Lisse. Corona trifft auch die Niederlande hart. Einer der wichtigsten Wirtschaftszweige liegt brach – nämlich Blumen. Auch der Keukenhof ist betroffen.

Außerordentliche Zeiten verlangen außerordentliche Taten. Das fand auch der Keukenhof, der größte Frühlingspark der Welt in Lisse. Weil die für den 21. März geplante Eröffnung wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden musste – inzwischen ist klar, dass der Park seine Tore in diesem Jahr gar nicht aufmachen kann – ging man kurzerhand online. Auf seinen Social-Media-Kanälen sind seitdem kurze Videos zu sehen, die Highlights aus dem Park zeigen. Krokusse, Hyazinthen und viele Tulpen blühen bereits – der Zuschauer kann sich entspannt im Wohnzimmer dem Rausch der Farben hingeben. Nur riechen kann er die kunterbunten Frühblüher nicht...

Ein ungewohntes Bild zeigt sich dem Betrachter: gähnende Leere vor den Kassenhäuschen und im Eingangsbereich, menschenleer die Plätze und Wege im Park. Direktor Bart Siemerink wirkt etwas verloren zwischen den gelben, weißen, purpurfarbenen und knallroten Farbklecksen, als er die ersten virtuellen Besucher im Video willkommen heißt: „Wenn ihr nicht zum Keukenhof kommen könnt, kommt der Keukenhof eben zu euch!“

Im letzten Jahr hatte der sonst so farbenprächtige Park noch einen Besucherrekord von 1,5 Mio. verzeichnet – und das in den nur acht Wochen, die das 32 Hektar große Areal geöffnet ist.

Nichts ging mehr

Mit einem Szenario wie jetzt – weit und breit kein Mensch – hätte Siemerink nie gerechnet. Vor fast genau einem Jahr noch, am Osterwochenende 2019, rief der Keukenhof die Menschen auf, auf einen Besuch zu verzichten. Denn in nur vier Tagen, von Karfreitag bis Ostermontag, zählte man 200.000 Gäste, zweieinhalb mal so viele wie im Vorjahr. Der Verkehr auf der N 207 und der N 208 in Richtung Lisse staute sich kilometerweit, auf dem erst vor Kurzem erweiterten Parkplatz des Parks ging gar nichts mehr, die Tourbusse der Veranstalter steckten in der Blechlawine fest.

Ein Touristenmagnet

Der Keukenhof liegt mitten im Bollenstreek, einer der bedeutendsten Blumenzwiebelregionen der Niederlande, zwischen Haarlem, Leiden und der Nordsee. Er ist ein touristischer Magnet sondergleichen. Der Besuch im Frühlingspark lässt sich normalerweise hervorragend mit einer Radtour durch die ihn umgebenden endlosen Tulpenfelder und einem Besuch am Meer, in den Badeorten Noordwijk oder Katwijk, verbinden. Jung und Alt, Vater, Mutter, Kind, alle haben hier ihren Spaß. Durchschnittlich 25.000 Besucher pro Tag. Und dort, wo sonst begeisterte Besucher vor blühenden Kirschbäumen oder den explodierenden Farben der Tulpen Selfies schießen, ist… nichts.

Verluste in Millionenhöhe

Im Video zeigt Bart Siemerink seinen persönlichen Lieblingsplatz im Park, den sog. Blumenhügel, der mit 60.000 Tulpen, Narzissen und Krokussen bewachsen ist. Seine Lieblingstulpe, „Showwinner“, ist eine sehr früh blühende, kleinwüchsige und knallrote Akzente setzende Tulpe. Insgesamt wurden im letzten Oktober sieben Millionen Pflanzenzwiebeln gesetzt – eine rekordverdächtige Zahl. Sie alle müssen versorgt werden, das erledigt das feste Gärtnerteam. Insgesamt sind zurzeit nur die 45 Festangestellten im Park tätig. „Der wirtschaftliche Einfluss der verschobenen Eröffnung auf die Region ist immens. Nicht nur für uns.“ Der Direktor spricht von Verlusten in Millionenhöhe, die „Reiseveranstalter, Taxiunternehmen, Caterer, Hotels und Restaurants in der Umgebung treffen“. Und die 1300 Saisonarbeiter, die sonst in den knapp zwei Monaten das Keukenhof-Team verstärken. Der Keukenhof selbst sei allerdings nicht in Gefahr, so Siemerink – wegen guter Rücklagen und weil das Unternehmen dank der hohen Zahl an Leiharbeitskräften flexibel sei.

Tulpen sind nicht nur schön, ihre Produktion ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Niederlande. Doch der Export liegt fast still, in den großen Auktionsstätten und in den Gärtnereien werden täglich Millionen Tulpen vernichtet.

Zum ersten Mal in seiner 60-jährigen Geschichte bleiben nun auch die Tore des Keukenhofs nun geschlossen. Ein einzigartiges Ereignis. Aber ein trauriges.

Videos sind auf den folgenden Social-Media-Kanälen zu sehen: Facebook, Instagram und Twitter (#visitkeukenhof) und sollen in Kürze auch auf der Website www.keukenhof.nl hochgeladen werden.