Rotterdam. . In der niederländischen Hafenstadt Rotterdam haben 32 Kühe den ersten schwimmenden Bauernhof der Welt bezogen. Hat das Modell wirklich Zukunft?
In der niederländischen Hafenstadt Rotterdam haben 32 Kühe im ersten schwimmenden Bauernhof der Welt Einzug gehalten. Die „Damen“ erwartet ein Stall mit geräumigen Liegeboxen, Melkroboter, Stallreinigungsroboter, automatischem Futterband und komfortablem Gummiboden. Für den Weidengang steht eine angrenzende grüne Wiese zur Verfügung. Nach einer Gewöhnungsphase für die Kühe sind auch Besucher herzlich willkommen.
Floating Farm: Beitrag zum städtischen Kreislauf
Den Stadtbewohner wieder mit der Herkunft und der Zubereitung seiner täglichen Nahrungsmittel in Kontakt bringen – das ist eines der Ziele der „Floating Farm. Der Bauernhof wurde transparent gestaltet, sodass alle Besucher sehen können, was auf der Floating Farm geschieht. Die Milch wird zu gesunden Molkereiprodukten verarbeitet, der Kuhmist wird getrennt und als organisches und reichhaltiges Düngemittel für Pflanzen, Gärten und Parks in der Stadt verwendet. Außerdem sind die Melk-, Stallreinigungs- und Futterroboter bei der Arbeit zu sehen.
Die Floating Farm arbeitet soweit wie möglich autark und zirkulär. Solarzellen generieren den Strom, verschiedene Restprodukte der Stadt (zum Beispiel Gras von Sport- oder Golfplätzen) dienen als Nahrung für die Kühe und das Wasser ist gesäubertes Regenwasser. Die Aufbereitung von Restprodukten wie Gras zu essbaren Lebensmitteln (Eiweiße) wird global als eine sehr effiziente Voraussetzung für die nachhaltige Lebensmittelproduktion betrachtet. Die Milcherzeugnisse sind bei Floating Farm käuflich zu erwerben und in Kürze auch in den Filialen des Discounters Lidl in der Region Rotterdam. Selbstverständlich gibt es „an Bord“ des schwimmenden Bauernhofes auch Raum für Schulprojekte und Präsentationen.
„Transfarmation“
Die Kühe haben von der oberen Etage der Floating Farm Aussicht auf einen Hafen, den Rotterdamer Mervehaven, welcher in etwa 10 bis 15 Jahren als Wohn- und Arbeitsgebiet erschlossen werden soll. Die Initiatoren der Floating Farm nennen die moderne Gebietstransformation auch „Transfarmation“. Ein klarer Hinweis auf den Wandel (die Transition), der in den nachhaltigen und gesunden Städten stattfinden muss, sowie bezogen auf die Produktion gesunder Lebensmittel (das Farming) als auch als fester Bestandteil einer Stadt.
Anlass für die Entwicklung der Floating Farm war einerseits die immer spärlicher werdende landwirtschaftliche Nutzfläche und andererseits die zunehmende Weltbevölkerung. Diese führen zu einer Suche nach Nahrungsmitteln der Zukunft („Future Foodsystems“), neuen Möglichkeiten, die Weltbevölkerung in Zukunft weiterhin ernähren zu können. Aber auch Klimaprobleme sind als Anlass zu nennen. Rotterdam liegt in einem sehr wassersensiblen Flussdelta. Wie viele andere Städte hat die Stadt Probleme mit der Wasserabführung der Flüsse, dem steigenden Meeresspiegel und dem immer stärker werdenden Niederschlag. Um darauf zu reagieren, sind verschiedene Maßnahmen denkbar, ein davon ist das schwimmende Bauen. Indem ein Bauernhof schwimmend angelegt wird, kann die Lebensmittelproduktion auch bei einer Überflutung weiterlaufen.
Schon vor der Eröffnung hat dieses innovative Projekt weltweit ein enormes Interesse generiert. Die Suche nach einem nachhaltigen Ernährungssystem in einer Welt mit Klimawandel steht bei vielen Städten hoch oben auf der Tagesordnung. Das Projekt wurde durch private Investoren und Kooperationen mit diversen Partnern in den Bereichen Technologielieferung, Innovation und Forschung ermöglicht. Inzwischen liegen Entwürfe für eine schwimmende Hühnerfarm und ein schwimmendes Gewächshaus auf dem Tisch. Alles mit dem Ziel, auf transparente Art und Weise und nah am Konsumenten gesunde, frische Nahrungsmittel zu produzieren. Indem der Abstand zwischen Lebensmittelproduktion und Konsument verkürzt wird, trägt die Floating Farm erheblich zur Reduktion von Lebensmittelverlusten und Umweltverschmutzung durch den Transport bei.