Amsterdam. .

Die Wohninseln in Amsterdam tragen Namen wie Borneo oder Java, die Straßen heißen Sumatra oder Surinam, es gibt einen Barcelona-Platz und eine Bar namens Panama.

Und doch ist man weder in Mittelamerika noch in Indonesien, sondern mitten in: Amsterdam. Im Oostelijk Havengebied (dem östlichen Hafengebiet, jenseits des Hauptbahnhofs) sind die Wohngebiete nach jenen Orten benannt, von denen früher die Handelsschiffe mit Gewürzen oder Kaffee kamen oder zu denen Auswanderer aufbrachen, um auf anderen Kontinenten ihr Glück zu suchen.

Kreativquartier und
junge Szene

Lange vorbei diese Zeiten. Inzwischen ist das Oostelijk Havengebied ein beliebtes und belebtes Wohnviertel nicht weit vom Zentrum, mit hochinteressanter und teils ungewöhnlicher Architektur. Alte Lagerhäuser wurde dabei zu Wohnraum umgewandelt, neue Gebäudekomplexe entstanden, in denen Sozialwohnungen genauso wie Eigentumswohnungen untergebracht sind.

Neu belebt wurde das ehemalige Hafengebiet in den achtziger Jahren, als die Docks verfallen und die künstlichen Inseln und Halbinseln Brachfläche waren, nur bewohnt von einigen Künstlern und Hausbesetzern.

Nach einem städtebaulichen Konzept, bei dem auch junge und damals noch unbekannte Architekten zum Zuge kamen, entstand ein neues Stadtviertel nebst Kreativquartier, in dem heute angesagte Clubs, das hippe „Lloyd“-Designhotel oder Jamie Olivers „Fifteen“-Restaurant ein junges und jung gebliebenes Publikum anziehen.

Geschichtlich-geographische Amsterdamer Besonderheiten sind aber auch hier nicht vergessen: als kleine Hommage gibt es auf Java-Eiland einen Grachtengürtel der Gegenwart - mit Brücken, die von Künstlern gestaltet wurden und modernen Häusern entlang der neuen Kanäle.

Das historische Vorbild liegt nur eine kurze Bootsfahrt entfernt und ist eine der touristischen Hauptattraktionen Amsterdams. Drei der viereinhalb Millionen Touristen, die jedes Jahr in die niederländische Hauptstadt strömen, unternehmen eine Bootstour durch die Grachten, bestaunen das verflochtene Kanalsystem, bewundern die prächtigen Häuser, genießen die Fahrt über die Wassersträßchen. Im August 2010 wurde der Grachtengürtel zum Unesco-Welterbe geadelt.

Seit einem Jahr
Weltkulturerbe

Da passt es, dass seit wenigen Monaten Amsterdam-Besucher die Möglichkeit haben, in einem herrlichen, wunderbar erhaltenen und geschichtsträchtigen Haus eines wohlhabenden Kaufmanns aus dem 17. Jahrhundert an der Herengracht die Entstehung und Geschichte des Grachtengürtels nachzuvollziehen, mit dessen „Bau“ die Stadt erheblich erweitert, der stetig wachsenden Bevölkerung neuer Wohnraum geschaffen und der Stadt neue Transportwege erschlossen wurden.

In fünf Räumen geben die Macher des kleinen, exquisiten Privatmuseums per multimedialer Technik auf äußerst unterhaltsame Weise Einblicke in den Lebens- und Arbeitsalltag der Menschen entlang der Kanäle vom Goldenen Zeitalter bis heute. Der vielversprechend gestartete Besucherstrom des neuen Museums dürfte sich gewiss noch weiter steigern: 2013 feiert der Grachtengürtel seinen 400. Geburtstag.