Essen. Im Jahr 1963 lief der Sketch „Dinner for One“ erstmals im deutschen Fernsehen. Ein Jubiläum, das Silvester jetzt groß gefeiert wird.

Viele, die an diesem Abend des 8. März 1963 gegen halb zehn auf dem Sofa sitzen, verstehen kein Wort von dem, was da gerade aus dem neuen Fernseher tönt. Um die neue TV-Show „Guten Abend, Peter Frankenfeld“ zu sehen, haben sie eingeschaltet. Stattdessen sehen sie einen Butler, der dauernd stolpert, und eine alte Lady am Tisch, die beide Englisch reden. „Das Gespräch ist nicht wichtig“, hat Sprecher Heinz Piper den Zuschauern zuvor gesagt. „Es ist völlig ohne Belang.“ Mit Ausnahme eines kurzen Dialoges: „The same procedure as last year, Miss Sophie?” – „The same procedure as every year, James”. 1963 ist Freddie Frintons „Dinner for One“ erstmals im deutschen Fernsehen zu sehen. Im Frühjahr. Zum Silvesterkult aber wird es erst knapp zehn Jahre später.

Dinner for One: Peter Frankenfeld soll den Sketch entdeckt haben

Frankenfeld, heißt es oft, habe den mittlerweile legendären Sketch bei einem Besuch im englischen Blackpool entdeckt. Wahr ist, dass er Freddie Frinton und May Warden entdeckt hat, die die Nummer dort damals zum Besten geben. Der Sketch selbst ist alt, war in anderer Besetzung schon einmal in einer Evelyn Künneke-Show zu sehen gewesen, ohne groß in Erinnerung zu bleiben.

Frankenfeld ist begeistert von Frinton. Umgekehrt ist das nicht so. Der damals 52-Jährige will seinen Sketch nicht in fremder Sprache spielen, ja er will nicht mal nach Deutschland kommen. Zumindest die Reiselust wird mit Geld geweckt. Für den Auftritt vor dem überwiegend aus NDR-Bediensteten bestehenden Publikum im „Theater am Besenbinderhof“ kassiert der Schauspieler 4150 DM brutto. Tantiemen für Wiederholungen werden nicht vereinbart. „Das war damals nicht üblich“, heißt es beim Sender.

Bisher weit über 400 Ausstrahlungen im deutschen Fernsehen

Meistert alle Stolperfallen:  Freddie Frinton als Diener James
Meistert alle Stolperfallen: Freddie Frinton als Diener James © WDR/NDR/Annemarie Aldag _ WDR Kommunikation/Redaktion Bild | WDR/NDR/Annemarie Aldag

Der Erfolg des Sketches ist anfangs überschaubar. Aber die Nummer ist eine der ersten, die mit der neuen MAZ-Technik aufgezeichnet worden ist, und kann daher immer wieder gezeigt werden. Zunächst als „Pausenfüller“, 1972 erstmals auch zu Silvester. Seitdem ist er auf diversen ARD-Sendern mehr als 400 Mal gelaufen und hat dabei über Zuschauer in dreistelliger Millionenhöhe erreicht. Jedes Jahr kommen rund 20 weitere Ausstrahlungen hinzu.

Natürlich gibt es auch mal Ärger um das Dinner. 1997 moniert das Bundesamt für Naturschutz die Verwendung eines ausgestopften Tigers. Das sei „keine gute Anregung“ für den Umgang mit exotischen Arten. Und ein Schauspieler warnt: „Das Stück ist nicht gerade ein gutes Vorbild für die Jugend im Umgang mit berauschenden Getränken.“ Sein Name: Harald Juhnke.

Dinner For One: Weltweit ein Erfolg - nur in England nicht

Doch da gehört das 18-minütige Dinner für die Deutschen schon zu Silvester wie Bleigießen, Sekt und Neujahrsansprache. Nach und nach wird es in verschiedene Dialekte übertragen. In der hessischen Version stürzt Diener Rudi Äbbelwoi „un e Likörsche“ für die nicht erschienenen Gäste herunter, in der Ruhrgebietsfassung prostet Butler Jakob der „Omma Soffie“ und beim Dinner op Kölsch stehen Ralf Schmitz als Butler Ralph und Annette Frier als Frau Annette vor der Kamera.

Im Laufe der Zeit verkauft der NDR die Sendung in rund 20 Länder, darunter Südafrika, Polen und Norwegen. Nur in England wird nicht über das ungleiche Duo gelacht. Die Briten, glaubt Stefan Mayr in seinem Buch „Dinner for One von A-Z“, störe die Darstellung stark alkoholisierter Adliger wie Sir Toby. Und für den Bremer Kulturwissenschaftler Rainer Stollmann liegt die Ablehnung auf der Insel in der Herkunft von Freddie Frinton. Der Mann sei schließlich „vom Tingeltangel“ gekommen.

Frinton hat den großen Erfolg seines Sketches nicht mehr mitbekommen. Er stirbt 1968 nach einem Bühnenauftritt. Angestoßen hätte er auf den Ruhm ohnehin nicht. Er war nämlich Anti-Alkoholiker.

Am Ende geht es nach oben. Freddie Frinton als Diener James und May Warden als allein speisende alte Dame
Am Ende geht es nach oben. Freddie Frinton als Diener James und May Warden als allein speisende alte Dame © dpa | Annemarie Aldag

Fortsetzung soll Vorgeschichte erzählen

Das Jubiläum in diesem Jahr wird natürlich gefeiert. Nicht nur, dass der Original-Sketch wieder über nahezu alle öffentliche-rechtliche Sender flimmert. Nein, unter dem Titel „60 Jahre Dinner for One - Die Jubiläumsshow“ dreht sich am 31. Dezember um 20.15 Uhr in einer großen Show alles um den Silvester-Klassiker. Moderator Bernhard Hoëcker begrüßt Axel Prahl, Wigald Boning, Katrin Müller-Hohenstein und Jens Riewa, die in Erinnerungen schwelgen und sich durch die Geschichte der Kult-Sendung quizzen.

Damit nicht genug. Das „Diner for One“ soll auch weitere weiter erzählt werden. Geplant ist die Verfilmung der Vorgeschichte als sechsteilige Serie. Darin soll erklärt werden, wieso Miss Sophie überhaupt allein am Tisch sitzt und was aus den vier Heiratskandidaten Sir Toby, von Schneider, Winterbottom und Pommeroy geworden ist. Titel der Serie: „Dinner For Five“.

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