Essen/Moers. Ulrich Weber hat das Ende der Großraumdiscotheken ausgerufen. Der Trend sei vorbei, sagt der Betreiber des PM in Moers und kündigt den Umbau des Ladens an. Experten geben ihm Recht: Discos werden kleiner, weil Musikgeschmäcker unterschiedlicher werden. Zudem erobern Discos neue Zielgruppen.
Für Ulrich Weber ist die Sache klar: Die Ära der Großraumdiscotheken sei vorbei, verkündete der Betreiber der Moerser Großraumdiscothek PM vor wenigen Tagen - und kündigte damit den Umbau des Ladens an. Künftig sollen unter anderem eine Sportsbar und eventuell auch eine Indoor-Minigolfanlage Kundschaft anlocken.
Das PM, das dann "Rheinpreußen Schacht 4"-Entertainment, kurz RS4, heißen soll, liegt damit im Trend. Wer heute eine Disco eröffne, der setze auf kleinere Einheiten, sagt Klaus Niester, Chefredakteur des Branchenfachblatts "Discomagazin". Soll heißen: mehrere kleine Tanzflächen Lounges und Chill-Out-Areas statt einer großen Tanzfläche.
Viele Großraumdiscos sind längst dicht
"Damit reagiert die Branche auf Jugendliche, die viel stärker diviersifiziert sind als früher", erklärt Niester. Ein DJ, der auf der gleichen Tanzfläche Schlager, Electro und Rock auflegt - das funktioniere nicht mehr. Kleine Discos fokussierten sich deshalb meist auf eine Musikrichtung.
Ablesen lässt sich das auch an der Clublandschaft in der Region. Viele ehemalige Großraumdiscotheken haben ihre Pforten längst geschlossen. Das Tarm Center in Bochum beispielsweise, einst international beachtete Vorzeige-Discothek, schloss bereits 2003. Mehrere Versuche, in den Räumlichkeiten wieder eine Disco auf die Beine zu stellen, scheiterten kläglich. Auch die Oberhausener Turbinenhalle wird schon seit Jahren nicht mehr als Großraumdiscothek genutzt. Die Nachfrage sei zu gering gewesen", heißt es.
Zum Flirten ins Netz statt in die Disco?
PM-Betreiber Weber, der seit März auch dem Bundesverband Deutscher Discotheken und Tanzbetriebe vorsteht, hat noch ein Problem ausgemacht: Junge Leute würden nicht mehr in der Disco flirten, sondern via Internet, sagt er. Disco-Experte Niester sieht das differenzierter: "Facebook ist für Discotheken-Betreiber Fluch und Segen zugleich." Als Marketinginstrument sei das soziale Netzwerk nicht mehr zu ersetzen. Die extreme Vernetzung bedeute allerdings auch, dass Negativerlebnisse in einer Discothek weiter gestreut würden als früher.
Dass junge Menschen die Disco nicht mehr zum Kennenlernen nutzen, mag Niester nicht glauben: "Küssen geht online nicht." Auch aktuelle Studien kommen zu dem Schluss, dass das Internet als Partnerbörse - gerade für junge Leute - noch keine bedeutsame Rolle spielt.
Disco-Betreiber: Über-30-Jährige als neue Zielgruppe
Dennoch, das Geschäft für Disco-Betreiber ist härter geworden, das bestätigt auch Niester. Denn die Alternativen zum Disco-Besuch sind vielfältiger geworden: Das Kino erlebt eine Renaissance, Restaurants sind für junge Menschen attraktiver geworden, Kneipen und Clubs sowieso.
Angst, dass es Discotheken bald gar nicht mehr gibt, hat Niester aber nicht: "Diese Branche ist vielleicht die spannendste und innovativste überhaupt. Wer sich hier behaupten will, muss sich immer wieder neuerfinden", sagt er.
Beispiel dafür sei die Fokussierung auf eine ältere Zielgruppe, wie sie jetzt auch Weber mit seinem neuen Laden in Moers anstrebt: "Vor zwei Jahrzehnten war es noch völlig undenkbar, dass 40-Jährige in die Disco gehen, heute sind Ü30-Partys an der Tagesordnung."