Am Niederrhein. . Für einen Tag Praktikant auf dem Archehof in Xanten. Über die Arbeit mit Tieren an der frischen Luft und wie clever Bentheimer doch sind.
Es zupft und knabbert an meinen Schuhen. Überall Schweine. Rosa mit schwarzen Flecken. Die Biester sind intelligent. Schaffen es immer wieder, die von mir sorgfältig gebundene Schuhriemen-Schleife zu lösen. Meine einzige Rettung: Heu! Und zwar eine ganze Menge davon. Damit versuche ich, die Bentheimer von meinen Sicherheitsschuhen abzulenken. Die hatte ich in weiser Voraussicht angezogen. Meine Taktik funktioniert – zum Teil.
Ich bin heute Praktikant auf dem Arche- und Lernbauernhof Gamerschlagshof in Xanten. Astrid Gerdes leitet den und hat fast immer Praktikanten da. Für 24 Stunden werde ich das sein. Ich freue mich darauf. Und der erste Auftrag hat es in sich.
Der Stall, in dem Pferde, Rinder und Schafe ihren Mist hinterlassen, soll ausgemistet werden. Direkt die volle Ladung Bauernhof. Aber ich will jetzt auch zeigen, dass ich mich nützlich machen kann. Mit langsamen Schritten und ruhiger Stimme geleiten wir die Tiere nach draußen. Meine Hände soll ich in die Hosentaschen stecken, wenn wir auf die Rinder zugehen. Das wirkt weniger bedrohlich, erklärt mir Frau Gerdes. Ich denke mir: Wenn diese schottischen Hochlandrinder wüssten, was sie mit ihren langen Hörnern da für eine Waffe auf dem Kopf haben, die würden hier den Hof übernehmen.
Dann sind die Tiere draußen, die Stallarbeit beginnt. Ich lade mir einen ordentlichen Berg Mist auf meine Schaufel und hieve ihn in die Schubkarre. Ich brauche ganz schön viel Kraft, um die festgetretene Masse vom Boden wegzuschaufeln.
Misthaufen sind eine Kunst für sich
Der Boden dampft und er riecht. Für den einen stinkt es, aber ich finde, so riecht einfach Bauernhof. Selbst bin ich auf einem ehemaligen Bauernhof aufgewachsen, mit Hund als einzigem Tier. Die Arbeit an der mehr oder weniger frischen Luft macht den Kopf frei. Schubkarre für Schubkarre befördere ich den Mist zum Misthaufen. Der Ablauf wird zur Routine und geht irgendwann fast von alleine. Ich denke an wärmeres Wetter, den nächsten Sommer, Urlaub, Italien. So ein Misthaufen ist eine Kunst für sich. Astrid Gerdes, meine Chefin, meinte vorher, es wäre gut, wenn der Mist soweit oben wie möglich ausgekippt werden könnte. Macht Sinn.
Mit Anlauf und viel Schwung jage ich mit der schweren Schubkarre auf den Misthaufen zu. Über eine schmale Holzrampe, die ich mir schon zurechtgelegt hatte, will ich jetzt hoch hinaus. Am besten nach ganz oben auf den Mist. Das kostet viel Kraft, aber es gelingt mir und ich kippe die dampfenden Hinterlassenschaften aus. Daran, dass der Misthaufen wächst und der Betonboden im Stall sichtbar wird, sehe ich den Erfolg meiner Arbeit. Das spornt an und tut gut.
Auf so einem Hof gibt’s immer ‘was zu tun: hier einen Stall umbauen, bei den Hühnern nach Eiern suchen... Frau Gerdes erklärt mir auch das Konzept des Archehofs, nämlich Nutztierrassen vor dem Aussterben zu retten. Um 17.30 Uhr schickt sie mich in den Feierabend. Johnny, der 17-jährige Hofhund, weicht nicht von ihrer Seite. Mit Noah, dem Schäferhund-Mischling, habe ich mich sofort angefreundet. Ich freue mich immer, wenn er zu mir kommt und gestreichelt werden möchte. Ich glaube, das gehört hier zum Wohlfühlfaktor dazu. Natürlich arbeitet man hier oft alleine, aber entweder kommt auch Johnny ‘mal vorbei und lässt sich streicheln oder Pferd und Rind werfen einen neugierigen Blick ‘rüber. Alleine bin ich hier nie. 18.30 Uhr: Abendessen. Noah liegt auf meinen Füßen und Frau Gerdes erzählt mir, dass ihre Praktikanten immer gute Rückmeldungen an sie geben und viele sogar wieder kommen. Auf der anderen Seite kann die tägliche Arbeit auf dem Hof auch zu der Erkenntnis führen, dass man sich woanders besser einbringen kann.
Es ist 20 Uhr und ich bin erledigt
Ich lasse mich ins Bett fallen und mache die Augen zu. Um 7.30 Uhr klingelt mein Wecker. Das Wurstbrot verdrücke ich mit viel Mühe und ich merke, dass das so gar nicht die Uhrzeit ist, zu der mein Körper seine Höchstform erreicht. Um 8 Uhr beginnt die Arbeit. Wir machen einen Kontrollgang: Futter für Schweine, Pferde, Rinder, Hühner, Gänse, Schafe und Kaninchen auffüllen. Wasserstellen vom Eis befreien. Dann ist der nächste Stall d’ran. 28 Bunte Bentheimer, eine Rasse, die auch vom Aussterben bedroht ist, leben hier verteilt auf mehrere Ställe. Und diese Bentheimer haben es faustdick hinter den Ohren. Ganz schön ausgeschlafene Vierbeiner. Rumms! Eine vollbeladene Schubkarre hat’s erwischt. Die Schweine kebbeln um die beste Position an der so interessanten Karre und werfen sie immer wieder um. Böse sein kann ich den Bentheimern aber nicht.
Misthaufen gewachsen – Feierabend. Ich glaube, ich konnte mich ganz gut einbringen. Zumindest sagt mir das der Geruch meiner Arbeitskleidung. Aber Frau Gerdes ist auch zufrieden mit mir. Ich verabschiede mich, natürlich auch von Noah. Dann kommt Besuch auf den Hof. Ein Koch mit seinem Metzger. Die beiden suchen die nächste Sau aus, die im Restaurant auf dem Teller landen soll.
Auch das gehört zum Leben auf dem Hof dazu.