Hemer/Düsseldorf. Ab August wird es bei Grohe, einem der führenden Hersteller von Bad-Armaturen, zu Kurzarbeit kommen. Die Hintergründe.

Die maue Baukonjunktur trifft nun auch einen Goliath der deutschen Sanitär- und Armaturenbranche: Grohe wird am Standort Hemer Kurzarbeit einführen. Start ist der 1. August.

Die geplante Dauer der Maßnahme ist je nach betroffenem Unternehmensbereich unterschiedlich, wie es aus gut unterrichteten Kreisen hieß. Zum Teil soll die Kurzarbeit bis Ende des Jahres anhalten. Vorgesehen ist etwa, dass an Freitagen die Produktion zurückgefahren wird. In Hemer sind nach Unternehmensangaben etwa 600 Menschen beschäftigt.

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An anderen Standorten hat Grohe bereits Kurzarbeit eingeführt. Weitere Werke betreibt Grohe im Schwarzwald und in Ostwestfalen. Dass Hemer erst jetzt betroffen ist, sei auf die hartnäckigen Verhandlungen des Betriebsrates zurückzuführen, heißt es. Dessen Vorsitzender Maik Horn wollte sich auf Anfrage dieser Zeitung nicht äußern. Ein Unternehmenssprecher bestätigte auf Anfrage, dass zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung eine entsprechende Rahmenbetriebsvereinbarung zur Kurzarbeit in der Produktion in Hemer abgeschlossen worden sei. „Um die finanziellen Auswirkungen auf unsere Belegschaft möglichst gering zu halten, haben wir als Teil dieser Vereinbarung ebenfalls eine freiwillige Aufzahlung von bis zu 20 Prozent auf das gesetzlich festgelegte Kurzarbeitergeld vereinbart“, so der Sprecher. Der genaue Umfang der Kurzarbeit werde derzeit noch festgelegt.

Auftragsvolumen in der Bauwirtschaft schrumpft

Hintergrund der Kurzarbeit ist die schwächelnde Baukonjunktur. Angesichts stark gestiegener Zinsen und einer Verunsicherung der Verbraucher durch Ukraine-Krieg und unklarer politischer Entscheidungen in Deutschland ist das Auftragsvolumen im Wohnungsbau im ersten Quartal dieses Jahres real um mehr als ein Drittel geschrumpft. Die Zeiten, in denen man vom Auftragsbestand gezehrt habe, neigten sich dem Ende zu, teilte der Zentralverband des Baugewerbes mit. Grohe profitierte während der Corona-Pandemie von dem Umstand, dass viele Wohnungseigentümer in ihre Badezimmer investierten, weil sie nicht in Urlaub fahren konnten. Dieser Boom ist nun vorbei.

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Offenbar übt aber auch der japanische Mutterkonzern Lixil zunehmend Druck auf Grohe aus. Die Lixil Group beschäftigt weltweit mehr als 50.000 Mitarbeitende und hat mehr als 230 Tochterunternehmen. Die Aktie hat innerhalb eines Jahres um rund 40 Prozent an Wert verloren und ist nicht mehr weit von ihrem Allzeittief entfernt. Grohe galt in den vergangenen erfolgreichen Jahren als zuverlässiger Gewinn-Lieferant, jetzt hat sich der Wind gedreht. Lixil hat zuletzt auf den internationalen Märkten den Umsatz gesteigert, der Gewinn ging allerdings zurück.

Besser als bei Grohe lief es zuletzt offenbar beim Konkurrenten Hansgrohe, der zwar einen ähnlichen Namen trägt, aber keine Verbindung mit dem Unternehmen aus dem Sauerland hat. Die Hansgrohe- Group steigerte im vergangenen Jahr Umsatz (plus 11,9 Prozent) und Gewinn (plus 4,8 Prozent) deutlich. Seit der Übernahme durch Lixil veröffentlicht Grohe keine eigenen Zahlen mehr.