Kerken-Winternam. . Brot backen, Wolle spinnen, Körbe flechten – Auf dem Hilshof bestimmen alte Handwerkskünste den Alltag
Die knorrigen Linden vor dem Haus, der eisern-grüne Zaun mit den immer noch weißen Zinnen, die wuchtige, von Wind und Wetter angestürmte hölzerne Eingangstüre – der Hilshof hat so manchen niederrheinischen Unbilden schon die Stirne geboten. „Der Hof war wohl ‘mal einer der schönsten und größten in der Gegend“, sagt die junge Frau mit dem henna-roten Haar. „Aber dann ist über Jahrzehnte nix mehr passiert.“
Schafe unter Obstbäumen
Bis eines Tages ein junge Familie auf den abgelaufenen steinernen Bodenfliesen stand: Eine Sauerländerin (Jahrgang ‘70), ein Düsseldorfer (Jahrgang ‘ 67) mit Oskar (10) und Gefion (9). „Uns kam sofort alles so vertraut vor“, sagt Mama Sacha. „Ich wusste sofort: Das ist es!“
Seit September 2005 leben die vier nun auf diesem uralten Vierkant-Hof. Wohnfläche: locker so um die 300 Quadratmeter, plus Ställen und Scheunen, plus 1,5 Hektar Land für Schafe, Hühner, Enten, Bienen, Kaninchen. „Wir leben nicht auf einem Schöner Wohnen Hof“, sagt die Landespflegerin – und lässt den Blick schweifen über die dicken Lehmwände, von denen hier und dort Putz bröckelt.
„Wir haben schon eine Menge renoviert und vor allem repariert. Neue Heizung, neue Stromleitungen. Jetzt sind die Bäder dran. Aber für uns ist wichtig: Wir leben in und mit der Natur, nachhaltig und ökologisch.“ Dazu gehören der Obstbongard im Garten und das Plastikverbot im Haus, Leben nach dem Jahreskreislauf der Natur, achtsamer Umgang mit der Natur und den Menschen.
„Wir haben doch alles, die Natur serviert uns alles – und doch gehen Menschen in den Supermarkt und ins Spielzeuggeschäft. Und wir verlieren den Anschluss ans natürliche Leben, vergessen Handwerkstechniken und Fertigkeiten, die für unsere Großeltern noch das Alltäglichste der Welt waren.“ Irgendwann sind die Sohn-Welters’ angefangen, nicht nur im Einklang mit der Natur zu leben – sondern dazu auch Kurse anzubieten: Korbflechten, Wolle spinnen, Kräutersalze herstellen, Seife sieden, kochen, Holz schnitzen, unter anderem.
„Dabei geht es nicht darum, perfekt zu sein“, sagt Sacha Sohn. „Ich möchte inspirieren, mit der Natur zu arbeiten, sich auf alte Traditionen rückzubesinnen. Er-Leben, be-greifen, hand-haben.“ Da passiert es in einem Backkurs schon mal, dass ein Gast zaghaft und vergebens eine Grammwaage sucht. Sacha Sohn schüttelt den Kopf. „Man muss auf sein Gefühl hören, ausprobieren, einfach tun.“ Die Kursteilnehmer sind dann platt, wenn Töchterchen Gefion im Handumdrehen ihren Brotteig schon im Ofen hat...
Ein Wochenende für Spinner und Co.
Mit dem Brotbacken hat auch alles angefangen. „Wir haben beim Renovieren zufällig eine alte Türe entdeckt und dahinter den ururalten Backofen. Mehr als 70 Jahre war der verschollen, keiner der Vorbewohner wusste davon.“ Natürlich haben die Sohn-Welters das Teil wieder in Schwung gebracht – und nicht nur zu den Kurszeiten glühen die alten Backsteine wieder.
Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass man auf dem Hilshof landleben darf. Die Kurse sind fix ausgebucht. Und wer mal so richtig Mitspinnen mag: Am letzten Juni-Wochenende kommen Wollkreative, Schafhalter und Handspinner zusammen, um sich auszutauschen. Und es gibt jede Menge zu gucken und zu lernen: Färben, Filzen, Nadeln und Spinnen, natürlich.