Am Niederrhein. . Mehr als 30 Biber-Familien sollen am Niederrhein heimisch sein. Die possierlichen Kerlchen mit den großen Zähnen sind unverzichtbare Baumeister
Eurasische Biber waren ursprünglich in Europa und Asien heimisch. Im 19. Jahrhundert wurden sie durch intensive Bejagung in fast ganz Deutschland ausgerottet. Ein kleiner Bestand jedoch konnte in unserer Nation an der mittleren Elbe überleben. Dem größten Nagetier Deutschlands ging man sprichwörtlich gnadenlos ans Fell.
Heißbegehrt deshalb, weil Biber eines der dichtesten Felle im Tierreich überhaupt haben. Mit 23 000 Haaren pro Quadratzentimeter hat der Biber in etwa sechsmal so viele Haare wie ein Allzeit-Smartphone-Bürger mit ganz dichtem Kopfhaar.
Die Felle gingen wie geschnitten Brot und brachten reichlich Kohle und andere geschätzte Tauschgüter. Seit gut zwanzig Jahren ist der Biber am Niederrhein wieder auf dem Vormarsch.
Zwei Familien wurden im Kreis Wesel zur Wiederansiedlung ausgesetzt. Natürlich mit behördlichem Segen. Dazu wurden die Tiere an der mittleren Elbe bei Steckby in Sachsen-Anhalt gefangen und in unsere Region überführt. Am Diersfordter Waldsee bei Wesel und auf der Bislicher Insel bei Xanten wurde das Experiment gestartet. Mit Erfolg. Mittlerweile soll es am gesamten Niederrhein etwa dreißig Biberfamilien geben.
Castor fiber lebt vegetarisch – und knabbert Feldfrüchte, Kräuter, Rinde, Blätter und Co.
Und das ist sehr gut so, sagen zumindest die Naturwissenschaftler. Castor fiber, so sein lateinischer Name, ist ein ausgesprochener Vegetarier. Triebe, Knospen, Blätter, Gräser, Kräuter, Rinde und auch Feldfrüchte schmatzt er gerne in sich hinein.
Ein seltenes Schauspiel
Die sollten allerdings nach Möglichkeit höchstens bis zu 20 Meter vom Ufer entfernt sein. Mit seinen Fressaktivitäten hält er immer wieder Uferstellen vor Verbuschung frei, schafft Sonnenplätze für eine Vielfalt an Lebensgemeinschaften.
Beim Landgang den Biber zu beobachten, ist allerdings ein seltenes Schauspiel. Die Tiere sind vornehmlich dämmerungs- und nachtaktiv; äußerst scheu und mit hervorragendem Hör- und Geruchssinn ausgestattet.
An Land wirken Biber eher plump, aber wenn sie im Wasser sind, geht die Post ab
An Land wirken die großen Säuger eher plump. Sie können bis zu 20 Jahre alt werden und bis zu 30 Kilogramm auf die Waage bringen. Doch die Jungtiersterblichkeit ist mit knapp 75 Prozent in den ersten zwei bis drei Lebensjahren enorm hoch. Und das liegt nicht etwa an Jägern – diese Tiere unterliegen nach dem Bundesjagdgesetzt gar nicht mehr dem Jagdrecht.
Seeadler, Uhu, Raubfische und Fuchs können insbesondere für die jungen Biber lebensgefährlich werden.
Die meisten Verluste gibt es jedoch im Frühjahr durch Hochwasser. Dabei werden oftmals die Kleinen mit der Strömung einfach weggespült. Biber sind aber ausgesprochene Familientiere. Die Alten leben monogam. Sie beherbergen in der Regel auch den Nachwuchs der letzten beiden Jahre in ihrer Biberburg.
Der Eingang dazu liegt immer unter Wasser. Der mitunter beachtliche Wohnkessel liegt trocken, deutlich über der Wasseroberfläche. Im dritten Jahr werden die Jungbiber geschlechtsreif. Hotel Mama bleibt dann geschlossen. Wer es von dem ungestümen Anhang nicht wahrhaben will, wird unsanft vertrieben.
Im Gegensatz zur Nutria legen Biber ihre Höhlenbauten am Niederrhein nicht nicht in Hochwasser-Schutzdeichen an
Auch am Niederrhein sind Biber an den unterschiedlichsten Gewässern heimisch. Als semiaquatisches Säugetier werden fließende und stehende Gewässer gleichermaßen angenommen.
An Land bewegt er sich eher gemächlich; unter Wasser geht er ab wie Schmitz Katze. Biber können Ohren, Nase und Mund verschließen und so ohne Sauerstoff fünfzehn Minuten untertauchen.
Die Biberkelle, sein breit abgeflachter Schuppenschwanz, ist ein wahres Multifunktionsorgan. Beim Schwimmen steuert und rudert er damit; als Kommunikationsmittel klatscht er bei Gefahr mit dem breiten Schwanz beeindruckend laut aufs Wasser. Alle Lebewesen in der Umgebung gehen sofort in Hab-Acht-Stellung. Zudem dient das Organ als Fettspeicher im Winter, als Stütze beim Sitzen an Land und zur Abkühlung an heißen Tagen, dabei wird die Kelle einfach in kaltes Wasser gehalten.