Essen. Anja und Arnold Venhuizen haben sich im Urlaub auf Kreta kennengelernt – und fünf Jahre eine Fernbeziehung gemeistert. Ihre Tipps.
- Anja und Arnold Venhuizen haben sich in den 80ern im Urlaub auf Kreta kennengelernt.
- Danach haben sie fünf Jahre lang eine Fernbeziehung geführt. Das hat sie vor viele Herausforderungen gestellt.
- Was die beiden anderen Paaren raten.
Sie träumte von der großen Liebe. Er trennte sich, nach nicht mal vier Monaten. „Ich bin jedes Wochenende zu Anja nach Essen gefahren. Die Fernbeziehung war so stressig, dass ich selbst auf der Strecke geblieben bin“, erinnert sich Arnold Venhuizen. Heute, fast 40 Jahre später, sitzt Anja neben ihm auf dem Sofa und lacht.
Der Niederländer und die Essenerin haben sich Ende der 80er im Urlaub auf Kreta kennengelernt. Sie haben insgesamt fünf Jahre Fernbeziehung gemeistert, obwohl ihre Liebe schon nach wenigen Monaten vor dem Aus stand.
Jedes achte Paar in Deutschlanf führt eine Fernbeziehung
Rund jedes achte Paar in Deutschland führt Studien zufolge eine Fernbeziehung. Ob zeitlich, emotional oder finanziell: Sie alle stehen vor besonderen Herausforderungen. Besonders problematisch finden Paare laut einer Umfrage der Agentur Promio den fehlenden gemeinsamen Alltag und die ständige Sehnsucht. Anja (56) und Arnold (59) Venhuizens Geschichte zeigt, wie Liebe auf Distanz trotzdem gelingen kann.
Sommer 1988. Anja Venhuizen, damals gerade 20 Jahre alt, trug bunte Shorts, eine verwaschene Jeansjacke und Dauerwelle. Drei Wochen lang machte sie zusammen mit ihrer Freundin Urlaub auf Kreta. Dort sah sie auch Arnold zum ersten Mal. Tanzend. Auf einer Box in der Diskothek. „Das war schon ein lustiger Anblick“, sagt Anja Venhuizen.
Arnold Venhuizen war nach Kreta gekommen, um „ein Mädl nach dem anderen kennenzulernen.“ So hatten er und seine drei Freunde sich das jedenfalls zuhause in Utrecht ausgemalt. „Aber dann habe ich Anja gesehen und sofort gedacht: Das ist meine Prinzessin“, sagt er.
Den nächsten Morgen lief er am Strand auf und ab, um Anja wieder zu finden. „Man konnte ja nicht mal eben Nummern austauschen, Handys gab es ja nicht“, erzählt er. Zusammen mit ihren Freunden verbrachten sie den Tag am Meer. Abends holte er sie mit seinem Mofa vom Hotel ab. Sie fuhren erst ins Restaurant, dann zur Party.
In unserer Serie „So liebt das Ruhrgebiet“ stellen wir Menschen an Rhein und Ruhr vor, die eine besondere Liebesgeschichte haben, uns bewegen, inspirieren und Vorbild sein können. Weitere Texte finden Sie hier:
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So verstrichen die Urlaubstage – und Anja und Arnold verliebten sich jeden Tag ein bisschen mehr ineinander. „Es waren schon echte Gefühle da. Wir wussten, das ist mehr als ein Urlaubsflirt. Aber da war auch immer die Frage: Kann das auf Distanz funktionieren?“, sagt Anja.
Sie ist, das sagen beide noch heute, eindeutig die Pessimistin in der Beziehung. Arnold war sich hingegen schon damals sicher, dass ihre Liebe halten wird.
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Kaum war Anja zurück aus Kreta, stand er bei ihr in Essen vor der Haustür. Jedes Wochenende besuchte er sie von nun an. Viele Partys, viele Freunde, viele Kilometer auf der Autobahn. So viele, dass es Arnold nach vier Monaten zu viel wurde. Er trennte sich.
Mehr Freiheit als Vorteil einer Fernbeziehung
Kontaktabbruch. Bis zum Karneval in der Königsburg in Krefeld. Während die anderen Partygäste an der Theke Bier bestellten und in bunten Kostümen tanzten, saßen Arnold und Anja auf einer Treppe. Er erklärte ihr zum ersten Mal, dass er sich nur getrennt hatte, weil das ständige Pendeln zu viel war. Sie erzählte, dass sie nun ein Auto und eine eigene Wohnung habe. Beide waren sich einig: Sie vermissen sich und wollen es noch einmal versuchen.
Von nun an wechselten sie sich mit den Wochenend-Besuchen ab. Jeden Mittwochabend telefonierten sie. „Das haben wir fünf Jahre lang so gemacht. Es hat auch gut geklappt, weil die Belastung auf beiden Seiten lag und nicht mehr nur bei Arnold“, sagt Anja Venhuizen.
Die beiden konnten auch die Vorteile einer Fernbeziehung sehen: Unter der Woche konnte jeder seine Freiheit genießen, sich auf die Karriere konzentrieren. „Aber ich habe immer gesagt: Wenn man eine Fernbeziehung führt, muss es irgendwann einen Punkt geben, an dem man sich trifft. Also mussten wir uns nach fünf Jahren entscheiden: Wer zieht zu wem?“, sagt sie.
Da ihr der Abschied schwerer gefallen wäre, entschied sich Arnold, seine Heimat zu verlassen. Er fand einen Job in Essen, packte sein Auto bis oben hin voll, verabschiedete sich von seinen Eltern und den Freunden im Sportstudio. „Dann bin ich los gefahren und habe mich gefreut. Aber als ich das Ortsschild gesehen habe, musste ich plötzlich richtig anfangen zu weinen. Da bin ich erstmal mit dem Auto an die Seite gefahren.“
Heimweh hatte er seitdem nicht mehr, Essen wurde für ihn schnell zu einem Zuhause. Ein Jahr nach dem Umzug fragte er Anja, ob sie ihn heiraten wolle. Das war in Los Angeles. Für ihre Silberhochzeit flogen sie nach Mykonos, ihren 30. Hochzeitstag feiern sie in diesem Jahr in Lissabon. Reisen ist ihre große Leidenschaft. Zusammen mit den beiden Söhnen, die mittlerweile 28 und 24 Jahre alt sind, haben sie die Welt entdeckt.
„Wenn man Fernbeziehung geschafft hat, weiß man, dass es das Richtige ist“
Ein Ziel ist Anja und Arnold Venhuizen dabei besonders in Erinnerung geblieben: 30 Jahre, nachdem sie sich auf Kreta kennenlernten, machten sie wieder dort Urlaub. Den Club, in dem sie sich zum ersten Mal gesehen haben, gibt es nicht mehr. „Aber der Campingplatz, auf dem die Jungs geschlafen haben, hatte sich überhaupt nicht verändert. Sogar die orangefarbenen Stühle standen noch da“, erzählt Anja Venhuizen und zeigt auf ein Bild im Fotoalbum.
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Ein anderes Foto zeigt das Paar im Restaurant. Anja hält ein Weinglas in der Hand, Arnold hat den braungebrannten Arm über ihre Schulter gelegt. „Eine Fernbeziehung ist schon eine Belastung und eine harte Probe“, sagt er. „Aber wenn man das geschafft hat, weiß man, dass es das Richtige ist.“
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