Essen/München. Sie sollten der Welt das neue Deutschland zeigen. Doch die Spiele 1972 gingen in Tod und Terror unter. So berichtete die NRZ aus München.

„11 Uhr, Scharnhorst, Bilanz" - dieser Eintrag findet sich im Terminkalender von Willi Daume, dem Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees, für den 5. September 1972. Thorsten Scharnhorst, Leiter der fünfköpfigen NRZ-Olympia-Redaktion in München, hat den Gesprächstermin schon vor Wochen ausgemacht. Die Leser sollen am nächsten Tag in der NRZ ein erstes Fazit über den Verlauf der Olympischen Spiele lesen können, die am 25. August begonnen haben und noch sechs Tage dauern sollen. Der Termin wird nie zustande kommen.

Der Tag selbst aber, der 5. September also, wird in der Tat zu einem Wendepunkt für die Münchner Spiele. Dabei hatte alles ganz anders kommen sollen: Die Münchner Spiele zeigen der Welt, dass 27 Jahre nach dem Kriegsende sich Deutschland verändert hat: Weltoffen, liberal und vor allem gastfreundlich präsentiert sich die Bundesrepublik. Und in den ersten Tagen gelingt dies auch beeindruckend - sowohl für die Gäste, als auch für die Deutschen selbst. Es ist fast zu schön, um wahr zu sein. Doch dann kommt der 5. September.

Um sieben Uhr morgens klingelt bei Scharnhorst das Telefon

Für Thorsten Scharnhorst und seinen Fotografen-Kollegen Hennes Multhaup, damals ein eingespieltes Team, beginnt dieser Tag sehr früh. Am Abend zuvor hat man noch ausgelassen im Kollegenkreis gefeiert. Denn eigentlich sollte der 5. September zu einem Rasttag werden.

Scharnhorst erinnert sich: „Die Leichtathletik macht an diesem Tag Pause, Olympia wollte ein wenig ausruhen. So hatten wir uns am Abend zuvor, nachdem wir unseren Lesern den sensationellen Hochsprung-Sieg der 16-jährigen Ulrike Meyfarth ausführlich geschildert hatten, ein paar Bierchen mehr gegönnt, als es unseren Köpfen gut tat. Der Kollege Gregoriev von der sowjetamtlichen Moskauer ,Prawda', den ich bei meinen Bonner Einsätzen als einen freundlichen, humorvollen Kollegen kennengelernt hatte und in München wieder traf, reicherte unseren fröhlichen Alkoholkonsum mit ein paar Gläschen echten russischen Wodkas an. Wir waren gut in Stimmung ,.."

Doch um sieben Uhr morgens klingelt bei Scharnhorst das Telefon. An der anderen Leitung ein Kollege von der Westfälischen Rundschau, mit der die NRZIer ein gemeinsames Olympia-Team bilden. Er habe gehört, dass in der Nacht das Olympische Dorf überfallen worden sei.

Die Gewissheit: "Es ist etwas geschehen"

Scharnhorst erinnert sich: „Wir hetzen los. Es ist für einen September-Morgen ungewöhnlich warm. Wir schwitzen und sind hin und her gerissen zwischen der Hoffnung auf falschen Alarm und Fassungslosigkeit. Wir eilen über das Olympia-Gelände auf dem Oberwiesen-Feld. Hier herrscht die Ruhe der frühen Stunde. Ein paar Sportler ziehen auf den Trainingsplätzen einsam ihre Bahnen. Also doch eine Falschmeldung? Hennes schnappt nach Luft. Wenn das nicht stimmt. Wir erreichen das Hintertor des Olympiadorfs. Männer vom Ordnungsdienst, sonst immer freundlich und konziliant, weisen uns brüsk ab. Wir laufen weiter. Immer am Zaun entlang. Den Haupteingang verlässt mit heulendem Martinshorn und Blaulicht ein Rettungswagen. Jetzt haben wir Gewissheit: Es ist etwas geschehen."

Das Geiseldrama im Olympischen Dorf in Bildern

Am 26. August 1972 trägt der Gold-Achter (Rudern) der Bundesrepublik Deutschland von Mexiko 1968 bei der Eröffnungsfeier die olympische Fahne in das Münchner Olympiastadion.  
Am 26. August 1972 trägt der Gold-Achter (Rudern) der Bundesrepublik Deutschland von Mexiko 1968 bei der Eröffnungsfeier die olympische Fahne in das Münchner Olympiastadion.   © dpa | dpa
Nachdem acht palästinensische Terroristen am Morgen des 5. September 1972 in das Wohnquartier der israelischen Olympia-Mannschaft eingedrungen sind, zeigt sich einer der Geiselnehmer vermummt auf dem Balkon. 
Nachdem acht palästinensische Terroristen am Morgen des 5. September 1972 in das Wohnquartier der israelischen Olympia-Mannschaft eingedrungen sind, zeigt sich einer der Geiselnehmer vermummt auf dem Balkon.  © dpa | dpa
Ein bewaffneter Polizeibeamter im Trainingsanzug schirmt den Block im Olympischen Dorf in München ab, in dem Terroristen am 5. September 1972 israelische Geiseln festhalten.
Ein bewaffneter Polizeibeamter im Trainingsanzug schirmt den Block im Olympischen Dorf in München ab, in dem Terroristen am 5. September 1972 israelische Geiseln festhalten. © dpa | dpa
Einer der Terroristen (rechts) spricht am 5. September 1972 vor dem israelischen Teamquartier mit dem ehemaligen Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher (3.v.l.), dem ehemaligen bayerischen Innenminister Bruno Merk (2.v.r.) und dem ehemaligen Münchner Polizeipräsidenten Manfred Schreiber (2.v.l.). 
Einer der Terroristen (rechts) spricht am 5. September 1972 vor dem israelischen Teamquartier mit dem ehemaligen Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher (3.v.l.), dem ehemaligen bayerischen Innenminister Bruno Merk (2.v.r.) und dem ehemaligen Münchner Polizeipräsidenten Manfred Schreiber (2.v.l.).  © dpa | dpa
Am Nachmittag des 5. September 1972 klettern Polizisten auf das Dach des Gebäudes in der Connollystraße 31 und bereiten sich auf die Stürmung des Wohnquartiers vor. Weil die Terroristen das Geschehen im Fernsehen live mitverfolgen können, müssen die Polizisten die Aktion abbrechen. 
Am Nachmittag des 5. September 1972 klettern Polizisten auf das Dach des Gebäudes in der Connollystraße 31 und bereiten sich auf die Stürmung des Wohnquartiers vor. Weil die Terroristen das Geschehen im Fernsehen live mitverfolgen können, müssen die Polizisten die Aktion abbrechen.  © dpa | dpa
Bei der missglückten Rettungsaktion am Militärflughafen Fürstenfeldbruck kommen in der Nacht zum 6. September 1972 alle neun Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizist ums Leben. Das Foto zeigt den ausgebrannten Hubschrauber. 
Bei der missglückten Rettungsaktion am Militärflughafen Fürstenfeldbruck kommen in der Nacht zum 6. September 1972 alle neun Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizist ums Leben. Das Foto zeigt den ausgebrannten Hubschrauber.  © dpa | dpa
Die Nachricht von der missglückten Befreiungsaktion macht am Morgen des 6. September 1972 schnell die Runde. Auch die NRZ berichtet in einem Extrablatt von dem Ausgang des Geiseldramas.
Die Nachricht von der missglückten Befreiungsaktion macht am Morgen des 6. September 1972 schnell die Runde. Auch die NRZ berichtet in einem Extrablatt von dem Ausgang des Geiseldramas. © Foto NRZ | Foto NRZ
Während der Trauerfeier für die Opfer des palästinensischen Terroranschlages im Münchner Olympiastadion hängt die olympische Fahne auf Halbmast. 
Während der Trauerfeier für die Opfer des palästinensischen Terroranschlages im Münchner Olympiastadion hängt die olympische Fahne auf Halbmast.  © dpa | dpa
Bei der Trauerfeier im Münchner Olympiastadion spricht der damalige IOC-Präsident Avery Brundage am 6. September 1972 die berühmten Worte: „The games must go on!“ (Die Spiele müssen fortgesetzt werden)
Bei der Trauerfeier im Münchner Olympiastadion spricht der damalige IOC-Präsident Avery Brundage am 6. September 1972 die berühmten Worte: „The games must go on!“ (Die Spiele müssen fortgesetzt werden) © dpa | dpa
Vor dem Haus an der Connollystraße 31 – dem ehemaligen Wohnquartier der israelischen Olympia-Mannschaft – erinnert heute eine Gedenktafel mit den Namen der israelischen Sportler an das Geiseldrama. 
Vor dem Haus an der Connollystraße 31 – dem ehemaligen Wohnquartier der israelischen Olympia-Mannschaft – erinnert heute eine Gedenktafel mit den Namen der israelischen Sportler an das Geiseldrama.  © dpa | dpa
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Die nächsten 30 Stunden werden die zwei nicht mehr ins Bett kommen. So ist die Lage: „Im Haus Conollystraße 31 des Olympiadorfs, in dem die israelische Mannschaft wohnt, haben Terroristen geschossen und den Trainer Moshe Weinberg sowie den Ringer Youssef Romano getötet. Sie geben sich als Mitglieder der arabischen Gruppe .Schwarzer September' zu erkennen.

Terroristen fordern Freilassung von 234 palästinensischen Häftlingen

Um 4.10 Uhr hatten die Postbeamten Heinz-Peter Gottelt, Arno Thomas und Karl Weber, die während der Nacht die Telefonleitungen im Olympischen Dorf kontrollierten, mehrere Männer in Trainingsanzügen beobachtet, die mit Sporttaschen bei Tor 25 A über den Zaun kletterten. Die Monteure schöpften keinen Verdacht, dachten an Sportler, die über den Zapfen gehauen hatten und jetzt in der Nacht unbemerkt von der Mannschaftsleitung in ihre Betten gelangen wollten. Ein verhängnisvoller Irrtum..."

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Die Terroristen fordern die Freilassung von 234 palästinensischen Häftlingen, wozu jedoch die israelische Regierung nicht bereit ist. Scharnhorst versucht im Lauf des Tages Kontakt zu Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher aufzunehmen: „Wir stehen am Tor, haben keinen Zutritt und keine Informationen. Ich versuche mit Bundesinnenminister Hans Dietrich Genscher Kontakt aufzunehmen. Er ist im Dorf und im Krisenstab. In den Tagen zuvor hatte ich ihn bei einigen seiner Olympia-Einsätze begleitet. Sein persönlicher Referent Günter Verheugen, der heutige EU-Kommissar (2004), ist ein Freund von mir seitjener Zeit, als er als Volontär bei der NRZ seine Ausbildung machte.

Die Olympischen Spiele werden unterbrochen

,Das Geheimnis des Innenministers', so hatte mir Genscher verraten, ist die totale Kommunikation.' Die beherrschte er tatsächlich-auch damals schon ohne Handy. Genscher telefonierte eigentlich immer. In München hatte er sich ein totales Programm aufgeladen, residierte im Hotel ,Contentinental' in der 4. Etage im Zimmer 430: .Meine Anwesenheit verlangt schon mein Ressort', unterrichtete er mich und glaubte die Sicherheit bei den fröhlichen Spielen in allerbesten Händen. Wie er sich täuschen sollte! [...]

Der Kontakt zu Genscher kommt nicht in dieser Situation zu Stande. Zwar jagt sein Dienst-Mercedes mit Nummer BD9-1 mehrfach an mir vorbei, aber der Innenminister ist nicht zu sprechen. Jedenfalls nicht für mich. Später erfahren wir, dass schon um 6.40 Uhr Walther Träger, der Bürgermeister des Olympischen Dorfes, Willi Daume [...], Polizeipräsident Schreiber und der bayerische Innenminister Bruno Merk sich als Austausch-Geiseln für die gefangen gehaltenen Israelis angeboten hatten. Der Anführerder Terroristen, der sich Issa nennt, lehntjede Konzession ab und verlangt kategorisch [...] die Freilassung [,..]."

Um 15.38 Uhr erklärt schließlich der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees die Spiele für unterbrochen.

Die Todesnacht nimmt ihren Anfang

Scharnhorst beobachtet weiter das Geschehen: „Wir stehen stundenlang in der sengenden Hitze und bekommen von dem Drama drinnen im Dorf nur Bruchstücke mit. Gegen 17 Uhr sehe ich von meinem Standort aus Genscher auf dem Balkon des Hauses an der Conollystraße stehen und verhandeln. An seiner Seite erkenne ich [den Münchner Polizeipräsidenten] Schreiber. Der Mann mit dem weißen Hut ihnen gegenüber ist Issa. Später bringen wir in Erfahrung: Genscher darf mit den neun gefesselten Geiseln sprechen, ihnen vorschlagen, mit den Terroristen gegen 21 Uhr nach Kairo ausgeflogen zu werden.

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Wir hämmern [unsere Texte] in unsere Schreibmaschinen, die von einem Techniker-Kollegen per Fernschreiben an die Heimat-Redaktionen abgesetzt werden. Der Redaktionsschluss drängt, und wir wollen zurück ins Dorf. Ich gebe unsere Stimmung wieder: ,Es ist für uns alle wie ein quälender Spuk. In diesem Augenblick scheint uns die Freude und die Begeisterung über diese herrlichen Spiele schon eine Ewigkeit zurückzuliegen.'

Die Todesnacht sollte jedoch erst ihren Anfang nehmen ..." Dabei scheint man zunächst aufatmen zu können. Scharnhorsts Bericht: „Im Pressezentrum verkündet Hans (Johnny) Klein, der Pressesprecher der Olympischen Spiele [...] den dort versammelten etwa 700 Journalisten: .Eine kurze, aber wichtige Nachricht von unserem Beobachter in Fürstenfeldbruck. Schießerei auf dem Flughafen, die Polizei schießt zurück.' Um 23.50 Uhr meldet sich Präsident Schreiber: ,Wir sind noch im Einsatz. Das Flugfeld ist noch nicht geräumt.'

Olympia-Attentat: Um 1.32 Uhr fällt der letzte Schuss

Dann geschieht das Unbegreifliche. Conny Ahlers, der Regierungssprecher von Kanzler Willy Brandt, gibt per Fernsehen bekannt, dass alle Geiseln befreit werden konnten. Im Pressezentrum bricht Jubel aus. Die Mitglieder des IOC erheben sich und applaudieren während ihrer Nachtsitzung dem deutschen Organisations-Komitee und dessen Vorsitzendem Willi Daume.

Die Wirklichkeit: Gegen 0.10 Uhr wirft ein Terrorist eine Handgranate in einen der Hubschrauber und versucht in die Dunkelheit zu entkommen. Er wird erschossen von einem der Scharfschützen. Die Maschine explodiert. Den Anführer trifft in diesem Feuergefecht auch eine tödliche Kugel. Einer der Terroristen erschießt die in der anderen Maschine sitzenden Geiseln. Der Polizeiobermeister Anton Fliegerbauerstirbt im Kugelhagel.

1.32 Uhr: Der letzte Schuss fällt. Eine Stunde und acht Minuten später tritt Johnny Klein vor uns Journalisten und erklärt mit tonloser Stimme: ,Wir Deutschen sind nicht nur eines der empfindsamsten Völker der Welt, sondern auch eines der verwundbarsten. Und es gibt keine verwundbare Stelle, an der man uns nicht getroffen hat.' Einige Sekunden lang, die mir wie Ewigkeiten Vorkommen, herrscht Schweigen. Wir alle sind wie gelähmt. Dann kommt es zu Wutausbräuchen von ausländischen Kollegen, die sich gegen alles Deutsche richten.

In Stunden um Jahre gealtert

Ben, ein liebenswerter, freundlicher, hilfsbereiter Kollege aus den USA, mit dem ich mich während der zurückliegenden Tage prima verstanden hatte, er kam aus Kalifornien, zischte mich an: ,AII fucking germans.' Ein anderer schrie in unsere Richtung:,Nazis, verdammte Nazis.' Ich erlebte in dieser Nacht, dass ein Mensch, wie es so oft schlagwortartig heißt, in Stunden um Jahre gealtert war: Willi Daume war innerlich zusammengebrochen."

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Aber auch in der Essener Zentrale wird um diese Zeit gearbeitet. So hat es ein Mitarbeiter später nachgezeichnet: „In der Nacht zum Mittwoch saß die Nachrichtenredaktion auf heißen Kohlen, weil die Informationen aus München von dem Feuergefecht auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck nurtropfenweise kamen. Selbst dieses magere Nachrichtenangebot ließ eine eindeutige Beurteilung der Lage nicht zu. Die Schlagzeilen der meisten Morgenzeitungen waren deshalb auch falsch, wie sich später herausstellte.

Immerhin hatte die NRZ als eine der wenigen deutschen Zeitungen in einem Teil der Auflage am Mittwochmorgen eine korrekte Zeile:,Feuergefecht bis in den Morgen'- erschienen in einem Teil der Stadtausgabe Essen und in allen Ausgaben, die danach gedruckt werden, entsprechend dem Nachrichtenstand von kurz nach ein Uhr nachts.

Olympia-Attentat: Redaktion produziert Extrablatt

Der Schock kam mitten in der Nacht, kurz nach drei Uhr, als sich auf der Pressekonferenz im Olympia-Zentrum herausstellte, daß alle Geiseln tot waren. Der Alarmplan der Redaktion trat in Kraft. Redakteure und Vertriebsleitung wurden aus dem Bett geklingelt. Vertriebsleiter Nienkemper nahm sofort mit allen Geschäftsstellen Kontakt auf. Kurz vor sechs Uhr standen die Mitarbeiter aus dem gesamten Verbreitungsgebiet bereits mit ihren Wagen in der Rotationshalle.

Die Redaktion produzierte ein Extrablatt mit Höchstgeschwindigkeit. Bereits um 5.45 Uhr kamen die ersten Exemplare aus der Rotation. Kleinere Verzögernngen-traten ein, weil die Papierbahn riß. Dennoch waren wir fast überall die Ersten mit dem Extrablatt auf dem Markt. In Kleve war es bereits um acht Uhr morgens vergriffen.“

"The games must go on!"

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Schließlich können auch Scharnhorst und sein Team in München ins Bett: „Irgendwann landen wir am frühen Morgen in unserer Olympia-Wohnung. Ich hatte niemanden in dieser Nacht gesprochen, dessen Vorstellungskraft ausgereicht hätte, sich eine Fortsetzung der Spiele auszudenken. Keiner von uns ist in der Dämmerung des nächsten Tages fähig, so mutig zu denken. Eher das Gegenteil ist von journalistischer Seite zu vernehmen: Das ist das Ende für Olympia, für immer und ewig, und ausgerechnet oder gerade in Deutschland. Wir können nicht schlafen. Wie denn auch in dieser Nacht?!

Ich verkrieche mich in mein Zimmer. Aber bald schon muss ich mich wieder ankleiden für die Trauerfeier. Immer noch der Überzeugung, das Ende Olympias miterleben zu müssen. Dann will ich meinen Augen nicht trauen: Das Stadion ist voll. 80.000 Menschen trauern dort unter der klaren, hellen Sonne im weiten Rund. Stille und Trostlosigkeit legen sich wie ein Schleier um die Versammlung in der Arena. [...] Schließlich fallen die fünf Worte, die seither Millionenfach nachgesprochen wurden, die in das Gedächtnis der Welt übergegangen sind. Avery Bundage, der große, alte Mann des Sports, sagt sie: ,The games must go on!'" Die Berichterstattung auch.

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