Am Niederrhein. Im Museum Goch wird an August Deusser erinnert. Zu Recht. Er ebnete modernen Künstlern den Weg, war dem Niederrhein überraschend eng verbunden.
Gleich zu Beginn ein gut gemeinter Rat: Lassen Sie sich bitte nicht von dem „Selbstbildnis im grünen Rock“ blenden. Es hängt im ersten Raum im Museum Goch und vermittelt einen nicht gänzlich falschen, doch bloß ersten, unvollständigen Eindruck.
Unbestritten: August Deusser, der sich hier bewusst militärisch aber schon noch zivilisiert mit Krawatte bekleidet, blickt streng, kühl und knapp am Betrachter des Bildes vorbei. Ein Kunstgriff, mit dem er sich umso selbstbewusster in Szene setzte. An der Überzeugung, sein Handwerk zu beherrschen, mangelte es dem Maler, Kunstakademie-Professor und Ausstellungsmacher bestimmt nicht.
2020 ist August-Deusser-Jahr!
Er wurde 1870 in Köln geboren, sprich vor genau 150 Jahren, 2020 ist Deusser-Jahr! Er wuchs kleinbürgerlich und sorgenfrei auf. Er lebte später, dank des Geldes seiner Frau Elisabeth-Eugenie Albert, das angenehme Leben eines Malerfürsten. Letzterer Begriff ist ebenfalls mit einiger Vorsicht zu genießen, zeitgenössisch wird damit ja gemeinhin so etwas wie die manchmal selbstgefällige, bisweilen großkotzige Inszenierung eines Markus Lüpertz’ verbunden.
Nein, dieser Herr Deusser wird rückblickend, trotz seiner vielfach auf die Leinwand gebrachten Begeisterung für uniformierte Reiter, als eine „rheinische Frohnatur“ mit einem „vortrefflichen Mutterwitz“ beschrieben, der „kein Kostverächter“ war; unter anderem hielt er akribisch fest, über welches Bouquet ein genossener Wein verfügte.
Ein Historienbild von der Schlacht bei Cleverham
Auf zwei weiteren Selbstporträts, die in der ersten und zweiten Etage im Museum Goch hängen, wirkt er gar nicht konfliktscheu und streitfreudig, was ihm etliche Zeitgenossen bescheinigten. Vielmehr macht er einen freundlichen, nahbaren Eindruck. Vielleicht war er nebenbei jener „Menschenfreund“, als der er 25 Jahre nach seinem natürlichen Tod in Konstanz beschrieben wurde. Einerseits hat er sich mit weichem Gesicht und wohlstandsbäuchiger Fülle in Öl konserviert, andererseits in Hut und Mantel an einem Fahrrad stehend mit Bleistift und Tusche auf Papier skizziert.
Natürlich können die 99 Werke, die Museumsleiter Stephan Mann mit Unterstützung der Deusser-Stiftung in der Schweiz an den Niederrhein holte, den Künstler und dessen Kunst nicht bis zum letzten lockeren, farbsatten Pinselstrich erklären. Manche Frage bleibt weiter unbeantwortet – etwa die nach seinem Wohnort, als er im Sitzungssaal des Kreises Kleve in Kleve das Historienbild „Am Abend der Schlacht von Cleverham“ gemalt hatte, das der Auftraggeber nach einem Streit über die Ausführung übertünchen ließ.
Im Sonderbund mit Max Clarenbach
Doch diese Schau von Gemälden und Zeichnungen wirft endlich wieder ein Licht auf das abwechslungsreiche Schaffen eines Mannes, das in den Schatten seines kunsthistorischen Nachruhmes gerückt wurde. August Deusser, soweit bekannt, gründete 1909 mit Freunden wie Max Clarenbach den Sonderbund Westdeutscher Kunstfreunde und Künstler. Und verhalf, zuletzt 1912 mit der legendären Ausstellung in Köln, damals modernen Malern wie Paul Cézanne oder Pablo Picasso, zum Durchbruch im Rheinland.
Nun also der Blick auf seine Bilder. Daraus ergibt sich die Frage: Was für ein Maler war er eigentlich? Naturalist, siehe seine frühen Pferdebilder. Impressionist, siehe einige späten Pferdebilder. Erst ein Historienmaler, dann ein Landschaftsmaler, der mit Palette und Staffelei im Feld stand. Viele Arbeiten mit Wolken, Wiesen, Wasser. Vermutlich sind es oft Ansichten vom Niederrhein, er lebte lange in Monheim am Rhein und im Wasserschloss Arcen an der Maas.
Ein Heimatmaler am Niederrhein? Nein.
Ein Heimatmaler – mitnichten! Dazu stört die aufstrebende Industriekulisse die vermeintliche Idylle dann doch zu sehr. Augenfällig: So sehr August Deusser die künstlerische Avantgarde auch förderte, mit seinen eigenen Arbeiten blieb er der Vergangenheit und Gegenwart treu – die Zukunft überließ er anderen.
INFO: Ausstellung im Museum Goch und mehr
Ausstellung: „August Deusser. Kunst für immer – und immer für die Kunst“ ist bis zum 13. September 2020 im Museum Goch, Kastellstraße 9, zu sehen: di-fr 10-17 Uhr, sa+so 11-17 Uhr, Eintritt vier Euro, www.museum-goch.de. Der gleichnamige Katalog, 232 Seiten, Verlag Hatje Cantz, kostet 25 Euro (statt regulär 48 Euro), unbedingt zu empfehlen, mit Beiträgen u.a. von Florian Illies, in denen der Künstler in seine Zeit eingeordnet wird.
Tipp: Im Wasserschloss Arcen und im Deusser-Haus in Monheim am Rhein sind kleine Dauerausstellungen eingerichtet. Und die Antonie-Deusser-Stiftung hat den Nachlass virtuell aufbereitet: www.deusser.ch.