Wesel.. Der Direktor des LVR-Niederrheinmuseums Wesel spricht über ein spannendes Jahr. Und über noch interessantere Zukunftspläne.


Erst Preußen-Museum, dann LVR-Niederrheinmuseum Wesel. Die Wirkungsstätte von Direktor Dr. Veit Veltzke hat im vergangenen Jahr jedoch nicht nur ihren Namen gewechselt. Ein neues Konzept soll in Zukunft viele neue Besucher anziehen. Denn die Geschichte des Niederrheins ist alles andere als langweilig.

Herr Dr. Veltzke, wieso verbinden so viele Geschichte immer noch mit staubtrockener Vergangenheit?

Großer Andrang herrschte schon bei der mit Spannung erwarteten Wiedereröffnung des Museums im März 2018.
Großer Andrang herrschte schon bei der mit Spannung erwarteten Wiedereröffnung des Museums im März 2018. © Unbekannt | FUNKE Foto Services

Vielleicht, weil sie einen Geschichtsunterricht „zum Abgewöhnen“ hatten und so sehr mit Strukturen und Abstraktionen gequält wurden, dass dahinter der Mensch kaum mehr zum Vorschein kam? Eigentlich sollte Geschichte im Kern die Annäherung an vergangenes Leben sein, wozu dann auch zumindest der Versuch gehört, dieses Leben nachzuempfinden.





Was fasziniert Sie vor allem an der Geschichte des Niederrheins?

Dass er nicht nur eine Region „am Fluss“, sondern auch „im Fluss“ war: nämlich durch den Fluss der Waren, Ideen und Menschen gekennzeichnet war, eine Gegend des Austausches, zu der auch die Begegnung mit fremden Kulturen und Ethnien gehörte.

Mit der Wiedereröffnung des Preußen-Museums unter neuem Namen haben Sie sich auch neue Ziele gesetzt. Welche neue Funktion soll das LVR-Niederrheinmuseum Wesel für die Region übernehmen?

Wenn es uns gelingt, den faszinierenden historischen und kulturellen Reichtum der Region mit ihren verschiedenen Profilen deutlich zu machen und nicht nur für den Besuch unseres Museums, sondern für den Besuch der Region mit ihren musealen und kulturellen Schätze erfolgreich zu werben, dann haben wir ein wichtiges Ziel erreicht. Wenn Sie so wollen, verstehen wir uns als eine Art „Niederrheinforum“, das dazu einlädt, die Schätze der Region auch in der Region zu entdecken. Schließlich werden wir versuchen, charakteristische Merkmale, beziehungsweise auch Alleinstellungsmerkmale des Niederrheins zu vermitteln.

Wie lautet Ihr erstes Fazit?

Geschichte kann auch ganz schön spannend erzählt werden.
Geschichte kann auch ganz schön spannend erzählt werden. © Unbekannt | FUNKE Foto Services

Mit unseren Ausstellungen 2018 „Wesel und die Niederrheinlande.



Schätze, die Geschichte(n) erzählen“, „Hin und Weg. 200 Jahre Fahrradgeschichte am Niederrhein“ und „Unsere Familie im Ersten Weltkrieg“ haben wir schon Schlaglichter auf die Bandbreite unserer Themen geworfen.

Außerdem hat unsere Ausstellung zu den „Niederrheinlanden“ die enge Verflechtung unserer Region mit den Niederlanden, aber auch mit Flandern und Brabant durch die Jahrhunderte aufgezeigt. Unser Begleitbuch „Wesel und die Niederrheinlande. Verknüpfte Geschichte(n)“ bietet hierzu eine umfassende Erzählung zu 1000 Jahren niederrheinischer Kulturgeschichte.

In Ausstellung und Begleitbuch wird unter anderem deutlich, wie stark der Niederrhein beispielsweise in der Geschichte der Frömmigkeit, des Humanismus, der Glaubensmigration und der beginnenden Glaubenstoleranz Maßstäbe gesetzt hat.

Wie geht es 2019 im LVR-Niederrheinmuseum weiter?

Am 3. Februar werden wir die Ausstellung „Von Wilhelm (II.) zu Weimar. Von der Monarchie zur Republik“ als Teil des Projektes „Bauhaus im Westen“ eröffnen und am 6. Oktober die Kunstausstellung Christoph Kochs „Mein Niederrhein“.

Schließlich werden wir eine audiovisuelle Station mit Elementen der Drei-D-Verfilmung und Virtueller Realität zur Geschichte der Weseler Eisenbahnbrücke und der anschließenden Nordbrabant-Deutschen Eisenbahn entwickeln. Diese Station soll die Geschichte der deutsch-niederländischen Beziehungen seit Ende des 19. Jahrhunderts in Filmszenen und mit individueller Navigation erlebbar machen. Sie wird als Teil des Projektes „Shared History“ der Euregio Rhein-Waal an die Partner dieses Projektes ausgeliehen und später in unsere Dauerausstellung integriert.

Es werden natürlich auch immer Führungen angeboten im LVR-Niederrheinmuseum in Wesel.
Es werden natürlich auch immer Führungen angeboten im LVR-Niederrheinmuseum in Wesel. © Unbekannt | Unbekannt






Wie soll die bis 2020/2021 fertiggestellte Dauerausstellung am Ende aussehen?

Wünschenswert wäre, wenn das neue Haus ein gern besuchtes Ausflugsziel für breite Kreise der Bevölkerung am Niederrhein und in den Niederlanden werden könnte. Wir wollen uns ja in Zukunft ganz konsequent als ein deutsch-niederländischen Museum – auch mit einer entsprechenden Mehrsprachigkeit – aufstellen. So wollen wir die Erinnerung an einen großen grenzüberschreitenden gemeinsamen Kultur- und Wirtschaftsraum wachrufen, der uns geprägt hat.

Haben Sie schon jetzt ein Lieblingsexponat?

Da fällt es mir natürlich schwer, nur ein einzelnes zu nennen. Das wechselt natürlich auch, je nachdem, auf welche Schätze wir noch stoßen oder zu welchen Themen man gerade arbeitet.

Zur Zeit beeindruckt mich besonders eine 1511 erschienene Ausgabe der „Narrenpredigten“ des Volkspredigers Geiler von Kaysersberg aus dem Weseler Dominikanerkloster. Einer der Mönche hat hier auf den Holzschnitten Sebastian Brants zu die Narreteien seiner Zeit einige Figuren wie in einem Comix mit darüber gesetzten Sprechpassagen versehen und damit seine besonderen Akzente gesetzt.

Welche Bedeutung messen Sie den neuen Medien im Museum bei?

Ich sehe hier durchaus Chancen für Museen, um die Bedeutung von Exponaten für ein breites Publikum zu erschließen und die Erlebnisqualität eines Museumsbesuches zu steigern.

>>> INFO







Hereinspaziert!

Foto:
Erwin Pottgiesser


Das Museum
befindet sich An der Zitadelle 14-20 in Wesel.


Geöffnet ist das Museum dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr.


Der Eintritt kostet für Erwachsene 4,50 Euro, ermäßigt 3,50 Euro. An jedem ersten Freitag im Monat gilt: freier Eintritt für alle. www.niederrheinmuseum-wesel.lvr.de