Essen. Sie sollten der Welt das neue Deutschland zeigen. Doch die Spiele 1972 gingen im Terror unter. So erlebte die Essener Redaktion das Attentat.

Zum zweiten Mal nach 1936 ist Deutschland 1972 Olympia-Gastgeber. Heitere Spiele in einem toleranten Land sollen es werden - ganz anders als die Propagandaspiele der Nationalsozialisten.

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Doch der Traum von heiteren Spielen wird zerstört: Am 5. September 1972 nehmen palästinensische Terroristen die israelische Olympiamannschaft als Geiseln. Bei der gescheiterten Befreiungsaktion in der Nacht zum 6. September sterben insgesamt 17 Menschen.

Aus München berichtet die fünfköpfigen NRZ-Olympia-Redaktion um ihren Leiter Thorsten Scharnhorst über die Todesnacht, in der um 1.32 Uhr der letzte Schuss auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck fällt.

"Feuergefecht bis in den Morgen"

Aber auch in der Essener Zentrale wird um diese Zeit gearbeitet. So hat es ein Mitarbeiter später nachgezeichnet: „In der Nacht zum Mittwoch saß die Nachrichtenredaktion auf heißen Kohlen, weil die Informationen aus München von dem Feuergefecht auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck nur tropfenweise kamen. Selbst dieses magere Nachrichtenangebot ließ eine eindeutige Beurteilung der Lage nicht zu. Die Schlagzeilen der meisten Morgenzeitungen waren deshalb auch falsch, wie sich später herausstellte.

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Immerhin hatte die NRZ als eine der wenigen deutschen Zeitungen in einem Teil der Auflage am Mittwochmorgen eine korrekte Zeile:,Feuergefecht bis in den Morgen'- erschienen in einem Teil der Stadtausgabe Essen und in allen Ausgaben, die danach gedruckt werden, entsprechend dem Nachrichtenstand von kurz nach ein Uhr nachts.

Olympia-Attentat: Redaktion produziert Extrablatt

Der Schock kam mitten in der Nacht, kurz nach drei Uhr, als sich auf der Pressekonferenz im Olympia-Zentrum herausstellte, daß alle Geiseln tot waren. Der Alarmplan der Redaktion trat in Kraft. Redakteure und Vertriebsleitung wurden aus dem Bett geklingelt. Vertriebsleiter Nienkemper nahm sofort mit allen Geschäftsstellen Kontakt auf. Kurz vor sechs Uhr standen die Mitarbeiter aus dem gesamten Verbreitungsgebiet bereits mit ihren Wagen in der Rotationshalle.

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Die Redaktion produzierte ein Extrablatt mit Höchstgeschwindigkeit. Bereits um 5.45 Uhr kamen die ersten Exemplare aus der Rotation. Kleinere Verzögernngen-traten ein, weil die Papierbahn riß. Dennoch waren wir fast überall die Ersten mit dem Extrablatt auf dem Markt. In Kleve war es bereits um acht Uhr morgens vergriffen.“