Enschede. . Die Enscheder bleiben ihrem heimischen Bier treu. Brauerei legt viel Wert auf Qualität statt nur auf Massenproduktion. 19 Sorten gibt es...

Eine Stadt im Südosten der Niederlande. 150 Jahre ist es her, als hier die Schlote dampfen. Enschede, gleich hinter der Grenze zum Münsterland bei Gronau, ist einst nach Manchester der zweitgrößte Textilstandort der Welt. Weil die Arbeiter sich gerne mal einen genehmigen, aber zu der Zeit Schnaps und anderes Hochprozentiges fast leichter verfügbar ist als ein schnelles Helles, kauft einer der reichen Textilfabrikanten die Grolsch-Brauerei. Die hat seit 1615 ihren Standort in Groenlo – im örtlichen Dialekt Grol oder Grolle – und liegt 40 Kilometer weit weg im Achterhoek. Am neuen Standort im Enscheder Stadtteil Roombeek wächst Grolsch zum größten heimischen Bierproduzenten, noch vor dem heute viel größeren Heineken, das erst 1864 von Amsterdam aus zur heutigen Weltmarke expandiert.

Nach dem großen Feuerwerksunfall im Jahr 2000 in Roombeek, das auch Grolsch in Schutt und Asche legt, zieht die Brauerei nach außerhalb. Direkt an der Autobahn entsteht eine eigene kleine Stadt, die 2,8 Millionen Hektoliter Bier im Jahr produziert. Deutsche kennen Grolsch aus der grünen Bügelflasche, das Premium Pilsner ist nach wie vor ein Flaggschiff des Traditionshauses. So wie jede Brauerei aber muss auch Grolsch auf die veränderten Trinkgewohnheiten der Bierfreunde daheim und in der ganzen Welt reagieren. „Wir haben inzwischen fast 20 Sorten“, sagt Karl, „und alle zwei Monate kommt eine neue hinzu.“

Maische, Läutern, Treber

Er stammt eigentlich aus Bremerhaven, lebt aber schon länger in den Niederlanden und führt Besuchergruppen durch die Brauerei. Zuerst geht’s in die „Küche“. In riesigen Sudkesseln – in dieser modernen Anlage aus Edelstahl und nicht mehr aus Kupfer – wird 63 Grad warmes Quellwasser mit Hopfen, Gerstenmalz und Hefe zu Bier verarbeitet. Zunächst wird beim Maischen dem geschroteten Malz unter ständigem Rühren das Wasser zugeführt, der nächste Vorgang heißt Läutern und meint das Trennen der Würze vom sogenannten Treber: Rückstände des Braumalzes, die später an Bauern aus der Region als Tierfutter abgegeben werden. Beim anschließenden Würzen werden Eiweiße ausgekocht und im „Whirlpool“ gesiebt, damit sie nachher nicht als Klumpen im Glas schwimmen.

In riesigen Bottichen wird die Maische angerührt.
In riesigen Bottichen wird die Maische angerührt.

Was bis hierhin fertig ist? Ein süßer Hopfentee! denn jetzt kommt die Vergärung. Zunächst wird das Gemisch in riesigen Tanks, den „Apollos“, runtergekühlt. Dann wird die Hefe zugefügt, wie die gesamte Rezeptur bei Grolsch streng geheim. „Wir haben zwei Bänke, eine in Bayern und eine in Kopenhagen, da liegt die Hefe auf Eis“, verrät Kenner Karl. Zwei Woche soll die Hefe im Riesenbottich gären, Alkohol, Kohlensäure und Aromen bilden. Der letzte Prozess zum fertigen Bier ist schließlich das Filtern, schließlich soll das Helle im Glas auch gut aussehen.

Kreativität und Geschmackssicherheit testen

Neben der „Küche“ steht bei Grolsch das „Labor“. Hier werden neue Sorten ausprobiert, alles läuft genau so ab wie nebenan beim tatsächlichen Brauvorgang, nur alles eine deutliche Nummer kleiner. Während in den großen Bottichen 85.000 Liter wabern und pro Tag zehn Sude produziert werden, testen Grolschs Chefbrauer ihre Kreativität und Geschmackssicherheit in 2.000-Liter-Kesseln.

In der nächsten Halle wartet die Abfüllstraße auf Nachschub. 60.000 Flaschen können hier pro Stunde randvoll gemacht werden. Alles läuft klinisch sauber ab, erst wird das Leergut gespült, dann kommt wieder frisches Bier rein und ab in den Kasten oder ins Sixpack. Die besten Kunden wohnen hier in der Region in der Provinz Overijssel, denn die Enscheder sind stolz auf ihr Grolsch. 60 Prozent des gesamten Ausstoßes aber wird exportiert. Die größten Abnehmer im Ausland sind Deutschland, England und die USA.

Neben den aktuell 19 eigenen Sorten – Pils, Weizen, Radler- und Bock, Starkbier und Alkoholfreies sowie IPA für absolute Kenner – vertreibt Grolsch auch Fremdmarken aus dem InBev-Konzern: das polnische Tyskie sowie Lech aus Tschechien. Außerdem werden eigene sogenannte „B-Biere“ für spezielle Regionen hergestellt: „De Klop“, ein leichtes Helles, sowie das „Amsterdam-Bier“ für Osteuropa und die Türkei.

Und die Deutschen: Sie machen am liebsten plop!

Täglich Brauereiführungen und am Wochenende Quiz

Wer nach Enschede kommt und Grolsch mag, sollte eine Brauereibesichtigung buchen. Diese finden täglich um 9.30, 13.30 und 17 Uhr statt (nach Voranmeldung mit einem deutschen Guide). Am Wochenende sind die Touren länger und finden als Quiz statt (nur auf Niederländisch). Obligatorisch nach jeder Besichtigung ist eine Bierverköstigung in einer der Kneipen in der Brauerei. Mehr Infos:www.grolsch.nl.