Kerken. .
Guido Winkmann ist 37 Jahre alt, Kriminalbeamter, Kerkener und Schiedsrichter - in der höchsten Spielklasse. Seit drei Jahren pfeifft er in der 1. Fußballbundesliga. Für ihn ist es eine Berufung, wie er sagt.
Ein Gespräch mit Guido Winkmann landet schnell beim Fußball. Nur geht es meistens nicht um Tore oder Trainer, sondern um taktische Fouls, indirekte Freistöße und Fehlentscheidungen. Denn 37-jährige Kerkener ist Schiedsrichter - und in der höchsten Spielklasse einer der Spitzenkräfte der pfeifenden Zunft.
Vor knapp drei Jahren feierte der für den Fußballverband Niederrhein (FVN) aktive Referee sein Debüt in der Bundesliga. „Beim Spiel Energie Cottbus gegen die TSG Hoffenheim im Stadion der Freundschaft.“ Dauerregen, 18 000 Zuschauer, schwierige Bedingungen. Hoffenheim gewann 3:0. „Alles ging reibungslos über die Bühne.“
Wobei Letzteres das Entscheidende ist – für den Schiedsrichter Winkmann: „Fußball ist für viele Menschen ein ganz wichtiger Lebensinhalt. Wenn’s für die eigene Mannschaft nicht so läuft, lassen viele Fans oder Spieler die Emotionen am Schiedsrichter aus. Aber damit müssen wir leben. Unsere Aufgabe ist es, in einem höchst emotionalen Umfeld rational zu agieren“, schildert der Kriminalbeamte, der es schafft, seinen Polizeidienst mit dem aufwändigen „Dienst an der Pfeife“ zu verbinden.
Mit 15 zum
Lehrgang
Denn Schiedsrichter zu sein, ist eine Berufung: „Man spürt vor jedem Spiel eine gesunde Anspannung. Das Adrenalin ist vorhanden, wie bei jedem Spieler ist da die Vorfreude auf den Anstoß. Man freut sich, das Ding endlich anzupfeifen…“
In der aktuellen Saison hat er dies zum Beispiel in den Bundesliga-Arenen in Hannover, Frankfurt und Hamburg getan – vor 37 000, 42 000 oder 57 000 Zuschauern. Auch schon in München und Schalke vor über 60 000 Fans.
Dabei ist Guido Winkmann ein bodenständiger Typ: Seit rund 30 Jahren gehört er seinem Heimatverein SV Nütterden aus dem Klever Fußballkreis an. Der Sportplatz „Am Haferkamp“ war seine erste „Arena“. „Da habe ich selbst gekickt. Bis ich 17 Jahre alt war, auf allen Positionen, vom Torwart bis zum Außenstürmer“, erzählt er.
Aber wie alle Unparteiischen, die eine Karriere an der Pfeife anstreben, musste sich Winkmann nach der Jugend entscheiden: Spielen oder pfeifen? „Ich habe einfach eine größere Affinität zur Schiedsrichterei“, weiß der 37-Jährige, damals auf die richtigen Karten gesetzt zu haben.
„Mit 15 habe ich den Schiedsrichter-Lehrgang gemacht und war sofort begeistert. Dann musste ich noch einige Monate warten, bis ich mein erstes Jugendspiel leiten durfte“, erinnert sich der Kerkener auch an seine ersten Förderer am Niederrhein: „Da war der leider viel zu früh verstorbene Kreis-Schiedsrichter-Obmann Albert Feitsma. Daneben hat mich der ehemalige Klever DFB-Schiedsrichter Ralph van Hoof tatkräftig unterstützt.“
Inzwischen zählt Guido Winkmann zu den Top-Referees in Deutschland. Rund 100 Erst- und Zweitligaspiele stehen in seiner Bilanz. Dabei absolviert der Familienvater ein enormes Pensum, um bei seinen Einsätzen auch die nötige Fitness aufzuweisen: „Neben einer bewussten Ernährung und professionellen Regenerationsmaßnahmen gehört ein umfassendes Trainingsprogramm mit Lauf-, Kraft- und Stabilisationstraining dazu“, sagt Winkmann, der in der Saisonvorbereitung so manche Runde im Kerkener Bruch, quasi vor der Haustüre, dreht. Und wenn die Schiri-Kluft mal im Schrank bleiben kann? „Dann entspanne im Thermalbad, drüben in Arcen.“
DFB-Pokalfinale
wäre ein Traum
Ganz entspannt sieht der Schiri auch die ausufernde Technik bei TV-Übertragungen von der Zeitlupe über die Super-Zeitlupe bis zur 3d-Animation. „Schließlich werden bei diesen Detailanalysen mindestens genau so häufig unsere richtigen Pfiffe gewürdigt wie Fehlentscheidungen entlarvt.“
Gibt es noch ein sportliches Ziel? „Da die Aufnahme in die Liste der FIFA-Schiedsrichter nur bis zum Alter von 38 Jahren möglich ist, kommt dies für mich nicht mehr in Frage“, denkt Guido Winkmann kurz nach. „Aber einmal das DFB-Pokalfinale in Berlin zu leiten, das wär‘ schon was…“