Limburg/NL. . Die Bundestagswahlen stehen kurz bevor und die Parteien haben alles gegeben, um die Wähler von ihren Programmen zu überzeugen. Für wen es gereicht hat, sehen wir dann. Auf einem ganz anderen Blatt steht aber die Frage, ob Politiker wirklich wissen, was die Menschen bewegt.
Die Bundestagswahlen stehen kurz bevor und die Parteien haben alles gegeben, um die Wähler von ihren Programmen zu überzeugen. Für wen es gereicht hat, sehen wir dann. Auf einem ganz anderen Blatt steht aber die Frage, ob Politiker wirklich wissen, was die Menschen bewegt. Schlagwörter wie Politikverdrossenheit und -frust lassen vermuten, dass dem nicht so ist. Wie geht es besser?
Auch wenn es gar nicht sein Ziel ist, als gutes Beispiel voran zu gehen, macht Theo Bovens aus der niederländischen Nachbarprovinz Limburg genau das. Der Königliche Kommissar, in Limburg auch Gouverneur genannt, nimmt sich seit 2011 jeden Sommer Zeit für die Menschen in der Provinz. „Es gibt viele Leute, Gruppen und Organisationen, denen ich in meinem Alltag selten bis gar nicht begegne, oder mit denen ich mehr Zeit verbringen möchte. Diese Zeit nehme ich mir in den Sommermonaten“, erklärt Bovens. In diesem Jahr galt seine Aufmerksamkeit der Jugend. Doch um die 12- bis 18-Jährigen zu erreichen, bedarf es einer besonderen Herangehensweise – die Geburtsstunde der Facebook-Seite und des Hashtags „Tips4Theo“.
Learning by doing
Die sozialen Medien wie Twitter, LinkedIn und Facebook waren für den Gouverneur keine Unbekannten; es kamen jedoch noch Vlogs (Video-Blogs, eine Art gefilmtes Tagebuch), Instagram und Snapchat hinzu. Zu Letzterem sei er durch die Jugendlichen nahezu herausgefordert worden. Denn es kam die Frage auf, warum er gerade dieses populäre Kommunikationsmittel nicht nutze. „Learning by doing“ stand auf dem Programm. Wie gehen die Jugendlichen mit sozialen Medien um? Wie erfährt man selbst die Nutzung neuer Medien? Und vor allem: Was bewegt die Jugendlichen und welche Tipps haben sie für Theo?
Im nächsten Monat beginnt die neue Amtsperiode als Gouverneur und als solcher ist er für weitere sechs Jahre für die Interessen der Limburger verantwortlich. Was bewegt also die 12- bis 18-Jährigen? Bessere Sportmöglichkeiten, mehr kulturelle Angebote für ihre Altersgruppe und tolle Vergnügungsparks würden sie sich wünschen. Aber auch eine bessere Umwelt, Nachhaltigkeit, eine gesunde grüne Umgebung, gesundes Essen sowie bessere Verbindungen für öffentliche Verkehrsmittel und Fahrräder haben sie auf ihrer Liste stehen. Einige denken auch an ihre berufliche Zukunft und wünschen sich attraktive Arbeitgeber in der Provinz.
Einladung von syrischer Familie
An diese Informationen heranzukommen, war gar nicht so leicht. Zwar verflog die Scheu im Gespräch recht schnell, aber eine Einladung an den Gouverneur auszusprechen, hat die Jugendlichen durchaus Überwindung gekostet. „Das war zum Beispiel bei einer syrischen Familie zu sehen, die Gouverneur Bovens besucht hat“, erklärt Cècely Loontjens, die das Projekt Tips4Theo mitbetreut hat. „Uns war aufgefallen, dass die Kinder auf alle Postings bei Facebook reagierten. Also haben wir Kontakt zu ihnen aufgenommen und es zeigte sich, dass sie ihn tatsächlich gerne nach Hause und in die Schule einladen wollten.“ Hier und da braucht es eben trotz der sozialen Medien noch einen kleinen Anstoß.
Insgesamt sind so 17 Vlogs enstanden, in denen Theo Bovens nicht nur interessante und offene Gespräche geführt hat, sondern auch spannende Momente erleben durfte: „Beim ersten Mal vloggen habe ich definitiv meine Komfortzone verlassen und neben Snapchat hatten die Jugendlichen noch die ein oder andere Challenge für mich parat: Als ich Juul besucht habe, bin ich das erste Mal auf ein Pferd gestiegen und beim Besuch von Tom, Lisa, Job und Lindsay, die in einem Freizeitpark jobben, habe ich meine Achterbahn-Premiere gefeiert.“
Neben diesen Erfahrungen nimmt Theo aber eben auch die Anregungen der Jugendlichen mit in die neue Amtsperiode. Diese fließen mit ein in die Limburg-Agenda. Diese Übersicht fasst zusammen, was die Limburger zukünftig (in den nächsten zehn Jahren) wichtig finden, also was getan werden muss. Sicherlich kein unwichtiges Dokument für die lokalen Parteien. Denn 2019 finden die Parlamentswahlen der niederländischen Provinzen statt. Und in Limburg weiß man, was die Menschen bewegt.