Am Niederrhein. Ein Gerichtsurteil erschwert die Jagd auf Nutria, Bisam und Co. Der Deichverband ist alarmiert, Naturschützer hingegen zeigen sich erfreut.

Die Biberschutzzone am unteren Niederrhein ist rechtmäßig. Dies bestätigte jüngst das Oberverwaltungsgericht in Münster. Geklagt gegen die Schutzzone, die 2004 eingerichtet und fünf Jahre später ausgeweitet wurde, hatte der Deichverband Xanten-Kleve. Der Verband kritisierte das Schutzvorhaben, da dadurch die Jagd auf Nutria und Bisamratte erschwert werde. Diese sei aber für den Hochwasser- und Gewässerschutz notwendig.

Das Urteil bekräftigt nun unter anderem, dass zum Schutze der Biber in dem linksrheinischen Gebiet zwischen Wesel-Büderich und der Landesgrenze bei der Jagd auf Nutrias (Biberratten) keine Totschlagfallen mehr eingesetzt werden dürfen. Erlaubt sind demnach ausschließlich Lebendfallen, bei denen versehentlich gefangene Tiere wieder freigelassen werden. Auch die Jagd auf Bisamratten ist zum Schutze der Biber verstärkt reglementiert.

... der Nutria.... Foto: Uwe Möller
... der Nutria.... Foto: Uwe Möller © WAZ

Beim Deichverband fürchtet man nun steigende Kosten, die zukünftig bei der Bekämpfung von Nutria und Bisamratte anfallen können. Denn: „Der Einsatz von Lebendfallen verursacht deutlich mehr Aufwand, da sie mehrmals täglich kon­trolliert werden müssen“, sagt Geschäftsführer Bernhard Schlüß. Bis zu 27 000 Euro gibt der Deichverband im Jahr für den Fang von Bisam und Nutria aus. Gezahlt werden dabei bislang Fangprämien von 5,62 Euro pro Tier. „Wir befürchten jetzt, dass die Fänger wegen des größeren Aufwands mit diesen Prämien nicht mehr kostendeckend arbeiten können.“

„Man fängt die Tiere nicht vor der Haustür“

Diese Einschätzung teilt Heinz Podschadel aus Hamminkeln. Der inzwischen 81-Jährige arbeitete über 40 Jahre als amtlicher Bisamjäger am Niederrhein. „Der Einsatz von Lebendfallen ist in der Praxis für diese Entlohnung nicht zu realisieren“. Neben dem höheren Zeitaufwand entstünden weitere Kosten, etwa für Benzin. „Schließlich fängt man die Tiere nicht vor der Haustür.“

Biber, Nutria und Bisamratte

Laut Zahlen der Kranenburger Nabu-Naturschützer leben in Nordrhein-Westfalen rund 300 Bi­ber. Deutschlandweit sind es etwa 20 000 Nager. Die meisten davon sind in Bayern heimisch.

Am Niederrhein können die Tiere unter anderem an der Bislicher Insel, dem Diersfordter Waldsee und der Rindernschen Kolke beobachtet werden. Da der Biber lange wegen seines dichten Fells und seines Fleisches gejagt wurde, war er zu Beginn des 20. Jahrhunderts beinahe ausgestorben.

Nutrias, mit denen Biber häufig verwechselt werden, sind hingegen eine aus Südamerika eingeführte Nagetierart. Bisamratten, ebenfalls eine nicht einheimische Art, stammen ursprünglich aus Nordamerika.

Die Populationsentwicklung von Bibern wird in NRW vom Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz (Lanuv) beobachtet. Erachtet das Lanuv ein Gebiet als schützenswert, meldet es dies an die Bezirksregierung, die dann entscheidet, ob es Schutzzone wird oder nicht. Eine Entlastung des Deichverbands für die ihm entstehenden Kosten bei der Nutria- und Bisambekämpfung werde es nicht geben, heißt es von der Bezirksregierung.

„Wenn wir es aber nicht schaffen, die Fangtätigkeit im bisherigen Umfang beizubehalten, und die Population von Nutria und Bisam ansteigt, wird das Auswirkungen auf den Hochwasser- und Gewässerschutz haben“, warnt Deichverbands-Chef Schlüß. Er fürchtet zudem, dass die Schutzzone künftig noch weiter ausgeweitet werden könnte. Da sich Nutrias schnell vermehren, könnten Schäden an Uferböschungen und Deichen bereits in drei bis fünf Jahren erkennbar sein.

Naturschützer werten das aktuelle Urteil des Oberverwaltungsgericht hingegen als „immensen Fortschritt“. Biber stellten ohnehin höchstens eine „theoretische Gefahr“ für Deiche und Gewässergebiete dar, Nutrias hingegen schon. „Lebendfallen sind aber ein guter Weg, um eine übermäßige Ausbreitung zu vermeiden. Die sind zwar teurer, aber wenn man eine artenreiche Landschaft möchte, von der letztlich die gesamte Region profitiert, muss man das in Kauf nehmen“, sagt Jonas Linke von der Nabu-Naturschutzstation in Kranenburg.