Zeeland. Im zweiten Teil unserer Zeeland-Serie besuchen wir Sluis und Zierikzee, historische Orte mit prachtvollen Schlössern und spannenden Geschichten
Wer an Zeeland denkt, hat unweigerlich Bilder kilometerlanger Strände, des grünen Hinterlands und schier endloser Radwege im Kopf. So geht es auch mir. Doch die Provinz im Südwesten der Niederlande hat weit mehr zu bieten, als „nur“ die Zeeland-typischen Gründe, dorthin in den Urlaub zu fahren. Da wären zum Beispiel die vielen historischen Städte mit ihren gemütlichen Zentren. Davon möchte ich mich selbst überzeugen und mache mich auf die Reise.
Ein Schloss im Grünen
Zunächst verschlägt es mich in den Küstenort Renesse, der bei deutschen Urlaubern vor allem wegen seines breiten und 17 Kilometer langen Sandstrands äußerst beliebt ist. Doch auf der anderen Seite der hohen Dünen zeigt sich der Badeort von seiner anderen Seite. Im Herzen Renesses steht die Jakobuskirche, die auf den Fundamenten eines romanischen Gotteshauses errichtet wurde. Rund um die Kirche führt eine kopfsteingepflasterte Straße, von der aus drei Seitenstraßen in verschiedene Himmelsrichtungen zeigen.
Ringsherum liegen einige Einkaufsmöglichkeiten, aber vor allem kleine Cafés und Restaurants mit Terrassen und Bars für das jüngere Publikum. Sie sind gut gefüllt, die Gäste, meist Touristen, genießen die Nachmittagssonne. Einige gönnen sich dazu kleine, typisch niederländische Snacks, andere Kaffee und Kuchen.
Ich laufe in eine der Seitenstraßen, die, gesäumt von vielen Bäumen, in Richtung Strand führt. Doch diesmal bin ich nicht hier, um mich am Meeresrauschen zu erfreuen. Auf halbem Weg zum Meer entdecke ich auf der rechten Seite einen schmalen Weg, der schnurgerade durch ein kleines Waldstück verläuft. Am Ende des Weges taucht zwischen Pappeln, Eichen, Buchen und Akazien das Schloss Moermond auf, dessen Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurückgeht.
Über eine kleine Brücke, die über den Schlossgraben führt, erreiche ich den mit Kies bedeckten Vorplatz des Schlosses, das bereits das dritte an dieser Stelle ist. Der älteste Teil ist über 500 Jahre alt, doch wer genau hinschaut, entdeckt auch Baustile späterer Epochen. Rund um das Schloss erstreckt sich das Landgut Moermond. Bei meinem Streifzug durch das 45 Hektar große Naturgebiet genieße ich die Ruhe, die nur von gelegentlichem Vogelgezwitscher unterbrochen wird. Und vom Quaken der Frösche an den Weihern und Tümpeln, die sich zwischen den vielen Bäumen und hochgewachsenen Uferpflanzen verstecken.
Zierikzee sprüht nur so vor Denkmälern
Ebenfalls historisch, aber doch ganz anders, sieht es beim nächsten Halt meiner Reise aus: Zierikzee. Die kleine Hafenstadt unweit der Oosterschelde sprüht nur so vor Denkmälern. „In Zierikzee haben wir die höchste Denkmaldichte der Niederlande. Sie ist sogar höher als in Amsterdam“, erzählt mir Govert Jansen. Er leitet das Hotel Mondragon, das sich – im historischen Herzen der Stadt gelegen – in einem Gebäude befindet, das in Teilen aus dem 16. Jahrhundert stammt. Das erst Ende 2019 eröffnete Hotel vereint diese Ursprünge mit modernen Elementen.
Als ich aus der Tür des Hotels heraustrete, blicke ich auf den Alten Hafen, der sich weit in die Innenstadt hineinzieht. Heute legen hier keine Schiffe mehr an. „Er fungiert als Museumshafen, vornehmlich für kleine Holzschiffe, die über 100 Jahre alt sind“, erläutert mir Stadtführerin Ria Geluk, die ich kurz zuvor getroffen habe. Die Form und Struktur der gesamten Altstadt Zierikzees, die einst von einer stattlichen Mauer umgeben war, haben sich seit dem 15. Jahrhundert kaum verändert.
Während unseres gemeinsamen Spaziergangs durch die schmalen Gassen fallen mir die vielen besonderen Giebel auf, die die oftmals schmalen mittelalterlichen Häuser zieren. Fast jeder Giebel ist anders gestaltet. „Das ist einzigartig“, findet Ria Geluk, die mit mir geradewegs auf das markante Wahrzeichen der Stadt, den Dicken Turm, zusteuert.
Turm war viel höher geplant
„Er wurde Ende des 15. Jahrhunderts als Kirchturm errichtet“, sagt Geluk, „und sollte ursprünglich zwei- oder dreimal so hoch werden.“ „Wow“, denke ich mir, denn auch mit seinen jetzigen 61 Metern Höhe wirkt er imposant.
Alle 500 Denkmäler der Stadt zu sehen, schaffe ich nicht an einem einzigen Tag. Das weiß auch Ria Geluk, die die Stadt wie ihre Westentasche kennt und mich auf schnellstem Wege zu den Highlights führt. Dazu gehören auch das Nordhafen- und Südhafentor. Die Tore stehen auf beiden Seiten am Anfang des Alten Hafens und bilden den Übergang zum Neuen Hafen.
Im Hafenkanal, der stadtauswärts zur Oosterschelde führt, liegen viele Schiffe vor Anker – rustikale Fischerboote, elegante Jachten und kleine Frachtschiffe. An der Promenade machen es sich die vielen Touristen bei strahlendem Sonnenschein in den zahlreichen Biergärten und Außenbereichen der Restaurants gemütlich. Prost!
Einzigartig in den Niederlanden
Im südwestlichsten Zipfel der Niederlande, wenige Kilometer von der Nordsee und nur einen Steinwurf von der belgischen Grenze entfernt, liegt die stolze Stadt Sluis. Das dritte Ziel meiner Reise. Sluis ist ein wahrer Touristenmagnet, wie mir sofort auffällt. Schon auf dem Weg zum Parkplatz springen mir vor allem die belgischen, aber auch zahlreiche deutsche Autokennzeichen ins Auge. Warum die Grenzfeste beliebtes Ziel vieler Besucher ist, verrät mir Stadtführerin Tonie Becu. „Zum einen liegt das an unserer wunderbaren Gastronomie, zum anderen an der großen Anzahl der Geschäfte und den – vor allem im Vergleich zu Belgien – günstigeren Preisen.“
Tatsächlich reiht sich in der Innenstadt Geschäft an Geschäft. Ob Bekleidung, Deko- oder Drogerieartikel, Souvenirs oder lokale Leckerbissen: Jeder der sucht, wird in Sluis fündig. In der Innenstadt und entlang des Wassers, das in der Geschichte der Stadt eine wichtige Rolle einnimmt, liegen viele Möglichkeiten, einzukehren.
Immer wieder erblicke ich einen markanten Turm in der Stadt. „Der einzige Belfried in den Niederlanden“, erklärt Tonie Becu nicht ohne Stolz. Der 32 Meter hohe Glockenturm ist Teil des ehemaligen Rathauses der Stadt und wurde bereits 1375 errichtet. Mühevoll kämpfe ich mich die unzähligen schmalen steinernen Stufen hinauf – vorbei am spannenden Museum über die Geschichte Sluis‘, vorbei an den Glocken – bis zur Spitze. Bei der einzigartigen Aussicht über die Stadt bis nach Belgien und zur Nordsee steht für mich direkt fest: Der Aufstieg hat sich gelohnt!
Mehr Infos unter www.vvvzeeland.de.