Den Haag. In Den Haag haben Wissenschaftler und Künstler gegen ein Friedensinstitute mit Namen eines früheren NS-Juristen in Osnabrück protestiert.

Darf man nach einem NS-Juristen, der Hunderte Juden in den Tod schickte und noch mehr das Leben rettete, ein Museum benennen? Entsprechende Pläne stoßen nun auf Kritik in den Niederlanden . Mehr als 250 Wissenschaftler und Künstler haben in den Niederlanden gegen die Errichtung eines Friedensinstituts mit dem Namen eines NS-Juristen in Osnabrück protestiert.

Die Bundesregierung dürfe ein Haus mit dem Namen des Juristen Hans Georg Calmeyer nicht subventionieren, heißt es in einer Petition an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Für Angehörige von ermordeten Juden wäre es unerträglich, wenn das Institut nach ihm benannt wird“, sagte der Journalist Hans Knoops der Deutschen Presse-Agentur.

Niederländischer Protest: Petition ging an deutschen Botschafter in Den Haag

Der Brief ging am Donnerstag an den deutschen Botschafter in Den Haag. Calmeyer (1903-1972) entschied während der deutschen Besatzung der Niederlande nach den Nürnberger Gesetzen, ob jemand Jude war oder nicht.

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In der Petition heißt es, er habe als Beamter einem verbrecherischen System angehört. „Er beteiligte sich aktiv an der Vernichtung von mindestens 104 000 in den Niederlanden ansässigen Juden. Daher kann man ihn schwerlich ohne Vorbehalt als Helden bezeichnen.“

Calmeyer wurde von israelischer Gedenkstätte Yad Vashem ausgezeichnet

Der Jurist soll in rund 2500 Fällen sogenannte Arier-Gutachten akzeptiert und damit Menschen vor der Deportation bewahrt haben. Auf der anderen Seite hatte er auch mindestens 1500 Anfragen abgelehnt, was einem Todesurteil gleichkam. Calmeyer war 1992 für seine Verdienste von der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel ausgezeichnet worden.

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Zu den Unterzeichnern gehören internationale Historiker, niederländische Politiker, Künstler, Überlebende des Holocaust und Vertreter der jüdischen Gemeinschaft. Auch der Schauspieler Jeroen Krabbé, Bestseller-Autor Leon de Winter, Dirigent Jaap van Zweden sowie der frühere Amsterdamer Bürgermeister Job Cohen unterzeichneten.

Hans-Calmeyer-Haus soll ins Osnabrück eröffnet werden

Der Osnabrücker Stadtrat hatte 2017 einen einstimmigen Beschluss gefasst, ein Konzept für ein Hans-Calmeyer-Haus zu entwickeln. Ein wissenschaftlicher Beirat begleitet die Arbeit an dem noch nicht vorliegenden Konzept. Aus diesem Beirat wurde Kritik an der Namenswahl laut. Inzwischen gibt es auch in der Stadt eine Diskussion darüber, ob die Bezeichnung „Hans-Calmeyer-Haus“ angemessen ist.

Calmeyer habe einerseits mehreren tausend Juden das Leben gerettet. „Wir wissen auch, dass er das nur konnte, weil er zugleich Mitarbeiter der Nazi-Verwaltung in Holland war, also der Besatzer“, sagte Stadtsprecher Sven Jürgensen. Er habe nicht allen das Leben gerettet. Ziel sei es nicht, Calmeyer „einseitig“ darzustellen, sondern der Vielschichtigkeit des Themas gerecht zu werden.

Unter Berücksichtigung der historischen Umstände habe Calmeyer offensichtlich Verantwortung für sein Handeln übernommen, sagte Jürgensen. Er habe als Teil der Besatzungsmacht gewirkt, die Besatzungsmacht aber zugleich subversiv unterlaufen. „Diese Komplexität soll in diesem Hans-Calmeyer-Haus dargestellt werden.“ Die Namensgebung sei nur eine Facette, die gleichwohl wichtig sei.