin Gina Lückenkemper.

Doch nun, da aussichtsreiche Medaillenanwärterinnen verletzungsbedingt fehlten, „rücken natürlich die, die dann jetzt Medaillenkandidaten sind, in den Fokus“, hatte Pudenz vor dem WM-Start erkannt. Und gewusst, dass sie, Shanice Craft und Claudine Vita dazu gehörten. Nach zwei elften Plätzen 2019 in Doha und 2022 in Eugene/Oregon sollte es für Pudenz endlich mit der WM-Medaille klappen. Doch wieder scheiterte sie – die Athletin des SC Potsdam hätte ihre persönliche Bestleistung (67,87) klar übertreffen müssen.

Auch für ihre Kolleginnen lief in Budapest nichts zusammen. Craft (30/Halle an der Saale) wurde Siebte, Vita (26/Neubrandenburg) verpasste gar den Endkampf der besten Acht und wurde Zehnte.

Fünfter Rang für Potye

Für eine Überraschung hätte Tobias Potye sorgen können. Der 28-Jährige war in dieser Saison schon persönliche Besthöhe von 2,34 Metern gesprungen – im Finale hätte er diese aber erneut überbieten müssen, um eine Medaille abzuräumen. Doch die notwendigen 2,36 Meter waren am Dienstagabend zu viel für ihn. 2,36 m seien "schon eine Hausnummer. Aber nach dem 33er war mir klar, dass ich das springen konnte", sagte Potye in der ARD, doch ganz reichte es eben nicht. Dennoch: "Ich bin stolz, dass ich das heute geschafft habe. Ich habe gewonnen in meinen Augen." Am Ende wurde der EM-Zweite vom vergangenen Jahr in München Fünfter. Den Sieg sicherte sich der italienische Hochsprung-Star und Olympiasieger Gianmarco Tamberi (2,36) vor dem höhengleichen US-Amerikaner JuVaughn Harrison. Titelverteidiger Mutaz Essa Barshim (2,33/Katar) gewann Bronze.

Überschwänglich und gesegnet mit großem Showtalent feierte Tambieri, der seinen Sport so leicht aussehen lässt, seinen Triumph mit dem jubelnden Publikum, das seinen Namen skandierte. Die deutschen Starterinnen und Starter waren bei den Feierlichkeiten einmal mehr außen vor. Der deutschen Leichtathletik droht nach dem schwachen WM-Ergebnis im vergangenen Jahr (einmal Gold, einmal Bronze) eine erneut düstere Bilanz.