Die Älteren von uns erinnern sich daran, dass es einmal Zeiten gab, in denen einem beim Stichwort Wohnungssuche nicht der Angstschweiß ausbrach.

Als mittelälterer Mensch sollte man tunlichst darauf achten, dass man nicht in die schlechte Angewohnheit verfällt, ständig zu erzählen, dass früher alles besser war. War es nämlich nicht.

Nur eins, das war früher wirklich besser: die Wohnungssuche. Damals passierte es, dass man im Kollegen- oder Bekanntenkreis erzählte, dass man demnächst mal wieder umziehen wolle. Drei Wochen später drückte einem dann jemand die Telefonnummer vom Schwippschwager der Oma, der Kegelfreundin der Mutter oder der Tante einer Exfreundin in die Hand, die entweder ein Haus besaßen, in dem demnächst jemand ausziehen wolle, oder jemanden kannten, der ausziehen wollte oder die es selber woanders hinzog. Es war nicht immer die erste Wohnung gleich die richtige, aber meist legte einem dann noch ein anderer eine Telefonnummer hin, zwei Tage später saß man dann bei wildfremden, aber oft sehr sympathischen Leuten im Wohnzimmer und unterschrieb einen Mietvertrag. Und dann zog man ein. Hat in meinem Leben bislang drei Mal genau so funktioniert.

Waren das einfach nur Glücksfälle? Oder war das früher normal? München, Zürich oder London mal ausgenommen. Da soll die Wohnungssuche auch früher schon eine ziemliche Tortur gewesen sein. Aber da wollte ich ja gar nicht hin.

Und heute? Denkt man, dass man vielleicht demnächst mal wieder umziehen könnte - und scrollt sich durch Immobilienportale. Und dann ist da was. Nämlich diese großzügige Altbauwohnung mit Wohnküche und eigenem Garten. Bezahlbar und stadtnah. Könnte man ja mal versuchen...

Auf meine Mail antwortete ein Makler überaus freundlich. Ob ein Besichtigungstermin am Samstag passen würde? Klar. Passt. Da liest man dauernd von der Krise am Wohnungsmarkt - und dann das. Geht doch! Äh.....nö.

Als wir eintrafen, herrschte vor der Haustür ein ähnlicher Andrang wie in den 70er Jahren zu Beginn des Sommerschlussverkaufs. Das sei schon die dritte Besichtigungsrunde, damit lägen die Chancen, die Wohnung am Ende zu bekommen quasi bei Null, raunte einer der Wartenden resigniert.

Am Eingang verteilten zwei wichtig wirkende Menschen, vermutlich Mitarbeiter des Wohnungsvermittlers, wortlos an alle einen Wust von Zetteln, die jeder auszufüllen hatte, und auf denen man in etwa beantworten sollte, warum man die Wohnung unbedingt haben wolle und ob man sie sich auf Dauer überhaupt leisten könne. Vermutlich wurde man auf den hinteren Seiten auch noch gefragt, auf welche Weise man die Zimmer zu putzen gedenke oder wie oft man Sex habe, aber soweit habe ich dann nicht mehr geblättert. Alle anderen beugten sich eifrig über die Papiere und füllten sie mit routinierter Dienstfertigkeit aus. Ihre Blicke in unsere Richtung besagten: „Arrogante Dilettanten! Keine Ahnung von der Gegenwart, aber wollen unbedingt eine Wohnung mieten.“

Recht hatten sie. Vom Makler haben wir natürlich nie wieder was gehört.

Ich pries das Glück, eine Wohnung zu haben. Sowas ist ja purer Luxus heutzutage.