Niederlande. In Zeiten von Corona müssen Kulturschaffende besonders kreativ sein, um ein Publikum zu finden. Viele Museen bieten daher virtuelle Führungen an.

Vincent hat viel Ruhe

Der berühmteste Hausbewohner hat im Moment sehr viel Ruhe. Vincent heißt er, er ist schon etwas älter, aber das tut seiner Beliebtheit in der Öffentlichkeit keinen Abbruch. Das Kröller-Müller-Museum in Otterlo zwischen Arnheim und Apeldoorn hat wegen der Corona-Pandemie bis zum 1. Juni geschlossen. Auch Herr van Gogh ist daher persönlich derzeit nicht zu sehen – aber virtuell kann man dem Meister doch schon ganz schön nahe kommen. In Videoblogs berichten nämlich Kunstfans aus aller Welt, konkret sind es Gareth aus den USA, Rachel und Jun aus Japan sowie Lucrezia aus Italien, wie sie ihren ersten Besuch im Kröller-Müller-Museum empfunden haben. Das Online-Angebot des geschätzten Hauses mit seinem großartigen Skulpturengarten ist komplett in Deutsch verfügbar.

Mehr Infos unter: krollermuller.nl/de.

Ein Berliner in Amsterdam

Viele andere Museen in den Niederlanden locken mit noch deutlich interaktiveren digitalen Angeboten zum Abstecher in die Welt der schönen Künste. So zum Beispiel das „Museum Het Schip“ in Amsterdam, das aktuell (bis zum 18. Oktober) eine Ausstellung dem deutschen Architekten Bruno Taut widmet. Der Stadtplaner (1880-1938) schuf einst in Berlin 10.000 Wohnungen in 23 Häuserblöcken, darunter die bekannte Hufeisensiedlung und „Onkel Toms Hütte“.

Im Museum Het Schip ist in einer virtuellen Führung die Ausstellung des deutschen Architekten Bruno Taut zu sehen.
Im Museum Het Schip ist in einer virtuellen Führung die Ausstellung des deutschen Architekten Bruno Taut zu sehen. © archivfoto: marburg

Taut galt als wichtiger Vertreter des Neuen Bauens – Parallelen zu den Visionen des niederländischen Architekten Michel de Klerk, der 1919 die Arbeitersiedlung Het Schip in Amsterdam errichtete, sind unübersehbar. Dort befindet sich heute, neben Sozialwohnungen, auch das gleichnamige Museum. Interessierte Kunstfreunde können sich zu Privatführungen durch die Bruno-Taut-Ausstellung via Whatsapp, Facetime und Skype anmelden.

Mehr unter: www.hetschip.nl (Niederländisch und Englisch).

Die großen Meister für zu Hause

Natürlich hat auch das wichtigste Museum der Niederlande während der Schließungszeit seinen Service angepasst. Die Rede ist vom Rijksmuseum in Amsterdam, das aktuell zur virtuellen Führung durch die imposante Ausstellung einlädt. Wo sonst täglich tausende Besucher durch die sage und schreibe 200 Räume schlendern und den insgesamt etwa 8.000 Kunstwerken aus acht Jahrhunderten ganz nahe kommen können, muss nun der Blick auf den Bildschirm des Computers, Tablets oder Handys reichen, um die großen Meister zu bewundern. Ob Rembrandt, Van Gogh oder Vermeer: „Rijksmuseum from home“ bietet in zehn verschiedenen Varianten äußerst lohnenswerte Einblicke hinter die Kulissen der prächtigen Schau – darunter auch die „Operation Nightwatch“. Rembrandts „Nachtwache“, das wichtigste Stück der Ausstellung und im beeindruckenden Saal der Ehrengalerie im zweiten Stock zu finden, wird gerade aufwändig restauriert. Die Besucher können dabei zuschauen, statt vor Ort nun eben online. Die Rijksmuseum-App sowie verschiedene Social-Media-Inhalte runden das Angebot ab.

Mehr Infos gibt es unter rijksmuseum.nl/en.

Boijmans im Depot

Während fast alle anderen Museen unter dem Lockdown und fehlender Besucher zu leiden haben, hat sich für das Boijmans van Beuningen durch Corona gar nichts geändert. Schließlich hat das renommierte Haus in Rotterdam schon im vorigen Jahr seine Türen für eine umfangreiche Renovierung geschlossen. Seitdem heißt es nicht nur „Boijmans bij de Buren“, also bei den Nachbarn – und zwar mit 500 ausgesuchten Werken in elf Ausstellungen an verschiedenen Standorten in Rotterdam – sondern natürlich auch „Boijmans online“. Auf einer 360-Grad-Tour können sich Kunstfans hier fast 45.000 der insgesamt über 151.000 Werke anschauen, darunter Klassiker wie Rembrandt, van Gogh und Hieronymus Bosch oder Modernisten wie Mondriaan und Kandinsky.

In Rotterdam wächst das Depot, ein 80 Millionen Euro teures Lager für Kunstwerke des berühmten Museums Boijmans van Beuningen. Im September soll es eröffnet werden.
In Rotterdam wächst das Depot, ein 80 Millionen Euro teures Lager für Kunstwerke des berühmten Museums Boijmans van Beuningen. Im September soll es eröffnet werden. © Ossip van Duivenbode

In Rotterdam entsteht übrigens gerade eines der spektakulärsten Kunstprojekte der Welt: The Depot. In dem 80 Millionen Euro teuren Bau sollen die Kunstschätze des Museums Boijmans van Beuningen nicht nur sachgemäß aufbewahrt, sondern dem Publikum zugänglich gemacht werden – als erstes Kunstlager weltweit. Die Eröffnung ist im September geplant.

Mehr Infos online unter: boijmans.nl/en.