Aachen/Kalkar. Albert Maas begründete die CDU, die Aachener Volkszeitung und den Karlspreis mit, war OB von Aachen – doch blieb seiner Heimat verbunden: Kalkar.
Immerhin: Es gibt einen Eintrag in der Wikipedia über ihn. Ein digitaler Fingerabdruck, der Albert Maas nicht gänzlich in Vergessenheit geraten lässt.
In wenigen Zeilen sind dort die Daten und vermeintlich wichtigsten Leistungen seines 82-jährigen Lebens aufgelistet. Umso erstaunlicher, wie aufwändig bis mühselig es heutzutage ist, sich ein Bild dieses Mannes zu machen, nicht nur im sprichwörtlichen Sinn.
Es liegt mitnichten daran, dass er am 14. Mai des Jahres 1888 als „Maahs“ geboren wurde; so jedenfalls steht es im Geburtenregister der Stadt Kalkar geschrieben. Als er letztlich am 11. Juli 1970 starb, also vor nunmehr 50 Jahren, und auf dem Waldfriedhof in Aachen zu Grabe getragen wurde, war von einem „großen Toten des Landes ohne Grenzen“ zu lesen, auch von einem – man darf behaupten: überzeugten –„Europäer“.
Ein gerader Weg – von Kalkar in die Kaiserstadt
Damals, zur Zeit des Kaltes Krieges, besaßen solche Ehrbezeichnungen noch einen etwas anderen, visionären Klang. Allein deshalb lohnt sich gerade jetzt, da der Kontinent an vielen Ecken und Enden auf die Probe gestellt wird, ein Blick zurück – auch auf den Weg des Dr. Albert Maas: vom Niederrhein bis in die Kaiserstadt. Es sei „stets ein gerader Weg“ gewesen, „den ihm sein Gewissen gewiesen habe“, merkte sein Nachfolger im Amt, Hermann Heusch, bei dessen Beisetzung an.
Wer also war dieser Herr Maas, nach dem in Aachen eine Straße benannt ist, in Kalkar übrigens nicht?
Ein Gründervater der Christlich Demokratischen Partei in Aachen, die seit 1946 dort CDU heißt. Lizenzinhaber und Geschäftsführer der Aachener Volkszeitung, die seit 1996 als Aachener Zeitung herauskommt. Mitglied im ersten Landtag in Nordrhein-Westfalen, der noch von der britischen Militärregierung ernannt worden war. Oberbürgermeister von Aachen, von Oktober 1946 bis November 1952. Mitglied im ersten Direktorium zur Vergabe des Karlspreises, das die internationale Auszeichnung proklamierte.
Heimatstadt Kalkar – ein Leben lang
Und der sein Leben lang mit Kalkar verbunden blieb. Wo er, wie er selbst schrieb, seine „Jugendzeit verleben durfte“. Ähnlich wie Heinrich Heine, dem „wunderlich zu Muthe“ wurde, wenn er an sein Düsseldorf dachte, wurde es Albert Maas „ganz wehmütig ums Herz“, wenn er an seine „Heimatstadt“ dachte.
Im Dezember 1948 unterstütze er selbstredend den „Aufruf an alle Freunde Kalkars zur Rettung seiner Werte“. Gemeint waren damit insbesondere die Nicolaikirche und das Rathaus, die im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurden. Beim Wiederaufbau, das war für ihn alternativlos klar, werden alle mithelfen, „Alle ohne Ausnahme! … auch die Kalkarer von auswärts.“
Kein kleiner Mann mehr – Großes im Sinn
Albert Maas nahm sich selbst in die Pflicht, wie er es bereits zuvor konsequent gemacht hatte. Als Sohn eines Korbmachers wollte er eines Tages aus der bäuerlich-handwerklichen Welt heraus, höher hinaus. „Vorwärts wollte ich, das stand fest, den Weg des kleinen Mannes wollte ich nicht gehen“, wird er in einem Zeitungsartikel zitiert.
Nachdem er den Beruf seines Vaters erlernt hatte, machte er gegen dessen Willen das Abitur nach und ging, mit finanzieller Unterstützung seiner Schwester und einer Tante, nach Straßburg, um zu studieren. Der Erste Weltkrieg, ein kurzer Soldateneinsatz, kam dazwischen, in Münster schließlich schloss er seinen zweiten Bildungsweg als promovierter Volkswirt und Staatswissenschaftler ab.
Politik – für ein besseres Nachkriegsdeutschland
In den 1920er Jahren siedelte er nach Aachen über, gründete eine Familie, baute ein Haus – und begann, seine politischen Ideen umzusetzen. Dafür in Frage kam eigentlich nur die Zentrumspartei. Obschon er einst ziemlich interessiert einer Rede von Gustav Noske, gelauscht hatte, dem späteren SPD-Minister für die Reichswehr.
Nein, Albert Maas stammt vom Niederrhein, wo sogar die Kartoffeln katholisch sind, wie Heinrich Böll mal ätzte. Einhellig wurde er als „tief religiös“ bezeichnet, was ihn wohl gegen den Nationalsozialismus immun machte. Er hat nie „aktiv Widerstand geleistet“, ist über ihn zu lesen, gleichwohl wurde er 1944 verhaftet, nach dem missglückten Attentat von Stauffenberg auf Hitler, und in der Messe in Köln inhaftiert, damals ein Außenlager des KZ Buchenwald.
Der Karlspreis – eine Auszeichnung für Europa
Dort entwickelte er seine Vorstellungen von einem besseren Nachkriegsdeutschland fort, ebenso die Idee einer konfessionsübergreifenden Partei, „sein Lieblingsgedanke“. So gehörte Albert Maas zu den Männern und Frauen der nicht wirklichen Stunde Null, die aus den Trümmern des Nazi-Reiches eine demokratische Republik formten.
Dabei blieb er „ein kantiger Mann, an dem sich manche stoßen konnten“, „nicht immer war leicht Kirschen essen mit ihm“ – und seinem, vielleicht niederrheinisch geprägten, Weitblick treu. Über den Karlspreis, den er 1950 mitinitiierte, sagte er: „Er zielt auf den freiwilligen Zusammenschluss der europäischen Völker.“ Ein Satz wie ein Vermächtnis.
INFO: Die ganze Geschichte
Albert Maas? Fast vergessen. Auf den Namen stieß der Autor dieser Zeilen im Internationalen Zeitungsmuseum in Aachen. Wikipedia – und dann: Nachfragen im Landtag NRW, bei der Konrad-Adenauer-Stiftung und im Stadtarchiv in Kalkar, ein Besuch im Stadtarchiv in Aachen. Erst der Kontakt zur Familie brachte endlich auch Bilder (mit Unterstützung des Medienhauses Aachen). Herzlichen Dank!